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Erfolgreich bloggen in der Zukunft

Qualitative Inhalte zu bloggen reicht heute nicht mehr, diese müssen auch an die Leser gebracht werden. Unternehmens-Websites haben dafür ausgedient.
Klaus Eck | 31.07.2017
Bloggen im Unternehmen: das ist kein Selbstzweck. Blogger sind nichts Besonderes (mehr), weil dieses inzwischen viel Menschen im beruflichen Alltag oder privat tun. Dennoch sollten zwar Ihr Corporate Blog lieben und mit einer gewissen Leidenschaft pflegen, gleichzeitig aber auch bereit dazu sein, es sofort stillzulegen. Wer Content publiziert, will damit eine gewisse Reichweite und andere KPIs erreichen. Werden diese nicht erfüllt, sollte man daraus Konsequenzen ziehen. Ohne Leser ist ein Blog unnötig. Wenn die Leser ausbleiben, kann das an unterschiedlichen Faktoren liegen. Hat noch niemand Ihren grandiosen Content entdeckt? Sind Sie überhaupt schon im Content Marketing aktiv? Verstecken Sie gar Ihre Artikel vor der Öffentlichkeit? Grandiose Inhalte bedeuten nicht zwangsläufig viele Pageviews und Reaktionen, selbst wenn Sie diese regelmäßig wöchentlich veröffentlichen.

Hervorragende Inhalte sind also nicht entscheidend für den Erfolg eines Corporate Blogs – sie sind längst eine Mindestvoraussetzung. Ohne inhaltliche Relevanz keine Leser, so einfach ist das. Doch noch wichtiger sind fast die digitalen Wegweiser als Zugänge, die es zum Online-Angebot gibt. Wer sich nur um Content Creation, nicht aber um Content Marketing und Distribution kümmert, wird feststellen, dass der Auftritt schnell ohne Besucher dasteht.
Sollte man stattdessen nur auf anderen Plattformen wie Medium, Facebook und LinkedIn quasi „fremdbloggen“ und das eigene Blog einmotten? Oder ist es besser, alles daran zu setzen, die Blogleser auf die eigene Online-Präsenz zu bringen?

Dem Content Shock trotzen

Wir alle bekommen viel zu viele Informationen in unseren Newsfeeds, Timelines und E-Mail-Postfächern. Es ist nicht zu leugnen, dass wir uns permanent im Zustand des sogenannten Content Shocks befinden. Die wenigsten Leser bleiben von der Fülle an Informationen verschont und wohl alle werden von der Fülle an Informationen überwältigt. Die Folge: Wir (oder Algorithmen) filtern die Inhalte, beliebiger Content dringt nicht mehr zu uns durch. Und wir versuchen, uns beispielsweise durch Ad-Blocker zu schützen.

Weniger ist deshalb manchmal auch mehr, denn was letztendlich zählt, ist die Content-Qualität. Sie hat die Kraft, uns zu dem eigentlichen Inhalt zu führen, jedoch nur mit dem passenden Zugang, der außerhalb des Corporate Blogs liegt.

Ein Corporate Blog vermarkten

Die wenigsten Leser abonnieren ihre Blogs über RSS-Feed, App oder Newsletter. Bequemer ist es, die Informationen über die Social Feeds zu erhalten, sich von seiner Timeline berieseln zu lassen oder darauf zu vertrauen, dass relevante Themen ohnehin kuratiert und geteilt werden, sodass wir ihnen gar nicht aus dem Weg gehen können.

Es gibt also zahlreiche Anknüpfungspunkte, um ein Blog zu vermarkten. Doch auch darüber werden längst nicht mehr automatisch die entsprechenden Stakeholder erreicht. Überlegen Sie sich also lieber, wo und wie Sie Ihre Zielgruppen direkt ansprechen können, statt sich ins stille Kämmerlein aka Blog zurückzuziehen. Sind Ihre Leserzahlen gar zu niedrig, haben Sie immer noch die Alternative, Ihr eigenes Blog zu schließen und Ihre Botschaften stattdessen über andere Plattformen verteilen, die näher an Ihren Kunden sind.

Welche Alternativen bieten sich an?

Facebook Instant Articles, LinkedIn Pulse, Snapchat und Twitter Moments – bei vielen Angeboten wird der Content nicht mehr verlinkt, sondern direkt auf der Plattform präsentiert. Der Newsfeed kann dadurch unmittelbar konsumiert werden.

Das „Publizieren ohne Website“ ist trotzdem keine gute Idee. Was das angeht, pflichte ich Prof. Thomas Pleil grundsätzlich bei. Allerdings hat die Website als eigener Content Hub in den letzten Jahren auch ganz schön an Bedeutung eingebüßt. Menschen gehen heute nicht mehr dorthin, wo die News sind, wie Johnny Haeusler ganz richtig in der Wired anmerkt.

„Für die Anbieter von Inhalten ist der virtuelle Ort, an dem sich Menschen treffen, um sich miteinander auszutauschen, der einzige noch relevante Ort. Und wenn Facebook, Snapchat und Co. die neuen großen Nachrichtenkanäle sind, könnte es sogar passieren, dass sie genauso wie die alten agieren und in naher Zukunft professionelle Content-Lieferanten bezahlen werden, um die eigene Attraktivität zu steigern und hohe Werbeumsätze zu generieren.“ (Johnny Haeusler)

Die Website wird unwichtiger

Die eigene Website oder das Corporate Blog als digitales Rom haben längst ausgedient, die Wege gehen anderswo lang. Niemand geht mehr den (gefühlt) langen Weg (eines Klicks bzw. einer URL-eingabe), um unsere Online-Angebote aufzurufen. Das bedeutet, der Content muss selbst fliegen, um zum Kunden zu gelangen.

Da ist es naheliegend, auf Plattformen zu setzen, auf denen Sie sowieso mit Ihren Stakeholdern interagieren. Entwickeln können Sie Ihre Marke dort und an vielen weiteren Orten in der digitalen Welt. Versuchen Sie also nicht, alles unter Ihrer Website-Kontrolle zu haben, Sie werden sich eher schwertun, weil viele Inhalte unter der Wahrnehmungsschwelle bleiben, wenn sie nicht distribuiert werden.
„Plattformen wie Facebook, aber auch LinkedIn, Instagram und auch Medium oder künftig Twitter tun fast alles dafür, ihre Nutzer im eigenen Universum zu halten. Dazu bieten sie unter anderem immer mehr und immer bessere Publikationsmöglichkeiten: Native Videos, Instant Articles, LinkedIn Pulse sind ein paar Beispiele. Ob das den Tod des Open Web aus einzelnen Websites, Blogs, Foren etc. bedeutet, ist die eine Diskussion, die wir nur gestreift haben. Die andere: Wer Inhalte erzeugt, muss sich dies anschauen und mit den Walled Gardens irgendwie umgehen.“ (PR Fundsachen: Thomas Pleil: Content Strategie: Mehr als Handwerk)

Websites oder auch Corporate Blogs dürfen also kein Selbstzweck sein, denn vor allem, wer mobil online geht, bevorzugt einfache, schnell verfügbare Angebote, statt umständlich durch komplexe Websites zu navigieren. Was zählt, ist nicht das ganze Content Paket, sondern das einzelne Stück. Anwender wollen unmittelbar Zugang zu Content haben, wir können sie nicht mehr so einfach zum nächsten Klick verlocken.

Bloggen ohne Blog

Die Palette für das digitale Publishing ist breit, doch die neuen Möglichkeiten müssen nicht das Ende des Corporate Blogs sein. Allerdings machen sie die Content Creation deutlich vielfältiger. Ich selbst publiziere seit 2004 auf meinem PR-Blogger gemeinsam mit vielen Gastautoren. Inzwischen ist es das Blogzuhause unserer Content Marketing Agentur d.Tales. Das aufzugeben, kann ich mir nicht vorstellen, denn komplett von Fremdplattformen abhängig zu sein, bringt einige Probleme mit sich.

Trotzdem veröffentliche ich persönlich auf zahlreichen Portalen, wie beispielsweise auf Medium sowie in Blogs der Deutschen Post oder der Gelben Seiten. Hin und wieder veröffentliche ich auch meine Beiträge als Brancheninsider auf Xing oder LinkedIn. Das ist für mich eine gute Möglichkeit, mein großes Netzwerk dort direkt zu erreichen.

Online-Reputation lässt sich nicht an einem Ort zentrieren. Und wir können andere nicht daran hindern, über unsere Personen- oder Unternehmensmarke zu sprechen und zu schreiben. Diese Artikel erscheinen an vielen verschiedenen Orten, warum sollten wir also nicht auch unsere eigenen Blogartikel auf anderen Plattformen veröffentlichen? Dabei möchte ich gar nicht die Bedeutung von Content Hubs schmälern, denn diese sind wichtig, um Lesern Orientierung zu geben. Es kann also nach wie vor sinnvoll sein, auf den Social-Media-Profilen auf die verschiedenen anderen analogen wie digitalen Aktivitäten zu verweisen.

Wichtig ist die Personal Brand

Natürlich kann es jeder so handhaben, dass ein Blog das natürliches Domizil einer (Personen)Marke ist. Die meisten von uns werden sich ähnlich wie beim Kauf eines Buches in erster Linie an Themen und Autoren orientieren. Der Autor eines Blogartikels ist mir wie beim Buch wichtiger als der Verlag bzw. die Unternehmenspräsenz. Menschen geben uns Orientierung, nicht Marken. Als Corporate Blogger sollten Sie also am besten darauf achten, auch außerhalb des Businessauftritts wahrgenommen zu werden. Insofern bieten Medium, Facebook und LinkedIn eine gute Alternative für diejenigen, die ihre Personal Brand schärfen, aber dafür kein eigenes Blog aufsetzen wollen.

Auf Plattformen wie Facebook (Notes), Xing (Klartext) oder LinkedIn (Pulse) können sich Markenbotschafter positionieren und ihre Inhalte sprechen lassen. Kontaktanfragen zeigen dann, wer sich professionell mit ihren Themen auseinandersetzt und bieten weitere Anknüpfungspunkte fürs Networking. So können auch Geschäftsführer, die ja in der Regel wenig Zeit haben, ausgewählte Beiträge beispielsweise als Pulse-Artikel ihrem LinkedIn-Profil hinzufügen. Ein eigenes Blog brauchen sie dafür nicht.

Der Vorteil: Durch die Veröffentlichungen auf den Social-Media-Profilen, die direkt integriert sind und als kompletter Text publiziert werden, können Kontakte schnell überblicken, für welche Themen eine Person steht. Außerdem sparen sie sich einen Klick, wenn sie nicht erst auf das Blog gehen müssen.

Links verschwinden

Derzeit wandelt sich die Bedeutung von Links extrem. Schuld daran sind zu einem großen Teil veränderte Nutzungsgewohnheiten. Wenn wir auf Snapchat, Instagram, aber auch Twitter, Facebook und LinkedIn sind, bleiben wir meist auf der jeweiligen Plattform und verlernen dadurch das Verlinken.

Auf einem Netzwerk, das mir relevanten, interessanten Content zur Verfügung stellt, bleibe ich gerne. Einen Grund, das jeweilige Netzwerk zu verlassen, habe ich dann nicht mehr. Die meisten Plattformen entwickeln sich dahin, dass wir dort verweilen, uns berieseln lassen und nicht zu anderen Plattformen wechseln. Während des Tatort-Krimis in der ARD lesen viele parallel am Second-Screen die Anmerkungen anderer Zuschauer mit; Links sind gar nicht mehr nötig.

Wir sollten also nicht versuchen, die User über Links mit allen Mitteln auf unsere Website oder unser Corporate Blog zu bringen, wenn Informationen nur noch im Umfeld der jeweiligen Social-Media-Plattformen wahrgenommen werden. Dies würde nur einen unnötigen Aufwand verursachen, der in der Regel in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Lassen Sie Ihren Content lieber direkt auf den einzelnen Plattformen wirken. Wichtig ist doch vor allem, dass Ihre Kunden Ihre Marke an den jeweils passenden Touchpoints der Customer Journey bemerken. Der Erfolg des Content Marketings bemisst sich auch nicht in Abrufzahlen eines Blogs oder einer Website. Entscheidend ist vielmehr, wie Ihre Marke wahrgenommen wird.

Fazit

Wichtig ist im Content Marketing nicht, dass Sie auf allen Plattformen präsent sind, sondern vor allem da, wo Ihre Zielgruppe ist. Sie sollten also die verschiedenen Plattformen in der Content Distribution zwar berücksichtigen, aber auch gewichten. An dieser Stelle zählt das Verhältnis von Aufwand und Wirkung. Experimentieren Sie, trauen Sie sich, auch neue Plattformen zu testen. Einen selbstbestimmten Content Hub sollte jede Marke haben, darüber hinaus sollten Sie frei sein und nicht auf einer vermeintlich besten Lösung beharren.