Marketing mit Olympia
Jubeln verboten? Der Hashtag-Streit zwischen dem IOC, in Deutschland vertreten durch den DOSB, und dem Rest der Welt beschäftigt die Medien. Die Olympia-Rechteinhaber wollen verhindern, dass Firmen, die keine offiziellen Sponsoren der aktuell laufenden Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sind, als Trittbrettfahrer das Sportevent für das eigene Marketing nutzen. Das ist verständlich. Werden die Olympischen Spiele doch etwa zur Hälfte durch Sponsoring großer Markenartikler wie Coca-Cola, McDonald’s und Toyota finanziert. Sponsoren des deutschen Olympia-Teams sind u.a. Adidas und Audi. Die Sponsoren sollen in ihrer Exklusivität geschützt werden. Dass dieser Schutz bisweilen Stilblüten wie das Verbot bestimmter Hashtags auf Twitter und in anderen Sozialen Medien treibt, mutet manchem kurios, anderen gar als Angriff auf die Meinungsfreiheit im Netz an. Einige Juristen wie der Stuttgarter Medienanwalt Carsten Ulbricht halten das Verbot für Nicht-Sponsoren, den Hashtag #Rio2016 zu verwenden oder Erfolgsmeldungen der deutschen Olympioniken zu retweeten, für rechtlich keinesfalls haltbar. Blogger und selbst Magazine wie wired.de rufen dazu auf, sich dem Verbot zu widersetzen. Und der DOSB beeilte sich inzwischen zu betonen, dass #Rio2016 sehr wohl verwendet werden dürfe, nur eben nicht zur kommerziellen Nutzung durch Nicht-Sponsoren. Aber was heißt das? Nicht alles fällt unter Markenschutz Medienanwalt Thomas Schwenke aus Berlin betont, dass die Verwendung geschützter Hashtags untersagt sein kann, wenn sie werblich für das eigene Unternehmen und Angebot eingesetzt wird, z.B. für ein Gewinnspiel, „Brasilianische Wochen“ oder das Sponsoring für einzelne Sportler und Teams in direktem Bezug zu ihrem Olympiawettkampf [1]. Erlaubt sind dagegen auch seiner Einschätzung nach Berichte und Meinungen ohne werblichen Schwerpunkt. Ähnlich #Rio2016 verhält es sich auch mit allen anderen markenrechtlich oder durch das Olympiaschutzgesetzt von 2004 geschützten Begriffe, Embleme und Abbildungen wie z.B. die Olympischen Ringe. Eine werbliche Verwendung in Anzeigen oder anderen kommerziellen Kommunikationsmaßnahmen kann vom DOSB rechtlich geahndet werden. Kritischer sieht es mit Begriffen und symbolischen Elementen wie z.B. Medaillen oder gar dem Wort „Sommer“ aus, die das DOSB in seinem Leitfaden zu den Spielen in Rio aufgeführt hat [2]. Dass solche allgemeinen Begriffe nur schwer zu schützen sind, sehen allerdings sogar die Verfasser ein und stellen klar, dass sie nur eine Rechteverletzung darstellen, wenn sie in direkten Zusammenhang zu den Olympischen Spielen gesetzt werden oder den Eindruck erwecken, der Werbetreibende sei Olympia-Sponsor. Selbst die Begriffe „Olympia“ und „olympisch“ können unter Umständen werblich verwendet werden, wenn sie keinen Zusammenhang zu den Spielen und Organisationen selbst herstellen, wie der Bundesgerichtshof 2014 entschied. Danach sind „olympische Preise“ und ein „Olympia-Rabatt“ unter bestimmten Umständen zulässig [3]. Wer jedoch auf der sicheren Seite agieren will, sollte es besser nicht darauf ankommen lassen, es sei denn, die Maßnahme kommt bewusst satirisch daher, wie eine Anzeige der Autovermietung Sixt mit dem Hashtag #cabRIO2016. Die großen Ideen der Großen Leichtes Spiel hat die Lebensmittelhandelskette Edeka, ist sie doch offizieller Ernährungspartner der deutschen Olympioniken. Trotzdem ist beachtenswert, wie originell und erfolgreich Edeka im Vorfeld und während der Olympischen Spiele sein Facebook-Profil mit einem Wettkampf sozusagen in Supermarktdisziplinen als Video und angeschlossenem Gewinnspiel mit über einer halben Million Teilnehmern nutzt. Für alle Unternehmen, die sich keine Partnerschaft mit Olympia erkaufen wollen oder können, bleibt das Spiel mit den Anspielungen. Der Sportartikelhersteller Nike hat vor vier Jahren als Nicht-Sponsor eine Kampagne mit namensgleichen Gemeinden des Austragungsortes London sowie mit nichtolympischen Sportarten inszeniert. Ein übergewichtiger Jogger avancierte dabei gar zum Youtube-Star. Ambush-Marketing ohne Riesenbudget Doch auch Werbetreibende mit geringerem Budget können Olympia und andere Sportveranstaltungen, etwa große Fußballturniere, per Ambush-Marketing für sich nutzen. Das englische Wort Ambush bedeutet zwar Hinterhalt. Aber verwerflich oder gar illegal ist die Methode keineswegs, solange die Maßnahmen keinen direkt sichtbaren Bezug auf das jeweilige Ereignis nehmen. Mailings, Posts, Tweets und Anzeigen können mit Begriffen wie Weltmeister, Sieger, schnellster und mit Bildern von Tartanbahnen, Spielfeldern und Goldmedaillen angefüllt sein. Oder originelle Wortschöpfungen, die sich ausreichend deutlich vom markenrechtlich geschützten Namen unterscheiden, sorgen für Gesprächsstoff und ein positives Image wie die „Sparlympiade“ von Media-Markt. Zur Fußball-WM und -EM sind Tippspiele bei Unternehmen und Kunden gleichermaßen beliebt. Daneben lassen sich auch in Bezug auf Olympia Gewinnspiele effektiv einsetzen, um so vom Hype um das größte Sportevent des Jahres zu profitieren, ohne auch nur ein einziges Mal Olympia, Rio, Sommerspiele etc. zu erwähnen. Bereits im April haben wir die Möglichkeiten der Gamification, damals in Bezug auf die Fußball-EM in Frankreich, beschrieben. Fazit: Effiziente Kommunikation mit kalkulierbarem Risiko Unser Tipp: Lieber etwas vorsichtiger sein und im Zweifelsfall juristischen Rat einholen als eine Klage vom DOSB zu riskieren! Doch wer sich, wie in anderen markenrechtlichen Konfliktfeldern auch, daran hält, dass keine Verwechslungsgefahr und nicht der falsche Eindruck einer Verbindung zum Event bzw. der dahinterstehenden Organisation entsteht, kann sich die Öffentlichkeitswirkung des Großevents geschickt für die eigene Kommunikation zunutze machen. Social Media bietet dafür die besten Möglichkeiten. Die originellsten Ideen werden es in der Gunst der Kunden medaillenbehängt ganz oben aufs Treppchen schaffen. [1] http://rechtsanwalt-schwenke.de/hashtagverbot-fuer-rio2016-gold-oder-sommer-rechtliche-hinweise-zur-werbung-mit-olympia/ [2] http://www.dosb.de/fileadmin/Bilder_allgemein/Veranstaltungen/Rio_2016/Regel40_OlympischeCharta_Rio2016.pdf [3] http://www.lawblog.de/index.php/archives/2014/11/10/werbung-mit-olympia-ist-nicht-tabu/ Bildquelle: shutterstock / bikeriderlondon Autor: Stephan Bordt