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Der Service bleibt eine menschliche Disziplin

Trotz digitaler Lösungen bleibt der Kundenservice eine menschliche Disziplin. Auch in der Onlinewelt ist der Berater durch keine Maschine zu ersetzen.
Ferri Abolhassan | 08.05.2020
Der Service bleibt eine menschliche Disziplin © Pixabay / rawpixel
 

Der Online-Handel ist inzwischen als Einkaufskanal fest etabliert. Darum geht die Corona-Krise auch an ihm nicht spurlos vorüber: Vor allem Reiseveranstalter, Modehändler und Elektronikfirmen leiden derzeit unter der eingetrübten Konsumstimmung und diversen Restriktionen. Es gibt aber auch Branchen, die davon profitieren, dass sich unser Leben wegen Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren noch mehr als sonst in die digitale Welt verlagert hat: Die Nachfrage nach Medikamenten aus Internet-Apotheken ist im März um fast 90 Prozent gestiegen. Auch der E-Commerce von Lebensmitteln, Drogerieartikeln und Heimwerkerbedarf verzeichnete zuletzt ein deutliches Plus.

Persönliche Beratung auch im Online-Store gewünscht

Auf eine persönliche Beratung möchten viele Konsumenten auch im Online-Store nicht verzichten: Laut aktueller Bitkom-Umfrage hat jeder fünfte Internet-Einkäufer eine solche schon einmal genutzt: Ganz vorn liegt dabei – mit 61 Prozent – die Beratung per Telefon bzw. telefonischem Rückruf. Auch via E-Mail oder Chat holen sich die Kunden Tipps für ihre Online-Einkäufe. So haben 59 Prozent bereits mit einem Mitarbeiter eines Online-Shops gechattet.

Das zeigt: Der Austausch von Mensch zu Mensch ist den Konsumenten auch in der Onlinewelt immens wichtig. Wenn wir etwas Wichtiges zu klären haben, suchen wir den Kontakt zu Beratern aus Fleisch und Blut. An ihre Erfahrung und Empathie kommen digitale Tools einfach nicht heran. Das bestätigen auch unsere eigenen Erfahrungen bei der Telekom: Wir haben rund 270.000 Kundenkontakte am Tag, der Löwenanteil davon kommt über unsere Hotline rein. Nach der vorübergehenden Schließung unserer Telekom Shops beraten wir noch mehr Kunden als ohnehin schon telefonisch.

Digital denken, empathisch lenken

Doch wie geht man sich solchen Dimensionen um? Wie stellt man einen menschlichen Service für 60 Millionen (Online-)Kunden bereit? Noch dazu in Zeiten einer Pandemie, wo Gesundheit das höchste Gut ist? Unser Credo lautet: Digital denken, empathisch lenken!

In unserem Backoffice setzen wir rund 3.000 Frontend Assistenten ein. Das sind Software-Roboter, die einfache Routinetätigkeiten übernehmen. Sie kopieren z. B. Vertragsdaten von einer Datenbank in eine andere oder verschicken Infos zum Vertragsstatus per SMS an unsere Kunden. So nehmen wir Mengen aus dem System und halten unseren Beratern den Rücken frei für komplexere Anliegen.

Gleiches gilt für unseren Digitalen Assistenten, einen Chatbot, den wir auf unserer Website und in unserer MeinMagenta-App anbieten. Er beantwortet unseren Kunden häufig gestellte Fragen rund um unsere Produkte und entlasten so unsere menschlichen Berater – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Etwa 450 verschiedene Fragestellungen beherrscht er schon und wird mit jeder Anfrage besser.

Digitale Tools können Menschen nicht ersetzen

Digitale Tools sind somit eine unverzichtbare Hilfe im Kundenservice, aber – davon bin ich fest überzeugt – den Menschen mit seiner Erfahrung und Empathie können sie nicht ersetzen. Service ist und bleibt eine menschliche Disziplin – auch in der digitalen Welt. Das zeigt sich gerade jetzt in der Corona-Krise, wo unsere Dienstleistung gefragter ist denn je. Ohne die Leidenschaft und den Einsatzwillen unserer Kundenberater und Service-Techniker könnten wir diese schwierige Phase nicht erfolgreich bewältigen und Millionen von Kunden bei Problemen mit ihrem Internet- oder Telefonanschluss eine schnelle Lösung anbieten.

Unsere Servicekräfte sind weiterhin für unsere Kunden da, damit diese füreinander da sein können – per E-Mail, Telefon, Messenger oder Video-Chat. Dafür haben wir das Unmögliche möglich gemacht und 16.000 Kundenberater in Rekordzeit ins Homeoffice geschickt. Von Zuhause aus beraten sie jetzt unsere Kunden genauso motiviert, kompetent und empathisch wie sonst auch. Wenngleich in den 16.000 Homeoffices natürlich mehr los ist als in unseren 50 bundesweiten Servicecentern. Da schreit mal ein Kind, da bellt mal ein Hund, da klingelt mal der Paketbote. Aber das ist derzeit bei vielen unserer Kunden genauso. Und deswegen haben sie Verständnis dafür und geben uns tolles Feedback.

Auch in Krisenzeiten für Kunden da

Gleiches gilt für unsere 7.000 Service-Techniker im Außendienst. Auch sie erfahren gerade mehr Wertschätzung als gewöhnlich. Im Gegensatz zu unseren Kundenberatern haben sie jedoch mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen: Sie können ihren Job nicht aus dem Homeoffice heraus erledigen. Sie müssen, trotz Risiken für die eigene Gesundheit, weiterhin raus zu unseren Kunden – und das rund 40.000 Mal jeden Tag.

Wenn uns ein (Online-)Kunde kontaktiert, sind unsere Techniker für ihn da, schalten und entstören Anschlüsse, schauen, dass das Heimnetzwerk auch dann noch funktioniert, wenn Vater und Mutter parallel aus dem Homeoffice arbeiten, die Kinder ihre Schulaufgaben per E-Mail erhalten, Internet-Fernsehen schauen oder eine Gaming-Session einlegen. Digitale Vernetzung und Abwechslung sind in Zeiten von Corona unverzichtbar – und ohne stabile Technik läuft da nun einmal nichts.

Persönlichen Learnings daraus:

1. Neben dem stationären Handel ist der E-Commerce heute ein fest etablierter Verkaufskanal. Darum erwarten die Kunden – zu Recht – auch im Online-Shop eine persönliche Beratung.

2. Trotz immer neuer, digitaler Kanäle wie E-Mail, Video-Chat oder Messenger ist das gute alte Telefon nach wie vor am beliebtesten, wenn es um Produktberatung geht. Auch der moderne Online-Shopper greift hierauf besonders häufig zurück.

3. Digitale Tools wie Chatbots sind heute unverzichtbar, um die wachsenden Kundenerwartungen – Stichwort „Liquid Expectations“ – zu erfüllen. Sie ermöglichen eine schnelle Reaktion auf Kundenanfragen und halten den Beratern den Rücken frei für komplexere Anliegen.

4. Jeder Trend erzeugt auch einen Gegentrend: Je stärker die Digitalisierung voranschreitet, desto größer die Sehnsucht der Konsumenten nach analogen Momenten, nach dem Austausch von Mensch zu Mensch.

5. Trotz aller digitaler Lösungen und Kanäle bleibt Kundenservice eine menschliche Disziplin. Auch in der Onlinewelt macht der Berater mit seinem Know-how, seiner Erfahrung und Empathie den Unterschied aus – und ist durch keine Maschine zu ersetzen.