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Customer Data Platforms für alle

In einer Werbewelt ohne Cookies führt kein Weg mehr an CDPs vorbei. Diese vier Typen, ihren Nutzen und häufige Missverständnisse müssen Sie kennen.
Matthias Postel | 01.08.2022
Customer Data Platforms für alle! © Freepik / user6309018
 

Customer Data Platforms (CDPs) sind das Heilsversprechen der digitalisierten Wirtschaft für den Wegfall der Cookies. Sie ermöglichen, den Verlust des präzisen Targetings auch anonymer, nicht eingeloggter User:innen zumindest annähernd aufzufangen und können in Kombination mit Identifizierungsanreizen sogar präzisere Ergebnisse bringen als Big Data.

Nachdem die Cookieless-Ära und Customer Data Platforms seit Jahren diskutiert werden, sollte man meinen, dass die meisten Firmen bereits damit arbeiten oder sich zumindest inhaltlich damit auseinandergesetzt haben, um sich dann begründet für oder gegen eine Anschaffung zu entscheiden.

Weit gefehlt: Wie jüngst eine – nicht repräsentative – Umfrage im Social-Media-Netzwerk der iCompetence GmbH zeigte, haben nicht nur die meisten Unternehmen noch keine CDP, ein ganzes Drittel hat sich mit dem Thema noch nicht einmal beschäftigt. Und während ein weiteres Drittel aktuell über eine Anschaffung nachdenkt, besitzt zwar das restliche Drittel der Befragten eine Plattform, doch nicht alle sind sich der Funktionen bewusst: Es besteht Aufklärungsbedarf!

Hier also alles, was Sie schon immer über CDPs wissen mussten:

Eine Customer Data Platform ist eine Software, die unterschiedlich angelegte Daten aus verschiedenen Quellen – mit Einwilligung gegebene Kundendaten, aber auch Engagement oder Behavioral Data – in einer gemeinsamen Basis eindeutig zusammenführt und strukturiert. Sie hilft, anonymisierte Daten mit mit Konsent gegebenen, personenbezogenen Daten zu vergleichen und die Daten so trotz der unterschiedlichen Quellen eindeutig und datenschutzkonform für verschiedene Zwecke nutzbar zu machen. Sie ist die zentrale Schnittstelle der Tool-Landschaft eines Unternehmens und ermöglicht eine optimierte Personalisierung und Datenqualität auch in Zeiten des Datenmangels.

Unterschieden wird zwischen verschiedenen Typen von CDPs, wobei noch Uneinigkeit herrscht, wo genau die Trennlinien zu ziehen sind. In der Regel hat sich zur Unterscheidung das 4-Typen-Modell durchgesetzt, manche differenzieren lediglich drei, andere ganze sechs Typen – je nach Automatisierungsstufen, KI-Bestandteilen, der individuellen Anpassungsfähigkeit der CDP und ihrer Anbieterabhängigkeit. Eine einheitliche Begrifflichkeit existiert ebenfalls noch nicht, doch lassen sich von Forrester* über Gartner** bis zum CDP Institute Parallelen in den Zuweisungen feststellen.

Gemeinsam ist allen Versuchen, den jeweiligen Anwendungsbereich und Nutzen der CDPs für die unterschiedlichen Voraussetzungen und Verwendungszwecke in Unternehmen darzustellen und auf diese Weise Orientierung bei der Anschaffung zu bieten, denn nicht jede CDP ist für jedes Unternehmen gleich gut geeignet. Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, zwischen diesen vier Typen von CDPs zu unterscheiden:

1. Der reine Daten-Hub

Auch Data CDP genannt und nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Smart Hub, den wir der vierten Kategorie (KI) zuweisen würden. Diese reinen Daten-CDPs führen als „Single Point of Truth“ Daten aus unterschiedlichen Kanälen und in unterschiedlichen Quellen zusammen und bereiten sie so auf, dass sie von verschiedenen Seiten wieder eindeutig ausles- und nutzbar sind.

2. Die Marketing Cloud CDP

Sie ist Teil des Marketing Toolstack eines einzelnen Anbieters und arbeitet daher optimal mit dessen Marketing Tools zusammen. Wer also bereits alles aus einer Hand hat, sollte auf der Suche nach einer geeigneten CDP auch bei demselben Anbieter nachfragen, denn hier entstehen im vorgefertigten Bereich die geringsten Reibungsverluste.

3. Das Toolkit

Dieser Bausatz ist eher etwas für IT-Profis. Er ermöglicht eine individuell auf die Bedürfnisse des Unternehmens zurechtgeschnittene CDP und kommt Sonderwünschen und speziellen Anforderungen entgegen. Da alles individuell zusammengestellt werden muss, erfordert es höhere technische Kenntnisse und bietet keine einfache Nutzeroberfläche, dafür ist es – mit entsprechendem Aufwand – der Maßanzug unter den CDPs.

4. Die KI-CDP

Wie intelligent soll es werden? Die Machine-Learning-basierten CDPs automatisieren nicht nur, sie arbeiten selbst „intelligent“, verbessern ihre eigenen Prozesse und wachsen in der Leistung mit der Nutzung. Etwas für alle, die mehr brauchen als nur eine Sammel- und Verteilerstelle.

Fazit

Es führt kein Weg daran vorbei, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, aber bitte informiert. Die Bedürfnisse des Unternehmens zu kennen, ist die wichtigste Voraussetzung für die Wahl der richtigen CDP. Dazu braucht es eine gute Kenntnis des Toolstacks und der künftigen Unternehmensziele und -strategie. Die CDP bildet Zentrum und Schnittstelle allen datenbasierten Handelns und aller Automatisierung. Wenn sie nicht passt, dann läuft auch der Rest nicht. Daher gilt: Nur eine individuell passende CDP ist auch die richtige CDP.

 

*Quelle: Now Tech, Customer Data Platforms, Q1 2022. … February 4, 2022. By Joe Stanhope with Emily Collins, Xiaofeng Wang, Cole Walsh, Christine Turley

**Quelle: Market Guide for Customer Data Platforms, 2 March 2022, ID G00725524, By Benjamin Bloom, Lizzy Foo Kune

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Über Matthias Postel

Der Business-Intelligence-Spezialist und Webanalyst Matthias Postel ist Gründer und CEO der iCompetence GmbH.

Kommentare

Torsten Schwarz

Mit einem professionellen E-Mail-Service-Provider arbeiten aktuell schon 78 Prozent der Unternehmen. Wann fangen die ESPs endlich an, erweiterte CDP-Funktionaitäten anzubieten? Und ist die Cookie-lose Zukunft wirklich Fakt? Eine starke Marke kann Besucher durchaus vom Vorteil der First-Party-Cookies überzeugen. Mit der Erweiterung der E-Mail-Adresse durch die Cookie-ID lässt sich die Customer Experience einfach und bequem verbessern.

Laurentius Malter

Die zentralen Fragen sind für mich: Welches Problem soll die CDP lösen? Und: welche unausgeschöpften Kundenpotentiale soll sie heben? Die (Data) CDP kann, richtig eingesetzt, die Datensilos (Verhaltensdaten, Web-Daten, App-Daten, E-Mail-Daten) in meinem Unternehmen auflösen, was es zu einem sehr mächtigen Werkzeug macht. Bekomme ich das umgesetzt? Für eine Campaign CDP benötige ich zwingend eine gute 1st Party Data & Campaign Strategie, um das volle Potential al la CLV zu heben. Zu dem Thema ESP mit CDP Funktionen: Schuster, bleib bei Deinen Leisten - ESP sind keine Data Management Companies.

Markus Wuebben

Customer Data Platforms profitieren aus meiner Sicht nur vom Wegfall des 3rd Party Cookies. Ursprünglich waren sie dazu gedacht, komplexe Daten in die Hände von nicht technischen Marketer:innen zu bringen, um spezifischere Segmentierungen über Kanäle und "verstreute" KundenIDs zu machen. Die Klassifizierung des Autors macht m.E. nach Sinn, allerdings muss man wirklich aufpassen: Einige Unternehmen sagen, dass sie eine CDP seien, haben aber eigentlich nicht die möglichen Data Management Fähigkeiten, die von einer CDP gefordert sind. Zur Adoptionsrate denke ich, dass einfach der Fokus bisher gefehlt hat, besseres CRM zu machen. Doch das hat sich in den letzten Monaten aufgrund der gestiegenen CACs/Marketingkosten rapide geändert. Jetzt gilt es mehr Wert aus 1st Party Daten und Kunden zu generieren. Hier wird die CDP eine sehr zentrale Rollen spielen.