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Fünf Maßnahmen, damit Shopping im stationären Handel zum Multi-Channel-Erlebnis wird

Händlerinnen und Händler müssen Ansätze des Onlinehandels und des stationären Shoppings sinnvoll verzahnen und nahtlose Erlebnisse kreieren.
Oliver Bohl | 10.11.2021
Fünf Maßnahmen, damit Shopping im stationären Handel zum Multi-Channel-Erlebnis wird © freepik / rawpixel
 

Keine Frage, Online-Shopping ist für Konsumenten praktisch und bequem. Das ist nicht erst seit der Pandemie so. Unser Konsum- und Shoppingverhalten hat sich in den vergangenen knapp zwei Jahren regelrecht digitalisiert. Viele Käuferschichten, die lange am stationären Einzelhandel festhielten, sind in den Onlinemarkt abgewandert. Zugleich beobachtet man erstaunt, dass einzelne Online-Händler erste Filialen vor Ort eröffnen. Ein Widerspruch?

 

Nein. Denn ob Kunden nun, da es größtenteils wieder möglich ist, in die Geschäfte und Einkaufsstraßen zurückkommen, hängt nicht nur von Auflagen und dem persönlichen Impfstatus ab: Um langfristig im Einzelhandel zu bestehen und Kundenwünsche zu erfüllen, brauchen Händler neue Strategien. Smarte Store-Konzepte mit besonderen Erlebnissen und digitale Services, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen, könnten ein Comeback des klassischen Einkaufsbummels bewirken:

Stärken und Chancen der Digitalisierung nutzen – auch stationär

Vernetzung ist das Stichwort: Click & Collect hat während der Pandemie vieles für uns vereinfacht. Kunden können vorab online Waren auswählen, reservieren und schnell im Store abholen. Oder online bestellte Produkte im stationären Handel wieder zurückgeben. Dafür haben viele Händler in digitale Services und eine eShop-Anbindung investiert sowie eine neue Infrastruktur aufgesetzt. Die Kunden profitieren so vom reibungslosen Wechsel zwischen der physischen und der digitalen Variante eines Shops und können beispielsweise auch ihre Freunde und Follower via Social Media an ihrem Einkaufserlebnis teilhaben lassen oder um Rat fragen. Das bringt uns direkt zur nächsten Maßnahme:

On- und Offline verzahnen

Jede und jeder ist heute ständig online. Trotzdem sind die dadurch entstandenen Möglichkeiten im Einzelhandel noch viel zu wenig präsent. Wie selbstverständlich checken Kunden online die Größe, es werden Rabattcodes eingegeben und aus verschiedenen Zahlungsmethoden die persönlich passende gewählt. Wieso also nicht direkt am Point of Sales solche digitalen Anknüpfungspunkte nutzen und vor Ort Produktinformationen und andere Mehrwerte damit verbinden? Beacons und QR-Codes gibt es schließlich nicht erst seit der Pandemie. Wichtig ist, die Kunden hier nicht zu überfordern. Wir wollen schließlich, dass Menschen sich im Laden umschauen und das Angebot wahrnehmen, statt nur auf ihr Device zu starren. Die sinnvolle Verzahnung zwischen digital und offline sollte daher wie aus einem Guss funktionieren und auch vorheriges Verhalten aufgreifen. Wer sich bereits intensiv online informiert hat, benötigt eher eine tiefgreifende Beratung als ein erneutes Herantasten.

Nahtlose Erlebnisse schaffen

Was braucht es für ein schönes, reales Einkaufserlebnis? Radwege, ausreichend Parkplätze und eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr fallen einem sicher nicht als erstes ein. Aber die gute Erreichbarkeit ist ebenso entscheidend wie ein attraktives Warenangebot oder freundliches und kompetentes Verkaufspersonal. Und die Kompetenzvermutung kann nur dann erfüllt werden, wenn das Verkaufspersonal kundenspezifisches Know-how besitzt. Hier gilt es auf Augenhöhe mit dem Onlinehandel zu agieren. Mit der Gestaltung der Einkaufszonen haben es Händler zudem in der Hand, Kunden ein emotionales Erlebnis zu bieten. Das gilt auch für Dienstleistungen und das gastronomische Angebot. Die Lunchbreak im netten kleinen Bistro oder ein schneller Espresso bei kostenlosem Wlan im stylischen Café gehören ebenso dazu wie Parkservice oder Kinderbetreuung. Auch hier ist online von offline nicht klar zu trennen: Touchscreens oder interaktive Schaufenster sorgen für einen weiteren Erlebnisfaktor, der sich künftig noch um VR-/AR-Anwendungen erweitern lässt.

Die Last des Zahlens reduzieren

Zahlen gehört zu jedem Einkauf dazu, birgt jedoch oft Frustrationspotential. Mal ist nicht genügend Bargeld zu Hand, mal funktioniert eine EC-Karte nicht oder die Zahlung via Smartwatch wird nicht akzeptiert. Das führt zu mehr Last als Lust am Einkauf. Um Kunden an der Kasse richtig abzuholen, sollte man ihnen eine Vielzahl an Möglichkeiten bieten: Werden Coupons vorab freischaltet, digitale Kassenbons angeboten, die Kundenkarte integriert oder kontaktloses Zahlen ermöglicht, verhindert das auch die gefürchteten Kassenschlangen. Self-Checkout-Zonen sind dann eine willkommene Ergänzung.

Daten sinnvoll einsetzen

Wer seine Kunden kennt, weiß, wie man sie adressiert und passende Angebote macht. Und das Kennenlernen geschieht heute in beiden Welten – digitale und physische Touchpoints bieten das Potenzial zum Austausch mit den Kunden. Das gelingt mit der richtigen Datenerhebungen, die die Persönlichkeitsrechte wahrt. Ergänzend können anonymisierte Ansätze wichtige Insights generieren: Bereits heute kommt beispielsweise beim lokalen Shoppen Gesichtserkennung zum Einsatz – etwa für Retail Analytics. So können Händler Kunden in Cluster einteilen und nach einer sozialdemografischen Verteilung individueller und hyperpersonalisiert ansprechen. Auch die digitale Begleitung während des Einkaufs über Location-Based-Services und QR-Codes hilft dabei, Erkenntnisse zu gewinnen und macht das Kaufverhalten transparenter.

Die Customer Centricity ist Dreh- und Angelpunkt aller Maßnahmen. Kunden werden schließlich von allen Seiten umworben und um die Bequemlichkeit des Online-Shoppings auszugleichen, braucht es vom stationären Handel entsprechendes Engagement: Um sie zu erreichen, müssen Händler ihre Stärken ausspielen, indem sie echte Shoppingerlebnisse schaffen und diese gleichzeitig – der Digitalisierung sei Dank – zu verzahnten Multi-Channel-Experiences ausbauen.