Mit optimierten Daten zu optimierter Kommunikation
Machen wir eine Zeitreise ins Jahr 2022. Auf dem Weg nach Hause sitze ich, die Arme im Nacken verschränkt, hinterm Lenkrad, als plötzlich eine Nachricht im Messenger-Fenster meines Head-up-Displays erscheint. Mein persönlicher Assistent erinnert mich daran, das auf dem Weg nach Hause mein bevorzugtes Einkaufscenter liegt, es dort tolle Angebote gibt und meine letzte Shoppingtour immerhin schon drei Monate zurückliegt. Nach kurzer Überlegung gebe ich den Sprachbefehl und mein Auto fährt mich zu einer neuerlichen Einkaufstour. Die personalisierten Angebote werden, inkl. Rabattcoupons und Lageplan der Geschäfte, auf mein Smartphone übertragen. Gleichzeitig bekommt der Herrenausstatter meiner Wahl eine Nachricht, dass ich mich auf dem Weg befinde und entsprechend werde ich persönlich dort begrüßt. Selbstverständlich werden die Einkäufe zu mir nach Hause geschickt, sodass ich diese nicht selbst tragen muss. Beseelt vom Shoppingerlebnis, vergebe ich auf der Bewertungsplattform die maximale Anzahl an Sternen und erhalte eine entsprechende Dankesmail mit dem Wunsch, doch bald wieder zu kommen.
Science-Fiction oder Alltag?
Vor zehn Jahren hätte man ein solches Szenario noch im Bereich Science-Fiction angesiedelt, heute sind wir – auch wenn man es immer noch richtig glauben kann – ihm bereits sehr nahe. Die schier unerschöpfliche Vielfalt an Kommunikationsmöglichkeiten, Datenzugängen und -zugriffen, verbunden mit der sich immer weiter diversifizierenden und individualisierten Vielfalt an Produkten, stellt Marketers vor immer gewaltigere Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, sich klassische Marketingkonzepte anzuschauen und Schritt für Schritt auf die neuen Gegebenheiten anzupassen. Mittel- und langfristig ist Wettbewerbsfähigkeit nur dann gegeben, wenn aus jetzt beinahe noch unvorstellbaren Alltagszenarien irgendwann ganz normale werden.
Herausforderung ROI
Die klassischen Messinstrumente, die heute im Einsatz sind, können dabei nur bruchstückhafte Informationen liefern, denn der ROI einer Kampagne liefert das finale Ergebnis, drückt aber nicht aus, wie es dazu gekommen ist. Hinzu kommt, dass die ROI-Betrachtung eine retrospektive Betrachtung ist und keine Rückschlüsse darauf zulässt, wie sich bestimmte Kennzahlen in Zukunft entwickeln werden. Was also tun, um von einer retrospektiven zu einer vorhersageorientierten Betrachtungsweise zu gelangen? Welche Methoden greifen hier wirklich und welche Daten werden benötigt? Wie sieht Marketingplanung in Zeiten von Big Data aus und letztendlich stellt sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, all diese Informationen mit ihrer Komplexität so zu strukturieren, dass eine sinnvolle Planung möglich wird?
Datengrundlagen für Planung und ROI-Berechnung
Tatsächlich gibt es im modernen Marketing in Kombination mit Business Intelligence ein breites Spektrum an Mitteln und Methoden, um Kundeninformationen, Verhaltens- und Transaktionsinformationen sowie Informationen über die Effizienz und Effektivität von Maßnahmen und Kampagnen miteinander zu kombinieren. Als Datengrundlage dient dabei ein gut strukturiertes Data Warehouse. Hier werden alle Daten aus den Quellsystemen, zum Beispiel Produktdaten, Bewegungsdaten, Umsätze sowie Informationen zur Kontakthistorie, miteinander verbunden. Neue technologische Möglichkeiten erlauben eine quasi in Echtzeit abgebildete Kundenhistorie. Die Strukturierung der Daten und Informationen stellt dabei eine sehr komplexe Herausforderung dar. Big Data ebenso wie beispielsweise Marketing-Automation-Ansätze verändern hier nachhaltig die Art und Weise, wie mit Daten umgegangen werden muss, da strukturierte Daten genauso wie unstrukturierte Daten, zum Beispiel Texte, Bilder oder Audiodateien, verarbeitet werden müssen. Tatsächlich entstehen in Zeiten der digitalen Transformation und auch zunehmender digitaler Kommunikation ständig neue Datenquellen. Diese Quellen generieren im Wesentlichen unstrukturierte Daten wie zum Beispiel Bilder, die im Hinblick auf ihre Anzahl und ihren Umfang die strukturierten Daten bei Weitem übertreffen. Herkömmliche Datenbanken und Datenarchitekturen stoßen hier an ihre Grenzen, da sich die meisten dieser Daten nicht sinnvoll strukturieren oder gar in relationalen Strukturen abbilden lassen. In Big-Data-Architekturen sowie in Cloud-basierten Strukturen funktioniert das dagegen sehr wohl, da diese Strukturen völlig neue Formen der Datenmodellierung sowie Datenspeicherung zulassen. Ein gerne angeführtes Beispiel für diese Herausforderungen ist die Sentimentsanalyse, mit deren Hilfe Stimmungen in Blogs und Foren ausgewertet werden können. Dieses Instrument ist im Rahmen der Neukundengewinnung von hohem Wert, da auf diesem Weg Stimmungen und Bedarfe erkannt werden, welche die Basis für eine nachhaltige Strategie zur Neukundengewinnung bilden können. An diesem Beispiel werden Anforderungen an zukünftige analytische Strukturen deutlich. Das Zauberwort heißt hier Realtime Analytics. Dies bedeutet, dass Daten sowohl sofort verarbeitet und analysiert als auch unmittelbar zu einer Reaktion führen sollen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass die Trennung zwischen Analyse und Kommunikationsprozess verschwindet beziehungsweise verschwinden muss, um eine sinnvolle Nutzung der Daten zu ermöglichen. Was bedeutet dies nun für unser Problem, wie genau kommen Unternehmen zu einer sinnvollen Kommunikationsplanung unter Einbeziehung aller möglichen Informationen?
Customer Lifecycle – Basis für die Kundenkommunikation
Die konzeptionelle Basis bildet ein klar definierter Kundenlebenszyklus beziehungsweise Customer Lifecycle (CL). Als Customer Lifecycle oder Kundenlebenszyklus bezeichnet man grundsätzlich den zeitlichen Verlauf einer Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Unternehmen – beginnend mit dem ersten Kundenkontakt bis zur Beendigung des Geschäftsverhältnisses. Der Customer Lifecycle verändert den gesamten Prozess der Marketingplanung. Wird heute in vielen Unternehmen auf Basis von Produktentwicklungen beziehungsweise auf Basis von Produktlebenszyklen Kommunikation geplant, ergibt sich durch den Kundenlebenszyklus eine diametral andere und aus strategischer Sicht profitablere Sichtweise. Grundsätzlich gibt es sechs CL-Phasen: Akquisition, Willkommensphase, Neukundenphase, Entwicklungsphase, Bestandskundenphase und Rückgewinnungsphase. Diese Phasen dienten lange als Basis für klassische Customer-Relationship-Management-(CRM)-Programme. Getrieben und ermöglicht durch die Nutzung moderner Medien und Informationen zum Beispiel aus sozialen Netzwerken bekommt im modernen Marketing das Prospect Relationship Management (PRM) zusätzlich eine immer stärkere Bedeutung. Im Einzelnen sind folgende Verhaltensmuster von Kunden während der einzelnen Phasen zu beobachten: Akquisitionsphase Während der Akquisitions- beziehungsweise Interessenphase wird sich der potenziellen Kunde mit einem Produkt auseinandersetzen, verschiedene Anbieter, Angebote, Modelle oder Kaufoptionen vergleichen, die Kaufentscheidung unter Umständen überdenken oder verschieben. Willkommensphase Direkt nach dem Kauf wird Ihr Kunde in Ihrem Unternehmen willkommen geheißen. Es werden Informationen über Ihr Unternehmen und weitere Produkte versendet, die in direktem Zusammenhang mit dem bereits gekauften Produkt stehen. Neukundenphase Nach der Willkommensphase und dem damit verbundenen Kennenlernen des Unternehmens, wird Ihr Kunde nun Erfahrungen mit dem Produkt, mit Ihrem Service und Angebot sammeln. Hier ergeben sich ideale Möglichkeiten für Cross- und Upsell-Aktivitäten. Entwicklungsphase Während dieser Phase überprüft der Kunde das Leistungsportfolio seines Anbieters und eventuell wird er weitere Produkte des Unternehmens erwerben. Dies ist der ideale Zeitpunkt für Cross- und Upsell-Maßnahmen. Bestandskundenphase Ein Kunde, der von Ihrem Angebot, Service und Auftritt überzeugt ist, wird nicht nur zu einem treuen Käufer, sondern im besten Fall auch zu einem Fürsprecher und Promoter Ihres Shops. Hier spielen Maßnahmen zur Kundenbindung und zur Steigerung der Kundenloyalität eine zentrale Rolle. Rückgewinnungsphase Hat ein Kunde über einen längeren Zeitraum keinen Kauf getätigt oder die Geschäftsbeziehung gekündigt, gilt er als für Ihr Unternehmen verloren. Nach Umfragen sind jedoch die meisten ehemaligen Käufer bereit, zurückzukehren, sollte man sich entsprechend um sie bemühen. In dieser Phase geht es im Wesentlichen darum, geeignete Winback-Maßnahmen zu definieren und einzuleiten. Der zweite Teil des Beitrags dreht sich um optimale Ansprache durch Kundenwertberechnung.