Marketing-Börse PLUS - Fachbeiträge zu Marketing und Digitalisierung
print logo

EU-Kommission plant neue Produkt-Umweltvorgaben

Ökodesign-Richtlinie regelt umweltfreundliche Gestaltung von Produkten. Digitale Technologien können unterstützen.
Gabriele Braun | 14.04.2022
© freepik
 

Der Klimawandel ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Gemeinsam gilt es diesem entgegenzuwirken. Dazu beitragen soll der Ende März von der EU-Kommission veröffentlichte Entwurf für eine „Sustainable Products Initiative“ (SPI). Auch ein Vorschlag für eine EU-Strategie für nachhaltige Textilien wurde veröffentlicht. Die bislang geltende Ökodesign-Richtlinie soll von einer neuen Verordnung abgelöst werden. Die alte Ökodesign-Richtlinie macht nur für eine kleine Anzahl an Produkten Vorgaben zur Reparierbarkeit und Langlebigkeit, zum Beispiel für Waschmaschinen, Kühlschränke, TV-Geräte, Beleuchtung und Motoren. Künftig sollen auch Textilien, Möbel, Stahl, Zement und Chemikalien vom Ökodesign umfasst werden.

Mit der Sustainable Products Initiative (SPI) will die EU-Kommission Energieeffizienz- und Ressourcenschutzanforderungen an eine Vielzahl von Produktgruppen regeln. Anders als die bisher geltende Ökodesign-Richtlinie soll die neue Verordnung nicht nur für energieverbrauchsrelevante Produkte gelten. Die Verordnung soll künftig den rechtlichen Rahmen vorgeben, mit dem Anforderungen für Umwelt- und Ressourcenschutz an Produkte gestellt werden können. Die neue Ökodesign-Verordnung stellt selber keine direkten Anforderungen an Produkte. Sie gibt aber vor, welche Anforderungen in zukünftigen Produktverordnungen gestellt werden sollen und können.

Gesamter Produktlebenszyklus der Produkte im Blick

Neu ist, dass der gesamte Lebenszyklus der Produkte Beachtung bei neuen Umweltschutzanforderungen finden soll. Die Vorgaben aus der Verordnung sollen zukünftig zu längerer Haltbarkeit, Austauschbarkeit von Einzelteilen und zu mehr Reparierbarkeit führen. Außerdem wird der Einsatz von Rezyklaten und damit das Recycling insgesamt gestärkt. So konkret waren die Vorgaben der Ökodesign-Richtlinie bislang nicht.

Der Anwendungsbereich umfasst neben den energiebetriebenen Produkten auch Produkte, die den Energieverbrauch anderer Systeme beeinflussen können: Zum Beispiel wassersparende Wasserhähne und Duschköpfe, die den Wasserverbrauch vermindern, aber auch den Energieverbrauch senken.

Wichtiger Schritt zu einem nachhaltigen Europa

Für Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder geht die EU-Kommission „mit der Überarbeitung der Ökodesign-Regulierung einen wichtigen Schritt hin zu einem nachhaltigen und klimaneutralen Europa. Ob Smartphones, Tablets oder smarte Waschmaschinen: Auch die Nutzerinnen und Nutzer digitaler und elektronischer Geräte werden künftig davon profitieren, dass Aspekte der Kreislaufwirtschaft wie die Robustheit und Recycelbarkeit von Geräten noch stärker als bislang ins Zentrum rücken.“ Der Verband begrüßt vor allem, „dass die Ökodesign-Richtlinie in eine Verordnung umgewandelt und damit eine einheitliche Anwendung der Vorgaben sichergestellt wird. Dies schafft Rechtssicherheit und stärkt den europäischen Binnenmarkt.“ Auch stellt der produktgruppenspezifische Ansatz sicher, dass sich „Produkt- und Umweltauflagen an der Ausgestaltung der einzelnen Produktgruppen orientieren und eine Anpassung an technologische Entwicklungen möglich bleibt.“ Wichtig für die Bitkom ist bei der Ausgestaltung der Vorgaben der Einbezug der Hersteller, um praxistaugliche Lösungen zu finden.

Digitalisierungsstrategie Kreislaufwirtschaft

Um eine vollständige Kreislaufwirtschaft sicherzustellen, können digitale Technologien sehr viel dazu beitragen. Zum Beispiel bei der Dauer der Nutzung von Materialien und Produkten. Oder beim Recycling von Abfällen. Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Produkt bietet der digitale Produktpass: vom Rohstoff bis hin zum Recycling. Sie können Informationsdefizite bei Verbrauchern und Unternehmen reduzieren und so einen großen Beitrag für eine optimierte Kreislaufwirtschaft leisten. Die Bitkom plädiert dafür, „zunächst die schon jetzt bestehenden Reportingpflichten in den digitalen Produktpass zu integrieren und zusammenzuführen, und erst in einem zweiten Schritt neue Auflagen zu schaffen.“

Verschiedene Wege zur Erreichung der Klimaziele in Unternehmen

Das Thema Umweltschutz ist bei den Unternehmen angekommen. Schon seit Jahren setzen sich zum Beispiel BASF und Henkel für Klimaziele ein. Bei BASF gehört die Verantwortung der Nachhaltigkeit zur Konzernstrategie, die direkt dem Vorstand unterstellt ist. Um das Thema voranzutreiben. wurde der Bereich „Net Zero Accelerator“ gegründet, der direkt an den Vorstandsvorsitzenden berichtet. „Die Verminderung der Klimagasemissionen als Teil der langfristigen Anreize für die Vergütung des Vorstands berücksichtigt, neben den Zielen Wachstum und Profitabilität,“ berichtet Gerybadz et all in der FAZ am 4. April 2022.

Henkel hat einen anderen Weg gewählt. Hier liegt die Planung und Steuerung des Nachhaltigkeitsmanagement beim „Sustainability Council“, das vertikal, horizontal und funktionsübergreifend im Unternehmen vernetzt ist. Alle Geschäftseinheiten werden hier repräsentiert. „In der Vergütung aller Vorstandmitglieder geht ihr individueller Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ein“, heißt es in der FAZ weiter.

Ein weitere Schritt: Green Audit

Auch der Kapitalmarkt, Investoren und die Regulatorik erwarten immer stärker, dass Unternehmen erläutern, wie sich ihre Geschäftsaktivitäten auf Umwelt und Klima auswirken. Ab der Berichtsperiode 2023 müssen etwa mehrere Tausend Unternehmen ihre nichtfinanziellen Informationen offenlegen. Die Abschlussprüfung anhand gesicherter Kennzahlen ist Aufgabe von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – auch sie unterliegen wachsenden ökologischen Anforderungen. 

PwC wollte wissen, welchen Stellenwert Nachhaltigkeit für Unternehmen hat und wie sie auf den Themenkomplex „Green Audit“ blicken. Dazu wurden 100 Verantwortliche des Finanz- und Rechnungswesens aus großen und mittelständischen Unternehmen in ganz Deutschland befragt.

Die Studie „Green Audit+ 2022“ zeigt, dass Umwelt- und Klimaschutz in Unternehmen weiter an Bedeutung gewinnen:

  • Mehr als ein Drittel der Unternehmen hat bereits ein Nachhaltigkeits-Reporting
  • Ökologische Nachhaltigkeit ist zwei von drei Befragten persönlich wichtig
  • Nachhaltigkeit ist überwiegend Chefsache
  • Umweltkriterien sind mitentscheidend bei der Auswahl von Geschäftspartnern
  • Künftige Relevanz nachhaltiger Abschlussprüfungen
  • Klare Mehrheit befürwortet einen Green-Audit-Vermerk

 

In der Zukunft wird es für Unternehmen wichtig sein, ihr Engagement in Umwelt und Nachhaltigkeit der Öffentlichkeit und ihren Kunden zu kommunizieren. Hier können sich Unternehmen bei ihrer Nachhaltigkeitsberichtserstattung an den Standards wie zum Beispiel der Global Reporting Initiative (GRI) orientieren.

 

Quellen

Bitkom zu den Pländen der EU-Kommision für Produkt-Umweltvorgaben am 30.03.2022
https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Plaene-der-EU-Kommission-fuer-Produkt-Umweltvorgaben

BMUV: Lückenloser Lebenslauf
https://www.bmuv.de/digitalagenda/auf-einen-klick

BMWI: Bundesregierung unterstützt Initiative der EU-Kommission für nachhaltige Produkte
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/03/20220330-bundesregierung-unterstutzt-initiative-der-eu-kommission-fur-nachhaltige-produkte.html

Gerybadz et all: Chemie stemmt Klima-Kraftakt. - FAZ am 04.04.2022
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-nachhaltigkeit/basf-und-henkel-wollen-klimaneutral-werden-17931584.html

PwC: Green Audit+ 2022
https://www.pwc.de/de/im-fokus/digitale-abschlusspruefung/green-audit-2022.html

Umweltbundesamt: Ökodesign-Richtlinie. - 01.03.2022 https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/oekodesign/oekodesign-richtlinie#umweltfreundliche-gestaltung-von-produkten

Img of Gabriele Braun
Über Gabriele Braun

Gabriele Braun ist Geschäftsführerin des Dienstleisterverzeichnisses marketing-BÖRSE GmbH.