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Datenanalyse: Grundlage für die personalisierte Kommunikation

Wer die Kommunikation mit seinen Kunden personalisieren möchte, benötigt Informationen über die Kunden.
Meinert Jacobsen | 27.11.2023
Datenanalyse: Grundlage für die personalisierte Kommunikation © freepik7
 

Fachartikel von Meinert Jacobsen und Peter Lorscheid

Denn die Kommunikation soll ja besser zum jeweils angeschriebenen Kunden passen als die Gießkannen- Kommunikation, bei der alle Kunden zum gleichen Zeitpunkt mit dem gleichen Medium und Inhalt kontaktiert werden. Auf diese Weise wird die Relevanz der Kommunikation für den Kunden erhöht, was der Kommunikation zu mehr Erfolg verhilft: Je nach Zielsetzung der Kommunikation wird der Kunde besser an das Unternehmen gebunden, zu mehr Käufen animiert oder zu einer Weiterempfehlung motiviert.

Unter Personalisierung soll in diesem Zusammenhang jegliches Vorgehen verstanden werden, die Kommunikation mit dem Kunden an den Interessen und Bedürfnissen des Kunden individuell auszurichten und spezifisch zu agieren. Dies betrifft insbesondere Produkt beziehungsweise Content, den Zeitpunkt und den Kanal der Kommunikation. Jede Personalisierung ist zunächst mit Aufwand verbunden, da Datenanalysen durchgeführt und Kommunikationsmedien modifiziert werden müssen. Dies gilt selbst dann, wenn die Personalisierung automatisiert erfolgt, da vermehrt Texte, Bilder und so weiter erstellt werden müssen. Daher kommt es auch darauf an, den optimalen Grad der Personalisierung zu finden, ab dem eine weitergehende Personalisierung nicht mehr effizient wäre.

Basis der Informationen, die zur Personalisierung verwendet werden sollen, sind Kundendaten. Jede Interaktion mit einem Kunden erzeugt Daten, sei es die erste Kontaktaufnahme eines Interessenten zur Anforderung von Informationen, der Kauf bestimmter Produkte im Point of Sale oder Webshop oder eine Beschwerde des Kunden beispielsweise auf einem Social-Media-Kanal. Diese Daten müssen in strukturierter Form aufbereitet werden, um sie für die Personalisierung der Kundenkommunikation nutzbar zu machen. So lassen sich mit diesen Daten verschiedene Arten von Analysen durchführen, mit denen sich ganz unterschiedliche Fragestellungen beantworten lassen, beispielweise die folgenden:

  • Operativ: Welches Produktsollte einem Kunden als nächstes prominent angeboten werden, weil er für dieses eine hohe Kaufwahrscheinlichkeit hat?
  • Taktisch: Bei welchem Kunden liegen die Voraussetzungen für eine anlassbezogene Trigger-Kommunikation vor?
  • Strategisch: Lässt sich der Kunde einer homogenen Gruppe von Kunden zuordnen, für die sich ein in sich stimmiges, auf diese Gruppe zugeschnittenes Ansprachekonzept entwickeln lässt

 

Antworten auf Fragen der operativen Ebene lassen sich meist automatisiert in Form eines modularen Baukastensystems in die Kommunikation einbauen, etwa das beworbene Produkt oder ein Rabatt in einer bestimmten Höhe. Das Kommunikationsmedium selbst bleibt dabei in seinem Grundgerüst unverändert. Möchte man hingegen die Ergebnisse von Analysen auf der strategischen Ebene in die Kommunikation einfließen lassen, so sind hiermit bestimmte Produktwelten, bevorzugte Kommunikationskanäle, Argumentationslinien, Bildwelten, Wordings und so weiter verbunden. Je umfassender diese Ansprachekonzepte durchdekliniert werden, desto klarer ist es, dass eine rein modulare Anpassung der Kommunikation nicht ausreichen wird. Die Personalisierung besteht hier in der Entwicklung klar voneinander abgegrenzten Ansprachekonzepten, die natürlich weiterhin – jetzt konzeptspezifisch – mit Detailinformationen befüllt werden müssen.

Datenquellen, Datenintegration und Datenaufbereitung

Grundlage der datengestützten Personalisierung sind die dem Unternehmen über die Kunden vorliegenden Daten. Hierzu gehören nicht nur die sogenannten Kundenstammdaten, sondern zum Beispiel auch Daten zur Kaufhistorie, zur Kommunikation mit dem Kunden sowie zum weiteren Verhalten des Kunden (zum Beispiel Zahlungsverhalten, Reklamations- und Retourenverhalten). Welche konkreten Informationen vorliegen und sich sinnvoll analytisch nutzen lassen, hängt unter anderem von Branche, Geschäftsmodell und Digitalisierungsgrad des Unternehmens ab. Grundsätzlich bietet es sich aber an, folgende Informationen zu nutzen (vergleiche Abb. 1):

Abb. 1: Datenquellen zur Erstellung von Kundenprofilen.

 

  • Kundenstammdaten: Hierzu zählen der Gewinnungsweg des Kunden (Kanal, gegebenenfalls auch Anlass und Inhalt), Alter und Geschlecht sowie der Über den Wohnort lassen sich mikrogeografische Informationen anreichern, beispielsweise die Kaufkraft und der Urbanitätsgrad des Wohngebietes. Auch die Entfernung zur nächsten Filiale kann von Bedeutung sein.
  • Kaufdaten: Von Interesse sind hier Kaufzeitpunkte, Umsätze und Deckungsbeiträge und die Art und Menge der gekauften Darüber hinaus können auch Kaufkanäle (Filiale, Onlineshop, Mobile), der Einsatz von Gutscheinen sowie Zahlungs- und Lieferwege interessant sein.
  • Verhalten: Für Newsletter-Empfänger sind ihre Reaktionen auf den Erhalt der Newsletter interessant: Öffnungen- und Klicks, wobei nicht nur deren Anzahl, sondern auch die jeweiligen Inhalte interessant Beim Kauf kann das Verhalten beim Kaufvorgang näher betrachtet werden, insbesondere wenn es im Webshop stattfindet und digitale Datenspuren hinterlässt. Von Interesse sind dann Verweildauern auf der Webseite, angesehene Produkte und insbesondere auch Abbrüche von Kaufvorgängen. Beim Social-Media-Verhalten können Kanäle, Frequenzen und Inhalte relevant sein.
  • Kommunikation: Sowohl die ausgehende Kommunikation des Unternehmens an die Kunden (Outbound- beziehungsweise Push- Kommunikation) als auch die eingehende Kommunikation der Kunden an das Unternehmen (Inbound- beziehungsweise Pull- Kommunikation). Für beide Arten der Kommunikation sind genutzte Kanäle, Zeitpunkte und Inhalte (zum Beispiel Anfragen, Bestellungen, Beschwerden) wichtige Informationen, die bei der Personalisierung genutzt werden können.

 

Neben diesen unmittelbar kundenbezogenen Daten sind in der Regel weitere Informationen relevant, um aussagekräftige Analysen zu ermöglichen:

  • Artikeldaten: Wie lautet die Bezeichnung des gekauften Artikels, zu welchen Warengruppen, Marken und Größen gehört er?
  • Filialdaten: Wie lautet die Filialadresse, wie lässt sich die Filiale hinsichtlich Lage beziehungsweise Umfeld, Erscheinungsbild, Größe, Eröffnungsjahr, Öffnungszeiten charakterisieren?
  • Werbemaßnahmen: Wann liefen Radio- oder TV-Kampagnen? Wann und wo wurden Werbeflyer verteilt und welche Produkte wurden darin beworben?
  • Externe Daten: Von außerhalb des Unternehmens können zum Beispiel Daten zum Wetter, zu relevanten Nachrichten oder über Wettbewerbsaktivitäten relevant sein.

 

Diese Daten liegen im Unternehmen meist nicht an einer Stelle vor. Es handelt sich um interne Daten aus Warenwirtschaft, Ressourcen- Planung (ERP), Kundenbetreuung (CRM), Web-Shop und so weiter. Hinzu kommen gegebenenfalls externe Daten. Diese Daten müssen aus den verschiedenen „Datensilos“ zusammengeführt und auf einen einheitlichen Standard gebracht werden.

Man spricht hier von Datenintegration. Dabei werden die Daten

  • von inhaltlichen und syntaktischen Fehlern bereinigt,
  • einer Qualitätssicherung unterzogen,
  • auf relevante Geschäftsbereiche und einen geeigneten Zeithorizont gefiltert,
  • in Bezug auf verwendete Kodierungen harmonisiert und
  • in für die Analysezwecke sinnvollem Umfang

 

Technisch lässt sich dies auf verschiedene Weisen realisieren; dies reicht von problemspezifischen Ad-hoc-Lösungen über Datamarts bis hin zu einem unternehmensweiten, einheitlichen Data Warehouse. Ein Analyse- Datamart kann dabei eine gute Kompromisslösung sein: Es handelt sich um einen auf die Analyse von Kundendaten bezogenen Auszug aus den vorhandenen Daten, für den die Datenintegration zweckbezogen umgesetzt wird.

Im Ergebnis entsteht eine für Kundenanalysen sinnvolle, inhaltlich widerspruchsfreie Sicht der Daten: ein „Single Point of Truth“. Hierauf aufbauend können die Daten dann je nach Analysezweck weiter aufbereitet werden. Kundenprofiler lassen eine 360-Grad-Sicht für jeden Kunden entstehen. Zur Erstellung der Kundenprofile werden die zusammengeführten Daten auf Kundenebene aggregiert, sodass für jeden Kunden stets ein aktuelles Profil aller relevanten Daten zur Verfügung steht.

Neben den Kundenstammdaten, die ohnehin auf Kundenebene zur Verfügung stehen, müssen die übrigen Daten geeignet aufbereitet werden. Aus den Kaufdaten lassen sich die RFM-Merkmale erzeugen (Recency= Zeit seit dem letzten Kauf, Frequency = Anzahl bisheriger Käufe, Monetary Value = kumulierter Umsatz des Kunden). Aber auch weitere Daten können hier wichtig sein, etwa der Durchschnittsbon des Kunden, der mittlere Kaufabstand oder die Umsatzanteile der verschiedenen Produktgruppen. Bei den Verhaltensdaten der Newsletter-Empfänger kann beispielsweise relevant sein, wie groß die Öffnungsrate des Kunden ist, wie lange der letzte Klick zurückliegt und wie sich die Klicks des Kunden thematisch auf die wichtigsten Themengebiete verteilen.

Anhand dieser wenigen Beispiele wird deutlich, dass ein derartiges umfassendes Kundenprofil eine große Vielzahl von Merkmalen enthalten sollte. Idealerweise greifen der Personalisierung dienende Analysemethoden wie zum Beispiel Kundensegmentierung oder Kündiger-Scorings auf die Daten dieses Kundenprofils zu, sodass die Segmentzuordnung des Kunden oder das auf dem Score basierende Abwanderungsrisiko stets aktuell erzeugt werden kann.

Neben der Kundensicht können weitere Datensichten angelegt werden, zum Beispiel eine Transaktionssicht (Aggregation der Daten auf der Ebene der Kaufvorgänge) oder Artikelsicht (Aggregation und Berechnung von KPIs je Artikel). Derartige Formen der Datenaufbereitung können relevant sein, wenn es darum geht, im Rahmen der Personalisierung konkrete Angebotsprodukte zu identifizieren, die einem Kunden angeboten werden sollten.

Geeignete Angebote finden mit Next-Best-Offer-Analysen

Neben einfachen Ansätzen der Personalisierung – wie persönlicher namentlicher Anrede, Einbindung der nächstgelegenen Filiale oder des zuletzt gekauften Produkts – spielt auf der operativen Ebene vor allem eine Rolle, dem Kunden ein für ihn attraktives nächstes Angebot zu machen. Gelingt dies, wird die Wiederkaufwahrscheinlichkeit gesteigert beziehungsweise der Kaufabstand verkürzt.

Ein wichtiges Instrument ist in diesem Zusammenhang eine Next-Best- Offer-Analyse. Hier wird geprüft, welche Zusammenhänge sich zwischen den Käufen verschiedener Produkte finden lassen. Denn diese erfolgen in der Regel nicht unabhängig voneinander. Kaufen zum Beispiel Kunden, die Produkt A kaufen, sehr häufig auch Produkt B, so lässt sich dieser Zusammenhang in Form einer Assoziationsregel beschreiben. Wie stark und zuverlässig die Zusammenhänge zwischen zwei Produkten sind, wird in der Regel anhand von drei Kennzahlen erfasst: Support, Confidence und Lift.

Der Support beschreibt den Anteil aller Kunden, für die eine bestimmte Warenkombination vorliegt – also den Prozentsatz aller Kunden, die sowohl Produkt A als auch Produkt B gekauft haben.

Die Confidence gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Produkt (Produkt B) gekauft wird, wenn ein anderes (Produkt A) ebenfalls gekauft wird. Die Confidence wird also berechnet, indem man die Anzahl aller Kunden, die sowohl Produkt A als auch Produkt B gekauft haben, durch die Anzahl der Kunden teilt, die Produkt A kauften (unabhängig davon, ob auch Produkt B gekauft wird oder nicht).

Abschließend ist der Lift der Faktor, um den sich die Wahrscheinlichkeit des Kaufes eines Produktes (Produkt B) erhöht, wenn das andere Produkt (Produkt A) gekauft wird. Hierzu dividiert man den Support der Produktkombination (Produkt A und B gekauft) durch den Support, der sich ergäbe, wenn der Kauf beider Produkte unabhängig voneinander wäre, also durch das mathematische Produkt der Supports der beiden einzelnen Waren.

Abb. 2: Assoziationsanalyse am Beispiel eines Zooversandhandels.

 

Abbildung 2 zeigt die Berechnung dieser Kennzahlen am Beispiel eines Zooversandhandels. Zwischen dem Kauf von Katzenfutter und Katzenstreu existiert offenbar ein positiver Zusammenhang. Jeder vierte Katzenfutter-Käufer kauft auch Katzenstreu. Der Lift liegt in diesem Fall beim Faktor 2,5: Während nur jeder Zehnte aller Kunden Katzenstreu kauft, sind es unter den Katzenfutter-Käufern 2,5-mal so viele. Die Assoziation von Katzenfutter und Fischfutter hingegen ist negativ: Fünf Prozent der Katzenfutter-Käufer kaufen auch Fischfutter. Der Lift liegt mit 0,625 unter 1, denn unter allen Kunden kaufen immerhin acht Prozent aller Kunden Fischfutter. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Katzen- und Fischfutter kauft, ist also vergleichsweise gering, sodass man einem Katzenfutter-Käufer proaktiv Katzenstreu (sofern er es nicht ohnehin schon gekauft hat) anbieten sollte, aber eben kein Fischfutter.

Im Onlinehandel werden derartige Resultate häufig in Anzeigen der Form „Andere Kundenkauftenauch“ oder „Wird oft zusammengekauft“ genutzt. Dabei ist es möglich, sich an Konfidenz, Lift oder einer Kombination aus beiden Kenngrößen zu orientieren, um geeignete Angebotsprodukte auszuwählen. Neben der Nutzung im Onlineshop können derartige Erkenntnisse auch in die Personalisierung von Kampagnen einfließen, indem im Werbemittel (zum Beispiel Newsletter) ein oder mehrere auf Basis der Analyse geeignete Produkte gezielt beworben werden. Auch in das Kundenprofil kann ein derartiges Next Best Offer integriert werden, sodass etwa ein Telefonagent bei einem Inbound- oder Outbound-Call dieses Produkt gezielt anbieten kann.

Weitere Modifikationen dieser Analyse sind möglich. So kann es sinnvoll sein, den zeitlichen Abstand zwischen dem Kauf zeitlich einzuschränken und/oder eine bestimmte Reihenfolge vorauszusetzen. Der Lift von Katzenstreu nach vorherigem Kauf eines Katzenklos ist vermutlich höher als umgekehrt. Durch solche Analysen wird es möglich, den Kunden passgenau und zum richtigen Zeitpunkt Folgeprodukte anzubieten.

Anlassbezogene Trigger-Kommunikation

Auf der taktischen Ebene spielen Daten unter anderem zur Aussteuerung einer anlassbezogenen Trigger-Kommunikation eine wesentliche Rolle. Die Personalisierung besteht in diesem Fall darin, dass der Kunde zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Kommunikation erhält, zu dem die Daten zur Vermutung Anlass geben, dass er zu diesem Zeitpunkt für die kommunizierte Botschaft besonders empfänglich ist. Die möglichen Trigger sind sehr vielfältig, aber immer datengetrieben, wobei die datenanalytische Komplexität des Triggers sehr unterschiedlich sein kann.

Datenanalytisch einfache Fälle sind zum Beispiel anlassbezogene Kundenansprachen zum Geburtstag oder Namenstag des Kunden. Hier muss in den Kundendaten lediglich der entsprechende triggernde Fakt vorhanden sein, also beispielsweise der Geburtstag des Kunden oder sein Namenstag, der sich aus einer entsprechenden Zuordnung aus seinem Vornamen ergibt. Der Anlass kann aber auch der Jahrestag eines gekauften Produkts sein, zum Beispiel ein Mailing zum Brillengeburtstag. Ähnlich wäre ein Mailing einzustufen, das auf dem letzten Buchungszeitpunkt einer Reise basiert: Wenn ein Kunde zuletzt im Dezember eine größere Urlaubsreise gebucht hat, ist es relativ plausibel, dass er dies wieder tun wird, sodass es sinnvoll sein kann, ihm zum Beispiel einen Monat, bevor sich dieser Buchungszeitpunkt jährt, ein Reiseangebot zu machen. Die ausgelöste Kommunikation wird in diesem Fall zeitnah zum triggernden Anlass ausgesteuert und sollte darüber hinaus auch inhaltlich personalisiert werden. Dies können beim Namenstag-Mailing zusätzliche Informationen zu seinem Namenstag sein, beim Reise-Mailing kann der Bezug auf die zuletzt gebuchte Reise und die Präsentation eines ähnlichen Angebots sinnvoll sein.

Komplexere Trigger basieren auf dem Vorliegen einer bestimmten Datenkonstellation im Kundenprofil. Dies können zum Beispiel Schwellenwerte eines bestimmten Merkmals sein, zum Beispiel eine bestimmte Umsatzgrenze wird überschritten, der Kunde hat eine bestimmte Anzahl von Käufen erreicht oder eine bestimmte Zeit lang keine Aktivität mehr gezeigt. Dabei können diese Schwellenwerte auch individuell angepasst werden, da unterschiedliche Produkte unterschiedliche Kaufzyklen haben und damit etwa die Länge der Inaktivitätsphase, die eine Kontaktaufnahme mit dem Kunden auslöst, von der Art der gekauften Produkte abhängen kann. So haben zum Beispiel Brillen unterschiedliche Kaufzyklen als Kontaktlinsen, ebenso wie Druckerkartuschen und Mobiltelefone.

Noch komplexere Trigger können auf Scorings basieren. Scorings bewerten die gesamte Datenkonstellation eines Kunden in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Aktivität des Kunden. Dies kann beispielsweise die Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufs zu einem bestimmten Zeitpunkt sein, etwa die Buchung einer Reise im Dezember. In diesem Fall fließt hier nicht nur die letzte Buchung des Kunden ein, sondern sein komplettes Kundenprofil, das seine vollständige Kaufhistorie und viele weitere Informationen enthält. Auch produktbezogene Scorings sind möglich und bilden die Wahrscheinlichkeit des Kaufs eines bestimmten Produktes ab, beispielweise bezogen auf bestimmte Reisearten wie Kreuzfahrten, Strandurlaub oder Städtereisen. So wird es möglich, den Kunden zum Zeitpunkt seiner maximalen Kaufbereitschaft mit dem passenden Produktangebot zu kontaktieren.

Abb. 3: Scoring am Beispiel des Kündiger-Scorings für ein Zeitschriften- Abonnement.

 

Kündiger-Scores (vergleiche Abb. 3) bilden das Risiko ab, mit der ein Kunde ein Dauerschuldverhältnis (zum Beispiel Liefervertrag eines Versorgers, Versicherungsvertrag, Zeitschriften-Abonnement) zu einem bestimmten Zeitpunkt beenden wird. Auf Basis zahlreicher Einflussmerkmale wird hier für jeden Kunden ein individuelles, zeitpunktbezogenes Kündigungsrisiko geschätzt. Dieses Risiko ändert sich mit der Zeit allein durch die Verlängerung der Abodauer, aber gegebenenfalls auch durch Aktivitäten des Kunden wie zum Beispiel das Auftreten einer Zahlungsunregelmäßigkeit. Hier kann der Trigger darin bestehen, dass das durch den Score ermittelte Kündigungsrisiko einen bestimmten Schwellenwert erreicht und dann eine bestimmte Kommunikation zur Verbesserung der Kundenbindung ausgelöst wird.

Je komplexer die datenbasierten Trigger sind, desto intensivere Analysen der Kundendaten sind erforderlich, um die entsprechenden Trigger zu finden und zu optimieren. So sollten bei einem einfachen Schwellenwert verschiedene konkrete Werte (zum Beispiel für die Länge der Inaktivitätsphase) analysiert und gegebenenfalls getestet werden, um den optimalen Schwellenwert zu finden. Scorings basieren auf aufwendigen Datenanalysen. Hier können Regressionsanalysen, neuronale Netze, Entscheidungsbäume und zahlreiche weitere Verfahren eingesetzt werden, um den Score zu entwickeln und damit die optimalen Trigger-Datenkonstellationen für eine bestimmte Situation zu definieren. Entscheidend ist für alle diese Verfahren eine umfassende Aufbereitung der Daten im Kundenprofil, denn alle diese Algorithmen können nur die Daten zur Analyse heranziehen, die ihnen das Kundenprofil bereitstellt.

Segmentierungen als Basis der Persona-Bildung

Die Kundensegmentierung ist ein primär strategisches Mittel, um die Personalisierung der Kommunikation voranzutreiben. Denn die rein operative Personalisierung im Sinne des Next Best Offer beschränkt sich auf die Anpassung der Kommunikation in der Form eine „Baukastensystems“: Namentliche Anrede, Rückbezug auf den letzten Einkauf, Einbau kundenspezifisch attraktiver Angebote mit passenden Textbausteinen, Bilder und Headlines und so weiter vergrößern zwar die Relevanz des Werbemediums für den Kunden. Doch der Grundtenor des Werbemediums und der Kundenansprache bleibt derselbe.

Abb. 4: Segmentspezifische Kundenansprache tritt an die Stelle der Gießkannen-Kommunikation.

 

Auf der strategischen Ebene muss es darum gehen, die Kommunikation ganzheitlich besser an die Kunden anzupassen. Gefragt ist eine Ansprachestrategie, die besser zum Kunden passt, als wenn alle Kunden quasi mit der Gießkanne auf die gleiche Weise angesprochen werden (vergleiche Abb. 4). Diese Strategie kann man nicht für jeden Kunden individuell erstellen und umsetzen. Vielmehr gilt es Gruppen von Kunden zu identifizieren, die in sich so homogen sind, dass sie sich für die Erarbeitung einer gemeinsamen Ansprachestrategie eignen. Eine solche Ansprachstrategie reicht vom Kommunikationsziel für diese Kundengruppe über geeignete Kommunikationskanäle, Anpracheanlässe, Werbemittelkreationen mit Nutzen- und Vorteilsargumentationen, Bildwelten und so weiter bis hin zu konkreten Produkten, die für diese Kundengruppen besonders attraktiv sind.

An dieser Stelle kommt die Kundensegmentierung zum Einsatz. Ihr Ziel ist es, Kundengruppen zu identifizieren, die in sich ausreichend homogen sind und sich untereinander deutlich voneinander abgrenzen. Die Segmentierung der Kunden erfolgt mittels Clusteranalyse. Diese nutzt die in den Kundenprofilen vorliegenden Informationen über die Kunden, um durch eine statistische Analyse trennscharf verschiedene Kundentypen zu identifizieren. Vor der Analyse werden in der Regel nur die Merkmale festgelegt, anhand derer die Cluster gebildet werden sollen. Die Auswahl der zu verwendenden Variablen aus den Bereichen Kundenstammdaten, Kaufhistorie, Verhaltensdaten und Kommunikationsdaten ist die wichtigste Determinante, um ein gutes Segmentierungsergebnis zu erzielen.

Denn auch hier gilt: Die statistische Clusteranalyse kann nur die Unterschiede herausarbeiten, die in den analysierten Kundendaten enthalten sind. Da es hier primär darum geht, verschiedene Kundentypen zu identifizieren und weniger darum, gute von schlechteren Kunden zu unterscheiden, spielen die hierüber Auskunft gebenden Daten eine wichtige Rolle: Welche Produkte und Marken wurden gekauft, sind die Käufe eher hochpreisig, wurden Rabatte und Gutscheine genutzt, für was interessiert sich der Kunde und so weiter.

Bei der Anzahl der Cluster muss der Analyst einen guten Kompromiss finden: Je mehr Segmente gebildet werden und desto kleiner sie sind, umso homogener sind sie auch. Im Extremfall würde dies jedoch dazu führen, jeden Kunden einzeln zu betrachten. Dies kann aber nicht das Ziel sein, wenn für jedes Segment eine passsende Ansprachestrategie entwickelt werden soll. Zu wenige Segmente führen zu Segmenten, die zu inhomogen sind. Denn dann sind sinnvolle segmentspezifische Ansprachestrategien kaum möglich. Ein guter Kompromiss zwischen der überschaubaren Clusteranzahl und der Homogenität der Segmente lässt sich mit dem sogenannten „Scree-Plot“ finden, in dem der Anteil der durch die Cluster erklärten Merkmalsvarianz gegen die Clusteranzahl abgetragen wird. Meist liegt die empfehlenswerte Anzahl der Segmente im Bereich von fünf bis zehn Segmenten.

Nicht immer ist jedoch die statistisch beste Anzahl an Segmenten auch die beste aus inhaltlicher und praktischer Sicht. Eine Segmentierung ist dann richtig gelungen, wenn sich Segmente hinsichtlich relevanter inhaltlicher Variablen unterscheiden. Diese Unterschiede müssen herausgearbeitet werden, sodass eine prägnante und treffende inhaltliche Beschreibung für jedes Segment entsteht.

Abb. 5: Beispielfüreine Personaim Bereich Tourismus (links) beziehungsweise Weinhandel (rechts).

 

Oft bietet es sich an, die Segmentbeschreibungen zu sogenannte Personas weiterzuentwickeln. Hierbei wird basierend auf der datenanalytischen Beschreibung der Segmente versucht, einen typischen Kunden dieses Segments herauszuarbeiten, einschließlich Wohnumfeld, Konsumverhalten, Kaufmotiven und so weiter (vergleiche Abb. 5). Mit konkretem Namen und Foto soll ein greifbares Bild des Kundentyps entstehen, das man bei der weiteren Arbeit mit den Segmenten vor Augen hat. Da nicht alle hierfür relevanten Informationen in den Daten der Kundenprofile vorhanden sein werden, können hier Kundenbefragungen weiterhelfen, um Hypothesen beispielweise zu den Kaufmotiven der Segmente zu verifizieren.

Wie lassen sich die gefundenen Segmente nun nutzen?

  • Priorisierung: Die Segmente sind unterschiedlich groß in Bezug auf die Zahl der Kunden und die Mit den Kunden nicht mehr per Gießkanne zu kommunizieren, bedeutet auch zu priorisieren. Interessant sind vor allem große Segmente mit vielen Kunden und solche, in denen die Kunden überproportional viel Umsatz machen. Oft lässt sich schon mit der Hälfte der Segmente 80 Prozent des Umsatzes abdecken; auf diese Segmente sollte besonderes Augenmerk gerichtet werden.
  • Ansprachestrategien: Je plastischer das Segment beschrieben ist, etwa in Form von Personas, desto besser lassen sich segment- spezifische Ansprachestrategien entwickeln: Welches primäre Kommunikationsziel soll für diese Segment verfolgt werden, über welche Kommunikationskanäle und Anspracheanlässe tritt man am besten mit diesem Segment in Kontakt, welche Nutzen- und Vorteilsargumentationen verfangen in dem Segment, wie sollte ein Werbemittel für dieses Segment aussehen (Bildwelt, Texte, angebotene Produkte und so weiter)?
  • Selektionen: Auf der taktischen Ebene können und sollten die Kunden nach Segment selektiert werden, denn nur so lässt sich gewährleisten, dass mit den Kunden dann auch gemäß der zu ihnen passenden Ansprachestrategie kommuniziert Dazu ist in allen Kundenprofilen die Segmentzugehörigkeit zu hinterlegen und regelmäßig zu aktualisieren, denn es kann vorkommen, dass ein Kunde sein Verhalten ändert und damit von einem in ein anderes Segment wechselt. Dieses Segmentzugehörigkeitsattribut kann dann bei der Selektion für segmentspezifische Kundenansprachen genutzt werden; auch für Telefonagenten kann es sinnvoll sein, wenn zu dem Kunden die Segmentzugehörigkeit angezeigt wird und segmentspezifische Gesprächsleitfäden zur Verfügung stehen.

    Fazit

    Vorstehend wurden einige Möglichkeiten aufgezeigt, die Kunden- ansprache datengetrieben zu personalisieren und damit für mehr Relevanz der Kommunikation bei den Empfängern zu sorgen. Zahlreiche weitere Analyseansätze sind möglich; sie darzustellen würde hier den Rahmen sprengen. Dabei geben alle Datenanalysen zunächst „nur“ Hinweise, in welcher Form die Personalisierung der Kommunikation – sei es auf der operativen, taktischen oder strategischen Ebene – die Kundenansprache verbessern könnte. Eine Assoziationsanalyse für das nächste Angebot, ein Scoring oder eine Segmentierung muss sich in der Praxis beweisen.

    Die aus den Datenanalysen entwickelten Personalisierungsansätze sollten daher zunächst getestet werden, um zu sehen, ob sie tatsächlich zum Erfolg führen. Dabei wird die bisherige Form der Kommunikation der personalisierten Version gegenübergestellt, indem die anzusprechende Kundengruppe in zwei Gruppen zufällig aufgeteilt wird, von denen eine die personalisierte und eine herkömmliche Kommunikation erhält. Erst wenn im Test die personalisierte Version signifikant besser abschneidet, sollte der mit der Personalisierung verbundene Mehraufwand auf alle Kunden angewendet werden.

 

Die Autoren:

Über Peter Lorscheid

Prof. Dr. Peter Lorscheid verantwortet beim Siegfried Vögele Institut als Teamleiter den Researchbereich Dialogmarketing, Presse und Identitäten.