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Weshalb kluges Marketing den Kunden zum Helden macht

Warum sind manche Marken so erfolgreich? Sie positionieren sich selbst als Guide für die Erfolgsgeschichten ihrer Kundinnen und Kunden.
Gerdt Fehrle | 30.06.2021
story-brand © unsplash.com
 

Menschen wollen leben und vorankommen. Unternehmen wollen verkaufen. Was beide zusammenbringt, ist die Story Brand. Was dahinter steckt? Kluges Marketing, das den Kunden in der Heldenrolle sieht, nicht die eigene Marke.

 

Machen wir uns noch einmal bewusst, was die Zutaten einer jeden guten Geschichte sind – egal, ob es sich um einen Bestseller-Roman, um ein Blockbuster-Movie oder eine Firmengeschichte von der Kragenweite Apple oder Tesla handelt. Es sind: Der Held. Ein Problem. Ein Guide. Ein Plan. Ein ‚Call to Action‘. Das Happy- bzw. Bad-End. Im Marketing gibt es selbstverständlich nur Happy-Ends.

Und ja – Sie haben richtig gelesen: nicht die ‚Brand‘ ist der Held der Geschichte. Es ist der Kunde. Oder die Kundin. Nie die Marke. Warum ist das so?

 

Ein Held (und Kunde) erwacht – in der Regel morgens um 7

Als Kulturmenschen identifizieren wir uns von klein auf mit den Helden der Geschichten. Es sind Frodo, Batman oder Luke Skywalker, mit denen wir zittern. Und eben nicht Gandalf oder Obi-Wan. Warum das so ist?

Weil das Leben unserer Helden und zukünftigen Kunden morgens um sieben keineswegs in Ordnung ist. Sondern sich genauso darstellt, wie das von Frodo, Batman oder Luke Skywalker: als Überlebenskampf voller Hindernisse, die den Weg zum Erfolg verstellen. Der Kampf mag im Detail weniger dramatisch wirken. Die Hindernisse gestalten sich in der Regel auch weniger lebensbedrohlich – aber durchaus nicht immer. Das Prinzip dahinter jedenfalls bleibt dasselbe.

 

Ein Unternehmen schläft – und verschläft seine Zukunft

Was will also unsere Heldin, unser Held (unsere zukünftigen Kunden)? Sie wollen überleben und vorankommen. Und zwar mit Hilfe von Gandalf oder Obi-Wan, oder anders gesagt: durch ein Unternehmen, dass ihnen Lösungen anbietet. Lösungen, die helfen, ihre gefahrvollen Wege durch den alltäglichen Überlebenskampf in Freizeit und Beruf, über all die Hindernisse beim Daten, Kindererziehen, Karrieremachen hinweg zu meistern.

Und wie reagiert das Unternehmen? Oft nicht mit dem falschen Produkt. Auch nicht mit einem Marketing-Budget, das zu kurz bemessen ist. Sondern damit, sich selbst an die Stelle des Helden zu setzen, anstatt – etwas demütiger, aber sinnvoller – sich als Gandalf, als Guide, als Problemlöser zu präsentieren.

 

Marketing-Fehler Nummer 1 – das Unternehmen oder die Marke als Held

Was geschieht mit Kunden, wenn sie auf ein Unternehmen oder auf eine Marke treffen, die sich selbst als ‚Held‘ inszeniert? Ganz einfach: Sie ziehen weiter. Denn was (potenzielle) Kunden benötigen, ist nicht die Konkurrenz weiterer Helden. Sie benötigen vielmehr die Hilfe eines wohlwollenden Guides, der das Überleben oder Fortkommen sichert. Am besten beides.

Anders ausgedrückt: Die Story gehört immer den Heldinnen und Helden. Nie den Unternehmen oder Marken. Unternehmen, die ihre Kundinnen und Kunden als Helden positionieren, und sich selbst in die Rolle der Guides setzen, machen das Rennen. Alle anderen Unternehmen werden sterben. Vielleicht langsam. Aber bestimmt.

 

Marketing-Fehler Nummer 2 – mach‘s nicht nur ego-zentriert, sondern auch noch kompliziert

Klarheit siegt immer. Clint Eastwood wird in ‚Zwei glorreiche Halunken‘ schon im Trailer als ‚The Good‘ vorgestellt, seine Gegenspieler Eli Wallach und Lee van Cleef als ‚The Bad‘ und ‚The Ugly‘. Klare Rollen. Klare Erwartungen. Kein unnötiger Kalorienverbrauch im Gehirn. Kinogänger lieben das. Kunden auch.

‚Think different‘ von Apple oder ‚Freude am Fahren‘ von BMW sind Paradebeispiele, die jeder kennt – nicht ohne Grund. Diese Brands haben sich durch ihre simplen Botschaften geradezu eingebrannt in unser KonsumentInnen-Gedächtnis als Synonyme für Überleben und ‚kaloriensparendes‘ Weiterkommen.

 

Story-Marke – Marken-Story – und der Held ist …

… erraten: die Kunden, die sich jeden Morgen zwischen 7 und 9 Uhr auf den Weg ins Berufsleben machen. Sie erwarten von Unternehmen und Marken, dass sie ihnen als Guides beistehen. Dass sie ihnen einen Plan bieten, den sie rasch beurteilen können: Nützt er mir zu überleben und weiterzukommen, oder nicht? Marken, die diese Fragen sofort beantworten können, werden zwangsläufig erfolgreich sein und wachsen. Für alle anderen gilt: Stirb langsam …

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Über Gerdt Fehrle

Gründer und GF Prospero, Germanist und Philosoph (MA), Texter, Konzeptioner und Visionär. Vorstand der Lup-Stiftung. Verleger und Business-Coach.