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Kundenerwartungen und Innovation erhöhen Druck auf Marketer

Digitale Technologien steigern die Kundenerwartungen immer weiter und verschieben die Standards in der Kundenbeziehung.
Bernd Wagner | 16.07.2020
© freepik / katemangostar
 

Marketer müssen sich noch schneller vom Botschafter zum Manager für Kundenbeziehungen entwickeln, die weit über den ersten Kauf hinaus gehen. Dieser Trend wird durch die Auswirkungen der globalen Coronavirus-Pandemie und das dadurch veränderte Einkaufsverhalten noch beschleunigt. Schneller als je zuvor dringen digitale Services in alle Lebensbereiche vor und immer mehr Menschen nutzen Online-Services vom Banking bis zum Einkauf.

 

Dies konfrontiert deutsche Marketer mit völlig neuen Anforderungen. Sie müssen jeden Aspekt ihres Geschäfts neu überdenken – von den strategischen Prioritäten bis hin zu den erforderlichen Technologien und Kompetenzen im Team. Besonders jetzt kommt es darauf an, die Kundenerfahrung weiter auszubauen und den Kundenkontakt zu intensivieren.

 

Relevanz in der Phase der Erholung

Zu Beginn des Jahres hat Salesforce eine Befragung unter weltweit 7.000 Marketingexperten für den sechsten State of Marketing Report durchgeführt. Die Auswertung haben wir vor der Entscheidung, sie zu veröffentlichen, kritisch auf ihre Relevanz und ihren Mehrwert in unserer veränderten Welt hin geprüft. Wir haben festgestellt, dass die Ergebnisse die Trends unterstreichen, die für die Phase der Erholung für Unternehmen wichtig sein werden: Eine konsequente Konzentration auf die Kundenerfahrung, das Bekenntnis zu Unterstützung, Relevanz und Beratung des Kunden als vertrauenswürdiger Partner sowie die Bereitschaft zur Innovation. Denn Marketer standen schon immer an der Speerspitze des Wandels. 

 

Für die absehbare Zeit lassen sich global wie lokal drei wesentliche Prioritäten ableiten. Zum einen beschleunigt sich mit den veränderten Erwartungshaltungen und Verhaltensweisen der Menschen auch die Transformation des Marketings. Eng damit zusammen hängt die intelligente Nutzung von Kundendaten für empathisches Marketing, um die Kundenerwartung an personalisierte Kundenerlebnisse zu erfüllen. Und in dieser Konsequenz steigt auch der Geschäftswert des Marketings, da sich Marketer anhand von Metriken wie Kundenzufriedenheit oder Customer Lifetime Value ein vollständiges Bild von den Erfolgsfaktoren entlang der gesamten Customer Journey machen können.

 

Beschleunigte Marketingtransformation

Nie zuvor war es wichtiger für Marketingfachleute ein umfassendes Verständnis von der Customer Journey zu haben. So verschiebt sich ihre Rolle von der eines ausführenden Organs an punktuellen Phasen des Sales Funnels, wie E-Mail- oder Social-Media-Marketing, hin zu einer ganzheitlichen Begleitung und Unterstützung des gesamten Lebenszyklus einer Marke.

 

Schließlich erwarten Kunden heute mehr und neue Wege der Interaktion mit Marken. Deshalb schaffen Marketer heute zunehmend neue Prozesse und Arten der Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Abteilungen, um dem Ruf nach einer durchgängigen Kundenerfahrung zu folgen. 

 

In Deutschland leiten entsprechend bereits 73 Prozent der befragten Marketing-Fachleute Customer Experience-Initiativen in ihren Unternehmen. Diese umfassen sowohl technologische als auch organisatorische Innovation. Bereits vor der globalen Coronavirus-Pandemie war Innovation eine der Top-Prioritäten im Marketing.

 

Datengetriebenes Marketing

Schon lange haben Marketer die Relevanz von Kundendaten als Basis der individuellen Kundeninteraktion erkannt. Je schneller sich die Erwartungen und Bedürfnisse von Kunden verändern, desto wichtiger werden genaue Einblicke und Daten. So ist beispielsweise die KI-Nutzung im Marketing in Deutschland seit 2018 um 116 Prozent angestiegen. Während Marketer noch 2019 auf durchschnittlich sechs Datenquellen zugreifen mussten, sind es nun acht und bis 2021 werden es voraussichtlich elf sein. Dabei sind insbesondere transaktionale Daten, voreingestellte Präferenzen und Neigungen sowie digitale Identitäten über mehrere Endgeräte hinweg von Interesse. 

 

Entsprechend nimmt die Investition in neue Technologien durchschnittlich 20 Prozent (B2C) bzw. 18 Prozent (B2B) des Marketingbudgets in Anspruch. Besonders relevant sind dabei Technologien, die das Zusammenführen von Daten in Data-Management-Anwendungen ermöglichen, um das ganzheitliche Kundenbild zu erhalten. Und, natürlich, KI-Lösungen, die für die Umwandlung dieses Wissens in effektive Aktionen sorgen, wie Personalisierung, Segmentierung und fundierte Entscheidungen. Insbesondere deutsche Marketingexperten erwähnen dabei in diesem Zusammenhang die Konformität mit den Datenschutzregularien als wichtigste Aufgabe und größte Herausforderung in diesem Kontext.

 

Der wahre Wert des Marketings

Besonders jetzt, da sich Unternehmen mit der Überwindung der Krise sowie der Erholung und Anpassung an neue Umfeldfaktoren beschäftigen, hat das Marketing eine einzigartige Chance, die Kundenbeziehung in Geschäftswert zu übersetzen. Dabei helfen Metriken wie Kundenzufriedenheit, digitale Interaktion und der Lifetime Customer Value mit dem Ziel, ein ganzheitliches Bild darüber zu erhalten, welche Phasen der Customer Journey erfolgreich gestaltet sind und wo es Nachholbedarf gibt. 

 

So kommen zu traditionellen KPIs wie Umsatz- und Absatzwachstum auch Kennziffern wie beispielsweise Empfehlungsraten hinzu. Und zunehmend liegt der Fokus darauf, an welcher Stelle der Customer Journey eine Messgröße angewandt wird. Beim Markenaufbau etwa wird der Schwerpunkt zunehmend auf die Kundenzufriedenheit gelegt, da hier verstärkt ein Unterscheidungsmerkmal zu Marktbegleitern und Wettbewerbern geschaffen werden kann.

 

Die überwältigende Mehrheit der Marketer in Deutschland hat laut dem neuen State of Marketing Report gemeinsame Metriken mit dem Vertrieb (79 Prozent), dem Kundendienst (69 Prozent) und dem E-Commerce (75 Prozent). Denn sie arbeiten gemeinsam an strategischen Initiativen wie dem Account-based Marketing (ABM) und spielen dabei eine große Rolle beim Geschäftswachstum. 

 

Das neue Jahrzehnt

Marketer rüsten sich darüberhinaus für die Auswirkungen auf ihre Arbeitsbereiche durch technologische und gesellschaftliche Umbrüche. Dabei nennen deutsche Fachleute die neuen digitalen Zielgruppen durch die stärkere digitale Durchdringung des Alltagslebens, den 5G-Ausbau und veränderte gesetzliche Rahmenbedigungen als die drei größten Einflussfaktoren.