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Relevanz macht Marketing glücklich

Content Marketing erhebt Relevanz zum Geschäftsmodell. Relevanz schafft Reputation – und umgekehrt.
Torsten Schwarz | 26.02.2018
Relevanz macht Marketing glücklich © fotolia / Dirima
 
Tue Gutes und rede darüber. Wer als Unternehmen erfolgreich sein will, braucht neben guten Produkten auch Bekanntheit. Diese kauft sich ein Unternehmen, indem es Werbung schaltet: Paid Media. Besonders schlaue Unternehmen aber setzen auf kostenlose Werbung, indem sie sich ihren guten Ruf „verdienen“: Earned Media. Das Geheimnis lautet „Relevanz“.

Content Marketing erhebt Relevanz zum Geschäftsmodell


Bis 2012 war der Begriff „Content Marketing“ unbekannt. Am 14.10.2012 sprang der Österreicher Felix Baumgartner in 39 Kilometern Höhe aus einer Ballonkapsel. Mit Überschallgeschwindigkeit raste der Extremsportler zur Erde und landete sicher im US-Bundesstaat New Mexico. Seitdem gilt der Sponsor Red Bull als Erfinder des „Content Marketings“. Das Unternehmen hat 50 Millionen Euro in Vorbereitung und Durchführung der Aktion investiert, aber keinen Cent in Werbung. Die kam von selbst: Weltweit haben Radio, TV und Zeitungen berichtet. In Social Media war es das Thema. Auf YouTube sahen es acht Millionen Menschen zeitgleich. Der Werbewert all dieser Sichtkontakte summierte sich auf eine Milliarde Euro. Noch heute gilt Content Marketing als effizienteste Werbeform.

Seit 2013 ist Content Marketing bei allen Umfragen auf Platz eins. Auch 2018 steht das Thema bei 81 Prozent der 1208 befragten Unternehmen auf der Agenda. Marketingabteilungen versuchen, mit journalistischen Methoden relevante Inhalte zu erarbeiten und zu verbreiten. Betrachtet man die weiteren Themen, mit denen sich Unternehmen 2018 beschäftigen werden, spielt Relevanz an mehreren Stellen eine Rolle: Personalisierung, Customer-Journey-Analyse, Big Data und Predictive Targeting sind alle davon getrieben, die persönliche Relevanz von Inhalten für die Empfänger zu erhöhen.


Relevanz ist die Antwort auf Werbeverweigerung


Klassische Werbung ohne inhaltliche Relevanz wird nicht mehr wahrgenommen. Entgegen der Regeln von Blickverlaufsanalysen sucht das Auge informative Textstellen und meidet die bunten, Conversion-optimierten Banner dazwischen. Oder es werden Werbeblocker eingesetzt. Google Chrome und Apples Safari blockieren störende Werbung als Voreinstellung. Nur wer dem Leser Nutzen verspricht, wird noch wahrgenommen. Leser haben gelernt, in der Infoflut zu überleben, indem sie blitzschnell erkennen, was für sie relevant ist und was nicht.

Neu für Unternehmen: Leserperspektive einnehmen


Journalisten lernen es vom ersten Tag ihrer Ausbildung: Die Wünsche des Lesers stehen im Vordergrund. Für Marketingmanager ist das Ziel ebenso klar: Umsatz. Nun müssen Marketer lernen, um die Ecke zu denken: Erstmal nur an den Leser denken und erst im zweiten Schritt an das eigene Logo. Bei dem Weihnachtsclip „Heimkommen“ erschien erst ganz am Ende das Logo von Edeka. 60 Millionen Abrufe hat das Video bei YouTube.


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Relevanz schafft Reputation – und umgekehrt


Wenn Journalisten gut recherchieren und schreiben, bauen sie sich Reputation auf. Bei Unternehmen ist es ebenso: Wer gute Produkte UND gute Werbung macht, baut sich Reputation auf. Budweiser, Sixt und Red Bull machen weit mehr, als nur Reichweite herbeizuzaubern. Wie wertvoll die Relevanz des Absenders ist, lässt sich in der E-Mail-Inbox beobachten: Manche Absender können ungelesen gelöscht werden, weil sie nie etwas Relevantes mitzuteilen haben.


A/B-Test für Absender statt für Betreff


Erfahrene E-Mail-Marketer unterziehen jede Betreffzeile vor dem Versand einem A/B-Test. Viel interessanter wäre es, einmal zu testen, welcher Absender denn die höhere Klickrate bekommt. Bringt die Betreffzeile „Nur noch heute: Bis zu 15 Prozent sparen!“ mehr Klicks, wenn Tchibo oder wenn Otto im Absenderfeld steht? Eine Marke investiert in ihren Markennamen, um Vertrauen in die Qualität der Angebote zu erzeugen. Was bedeutet es, wenn Menschen Werbung dieser Unternehmen blockieren? Dann haben die Unternehmen den Bogen überspannt. Verbraucher blocken, weil sie keine Relevanz, sondern plumpe Reklame bekommen. Das Resultat: Eva von Connox oder Lisa von Springlane sind als Absender vertrauenswürdiger als die Marke selbst. Die Reputation eines Absendernamens ist ein Wert, der leider selten in Betracht gezogen wird.


Was ist wirklich wichtig?


Wir ersticken in Nachrichten und müssen daher intuitiv Unwichtiges wegfiltern. Wichtig ist alles, was mit Gefahr zu tun hat. Weil aber mit Raubmord, Autounfall und Einbruch für „normale“ Unternehmen kein Umsatz zu machen ist, profitieren nur Sicherheitsbranche, Versicherungen und Parteien vom Geschäft mit der Angst. Dafür bietet aber das Thema „Probleme“ unendlichen Spielraum für Content-Marketer:

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Die Angst, etwas zu verpassen, erzeugt ebenso Relevanz wie die Jagd nach Schnäppchen. Relevant ist ebenfalls alles, was sich in der nächsten Umgebung abspielt oder mit bekannten Menschen zu tun hat.

Die Macht der eigenen Freunde


Mundpropaganda ist das Geheimnis vieler erfolgreicher Unternehmen. Wenn Freunde etwas empfehlen, kann es nicht schlecht sein. Facebook hat das schon früh erkannt und schreibt bei jeder Anzeige, welche Freunde dieses Unternehmen ebenfalls toll finden. Erst durch diese Empfehlungen wird echte Aufmerksamkeit geweckt. Niemand bucht heute noch ein Hotel, ohne sich vorher die Bewertungen der Gäste anzusehen.

Influencer-Marketing schon wieder am Ende


Als der Schauspieler Manfred Krug Werbung für die Telekom-Aktie machte, wurde das Thema sogar für die börsenscheuen Deutschen relevant. Die Testimonials von damals heißen heute Influencer und starten ihre Karriere auf YouTube und nicht beim Fernsehen. Empfehlungen von Menschen, denen man vertraut, sind relevant. Wichtig dabei sind jedoch weniger die leicht zu manipulierenden Reichweitenzahlen, als vielmehr die Glaubwürdigkeit. Oft sind „Micro-Influencer“ mit wenigen Followern glaubwürdiger als die großen YouTube-Stars.


Algorithmen sortieren alles nach Relevanz


Lange Zeit wurden Neuigkeiten wie in einem News-Ticker chronologisch sortiert. Leser gehen dann die Liste durch und entscheiden selbst, was für sie wichtig ist. Ein Dienst wie Facebook steckt jedoch in dem Dilemma, dass es theoretisch mehrere Tausend Nachrichten gibt, die für den Empfänger relevant sein könnten. Als Fan von Tchibo könnte er deren Tagesangebot bekommen. Oder ist der Geburtstag der Schwiegermutter wichtiger? Der von Mark Zuckerbergs Ex-Dozent Andrew Bosworth entwickelte Algorithmus entscheidet, was wichtig ist und was wegfällt. Die dadurch entstehende Filterblase sorgt dafür, dass Menschen sich oft nur einseitig informieren. Unternehmen haben nur wenig Chancen, gratis angezeigt zu werden. Da schafft die Kombination Video mit Hund und Katze nicht genug Relevanz.

Wer bei Facebook zahlt, bekommt perfektes Targeting
Dass die Posts von Unternehmen nicht relevant sind, kann kompensiert werden: Mit etwas Budget kann die Reichweite erhöht werden. Und auch hier kommt der Bosworth-Algorithmus zum Tragen: Damit möglichst wenige Nutzer aufgrund unpassender Anzeigen Facebook den Rücken zuwenden, wird streng gesiebt. Nur diejenigen bekommen eine Anzeige angezeigt, deren Nutzersignale auch garantiert Interesse versprechen. Außer Google verfügt wohl kein Unternehmen über so viele Daten, um zu entscheiden, was für wen wann relevant ist. Und anders als Google hat Facebook eine längere Nutzungsdauer. Die weltweit 1,15 Milliarden Nutzer verbringen im Schnitt täglich 2,6 Minuten auf der Plattform.

Google setzt schon immer auf Relevanz


Die Dominanz der Suchmaschine Google beruht auf der Fähigkeit, die relevanteste Antwort auf eine Suchanfrage oben stehen zu haben. Dazu diente zu Beginn ausschließlich der Page-Algorithmus. Dieser bewertet die Qualität einer Website nach der Anzahl der auf sie verweisenden Hyperlinks (Backlinks). Heute werden weitaus differenziertere Methoden eingesetzt, um herauszufinden, was die für einen Suchenden relevanteste Seite sein könnte.


E-Mail-Marketer wissen, was gemeint ist


Wer sich professionell mit dem Thema E-Mail-Marketing beschäftigt, weiß worum es geht: Um in der Masse von E-Mails aufzufallen, die täglich die Inbox fluten, reichen keine Tricks. Stattdessen ist viel Erfahrung gefragt, was für die jeweilige Zielgruppe relevant ist und was nicht. Daraus wird dann eine klickstarke Betreffzeile getextet und getestet. Und auch das wissen die Profis: Wer durch zu hohe Frequenz bei niedriger Relevanz bereits seine Empfänger vergrault hat, ist weg vom Fenster. Die Öffnungsrate sinkt kontinuierlich, weil sich zwar keiner abmeldet, dafür aber die E-Mails nervender Absender blitzschnell löscht.


Unternehmen setzen auf Social, Search und E-Mail


Die drei genannten Kanäle Social Web, Suchmaschinen und E-Mail-Marketing sind die drei am häufigsten eingesetzten Werbekanäle deutscher Unternehmen. Auch in Umfragen zum ROI (Return on Invest) rangieren sie in der Beliebtheit ganz oben. Entsprechend werden hier die Budgets auch gehalten oder erhöht.


Wer unterwegs ist, hat endlich Zeit


Relevanz hat nicht nur mit Inhalten zu tun, sondern auch mit dem passenden Zeitpunkt. Wer in seiner gewohnten Umgebung ist, hat meist etwas zu tun. Wer aber auf den Bus, den Partner oder den Arzt wartet, der langweilt sich oft. Und schon wandert der Blick auf das Smartphone. Unternehmen investieren zunehmend in Mobile Marketing, um Menschen unterwegs zu erreichen. Welcher Kanal dafür der geeignetste ist, wird die Zukunft zeigen. Nicht jeder hat Lust, ständig neue Apps zu laden. E-Mail und Social-Media-Apps werden oft genutzt, kosten aber Mediabudget.


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Sprachassistenten kommen als Nächstes


Nach dem PC, Tablet und Smartphone kommt nun die nächste Mensch-Maschine-Schnittstelle: Sprachassistenten wie Alexa, Siri, Cortana oder Google Assistant. Die ersten Unternehmen entwickeln bereits ihre Skills. Und hier schlägt das Thema Relevanz wie bei den Apps mit schonungsloser Brutalität zu. Wenn ein Unternehmen keine für den Nutzer relevanten Informationen hat, gibt es auch keinen Dialog.

Persönliche Relevanz will gelernt sein


Kein Unternehmen weiß über seine Kunden so viel wie Facebook und hat gleichzeitig so viele individualisierbare Inhalte. Der einfachste Weg zu mehr Relevanz ist daher, die Kommunikation mit der Gießkanne zu beenden. Statt allen das Gleiche zu senden, wird nach Zielgruppen segmentiert. Wenn aber die Daten vorliegen, spricht nichts dagegen, individuell relevante Nachrichten zu senden.

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