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Omnichannel-Marketing 2022: Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick

Social Commerce, Mobile First und Connected TV stellt Werbetreibende vor neue Herausforderungen.
Anila Shah | 04.02.2022
Omnichannel-Marketing 2022: Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick © freepik / biancoblue
 

Die letzten zwei Jahre wurden fast alle Lebensbereichen stark von der globalen Pandemie beeinflusst. Infolgedessen hat sich bei den meisten Menschen eine neue Denkweise sowie ein verändertes Verhalten in Bezug auf persönliche Werte entwickelt. Neben einer veränderten Mediennutzung hat dies zu einem Paradigmenwechsel im Einkaufsverhalten geführt: Verbraucher:innen stellen höhere Anforderungen an die Sinnhaftigkeit und Authentizität einer Marken im Hinblick auf ihren Beitrag zur Gesellschaft und zum Thema Nachhaltigkeit. Dies spiegelt sich in ihren Kaufentscheidungen und in ihrer Markenloyalität wider. Um individuelle, effiziente und gleichzeitig vertrauenswürdige Nutzererlebnisse zu schaffen, ist eine hybride Ansprache der Verbraucher:innen, welche sowohl die digitale als auch die analoge Welt mit einbezieht, essenziell.

2022 werden Themen wie Social Commerce weiter Fahrt aufnehmen, der Bewegtbildtrend wird sich durch den andauernden Aufstieg von Videoplattformen wie TikTok ungehindert fortsetzen und die immer noch entscheidende Relevanz des perfekten Werbeumfelds wird in diesem Jahr wichtiger denn je.

Digital und Mobile Commerce: Die Zukunft des E-Commerce

Bereits in den letzten Jahren wurden wir Zeuge einer fortschreitenden Transformation des Handels. Soziale Plattformen wie Instagram, Facebook, Pinterest und TikTok haben als Touchpoint für ein nahtloses Einkaufserlebnis auf mobilen Geräten weiterhin erheblich an Bedeutung gewonnen und den „Social Commerce“ zu einem der wichtigsten Trends gemacht. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture gaben knapp zwei Drittel (64 %) der befragten Social-Media-Nutzer:innen an, mindestens einen Kauf via Social-Media-Shops getätigt zu haben. Durch die Verknüpfung von Produktsuche, Inspiration und dem finalen Kaufprozess auf einer Plattform, verlagert sich das Einkaufserlebnis der Nutzer:innen, denn ein Verlassen der Plattform ist nicht mehr nötig. Infolgedessen werden Werbetreibenden neue Wege zur Markenbindung und zum effektiven Kaufabschluss eröffnet.  Zusätzliche Trends wie „Community Commerce“, ausgelöst durch Influencer-Werbung sowie Live-Shopping-Events (z.B. während der Fashion-Weeks), werden hybride Einkaufsgewohnheiten noch stärker beeinflussen. Aus diesem Grund sollten Werbetreibende bei der Umsetzung von Omnichannel-Marketing-Strategien, unbedingt die Einbindung von Social Commerce in die Customer Journey berücksichtigen.

Mobile First wird zum allgemeinen Standard

Das veränderte Medienverhalten der Nutzer:innen wird vor allem dadurch gekennzeichnet, wie und wo einzelne Nutzer:innen Inhalte konsumieren. In der Pandemie ist das Smartphone zu einem noch engeren Begleiter avanciert, als es ohnehin schon war. App Annie, der führende Anbieter von mobilen Daten und Analysen, gab bekannt, dass Nutzer:innen deutlich mehr Zeit auf mobilen Endgeräten verbringen als vor einem linearen Live-TV-Gerät (The Evolution of Social Media Apps Report 2021).  Darüber hinaus gibt Statista an, dass Smartphone-Nutzer:innen weltweit im letzten Jahr durchschnittliche eine Stunde auf Sozialen Netzwerken verbracht haben, was die Relevanz von Social Commerce bestätigt (Statista App Market Outlook).

Der mobile Medienkonsum, der seit jeher als „second screen“ gilt, zieht einen erheblichen Teil der Aufmerksamkeit der Nutzer:innen auf sich. Auch Google hat längst darauf reagiert: Mit dem Mobile-First-Index trägt Google der „mobilen Revolution” Rechnung und bewertet Suchergebnisse ausschließlich anhand der Informationen, die auf der mobilen Version einer Webseite gefunden werden. Mit dem Fokus auf mobilen Geräten werden vor allem kurze Videoinhalte eine wichtige Rolle in der Werbung spielen, ebenso wie „Mobile Gaming“ einer der entscheidenden Trends in 2022 sein wird. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten der Nutzeransprache über die Marketer ihre Zielgruppen erreichen und aktivieren. Um Werbeplatzierungen passgenau auszuwählen, Zielgruppen effizient zu durchdringen und Nutzergruppen gezielt zu retargeten, müssen mobile Geräte und Apps, im Sinne des "mobile first” Gedanken, in den digitalen Inventarmix integriert werden.

Das Fernsehen von morgen: Connected TV ist auf dem Vormarsch

Immer weniger Menschen nutzen ihren Smart-TV ausschließlich für das klassische lineare Fernsehen. Stattdessen schauen sie sich verstärkt Streams und andere digitale Inhalte auf dem “big screen” an. Zudem ziehen lange Videoinhalte wie Instagram TV, Snapchat Commercials und sogar eine lange Sequenz von TikToks die volle Aufmerksamkeit der Nutzer:innen auf sich. So findet eine logische Verschiebung gelernter Konsumgewohnheiten statt, vom linearen Fernsehen hin zu fragmentierten Inventaren, insbesondere Connected TV (CTV). Laut einer Marktforschungsstudie von Magnite konsumieren CTV-Zuschauer:innen bereits jetzt fast genauso viele werbefinanzierte Inhalte wie beim linearen Fernsehen. Daher werden CTV-Werbeinhalte mit großer Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Nachfrage nach werbefreien Angeboten wie Netflix und Amazon überholen. Große Player wie ProSieben und AdAlliance planen aus diesem Grund in naher Zukunft ATV-Targeting auf CTV-Inhalten zu ermöglichen. Dadurch ergeben sich für Werbetreibende ganz neue Möglichkeiten: Durch Targeting-Optionen wie Interessen, Geo oder Cross-Device kann die gewünschte Zielgruppe viel direkter erreicht werden als mit herkömmlicher TV-Werbung. Aufgrund der steigenden Relevanz von CTV, erlangt Werbung auf dem „big screen” mehr Aufmerksamkeit, da Inhalte dem Lebensstil und der angepassten Mediennutzung der Zuschauer:innen entsprechen. So werden diese effektiv zum Kauf animiert, was neue Möglichkeiten für verkaufsorientierte Kampagnenansätze darstellt.

Audio- und sprachgesteuerte Touchpoints bieten weiterhin großes Potenzial

Die Relevanz von Audioformaten ist bekanntlich seit Längerem hoch: Laut der aktuellen OAM-Studie (Online-Audio-Monitor 2021), nutzen knapp zwei Drittel der deutschen Bevölkerung (64,1%) regelmäßig Online-Audio-Formate. Daher planen viele große Player die Einführung neuer audiogetriebener Lösungen und Formate, um auf die neuen Gewohnheiten des Medienkonsums zu reagieren. Eine Bestätigung dieses Trends ist bereits bei Amazon zu beobachten. Das US-amerikanische Unternehmen plant die Einführung einer Plattform zur Erstellung von Inhalten für Live-Radio Sessions. Aufgrund des großen Potenzials entstehen mit hoher Geschwindigkeit neue Plattformen oder Formate, wie z.B. eine Audio-App der New York Times, die wiederum ein schnelles Wachstum der Audio-Inventaroptionen ermöglichen wird. Somit werden Werbetreibende in der Lage sein, direkten Zugang zu den Nutzer:innen zu erhalten, da diese eine spezifische und selektive Auswahl treffen, wenn sie On-Demand-Audioinhalte wie Podcasts konsumieren. Damit Marketer 2022 das große Potenzial des Audiomarkts ideal nutzen, müssen ihre Kampagnenstrategien spezifische Audioansätze berücksichtigen und diese in den Marketingmix holistisch einbinden und neue KPIs zu nutzen, um die User Journey auf dem gesamten relevanten Inventar zu vervollständigen.

Ein passendes Werbeumfeld bleibt entscheidend

Eine Zukunft ohne Cookies wird bereits seit einigen Jahren vorausgesagt. Auch wenn der endgültige Verfall der Cookies nicht vor 2023 zu erwarten ist, tauchen ständig Alternativen und neue Methoden auf, um diese Lücke zu schließen. Diese Ansätze werden die Targeting-Möglichkeiten auch in diesem Jahr beeinflussen. Der Kern aller Maßnahmen besteht jedoch darin, für jeden Inhalt, jede Anzeige und jeden/jede Nutzer:in, das passende Werbeumfeld zu finden. Mit dem Aufkommen von Connected TV spielen nicht nur Log-in-Daten, sondern auch die richtige Betrachtungssituation oder das kontextuelle Matching von Premium-Inhalten und Anzeigen eine wichtige Rolle. Ein Überdenken der Zielgruppendefinition von rein soziodemografischen Merkmalen hin zu Mediennutzungsmodi, Geräten und inhaltsbezogenen Werbeumfeldern wird die Medienstrategien der Zukunft bestimmen und vorrausichtlich einen reibungslosen Übergang in die Post-Cookie-Ära schaffen.

Fazit

Werbetreibende werden 2022 eine teilweise veränderte Welt vorfinden, bedingt durch ein verändertes Nutzerverhalten in der Mediennutzung. Ein Trend, der uns auch 2022 beschäftigen wird und von großen Plattformen wie YouTube, TikTok und Instagram vorangetrieben wird, ist das Social Commerce. Daneben erlebt Connected TV zurzeit einen großen Boom und bietet viele neue Möglichkeiten für Werbetreibende. Neben dem Audiomarkt wird auch das passende Werbeumfeld weiterhin von großer Bedeutung sein. Denn es entstehen neue Möglichkeiten der individuellen Nutzeransprache über die Marketer ihre Zielgruppen erreichen und aktivieren können.  Um Werbeplatzierungen passgenau auszuwählen, Zielgruppen effizient zu durchdringen und Nutzergruppen gezielt zu retargeten, müssen diese Touchpoints in den digitalen Marketingmix integriert und kanalübergreifend harmonisiert werden.