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Drei Dimensionen der Personalisierung

Mehr Relevanz durch Personalisierung in der Kundenkommunikation
Stefanie Seifert | 11.12.2023
Drei Dimensionen der Personalisierung © freepik / phone-cafe
 

Als Unternehmen weiterhin relevant zu bleiben, wenn Kunden zu jedem Zeitpunkt, sowohl online wie offline, mit Werbebotschaften überschüttet werden, ist mehr als herausfordernd. Wichtiger denn je ist es deshalb, mit relevanten Inhalten herauszustechen, die genau auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Das Stichwort hier ist Personalisierung – und die beinhaltet weitaus mehr als die namentliche Begrüßung des Kunden im Standardnewsletter.

Echte Personalisierung ist kein optionales Sahnehäubchen im Marketing, sondern die Grundlage für eine nachhaltig erfolgreiche Bestandskundenkommunikation entlang der gesamten Customer Journey. Wie genau das in Theorie und Praxis funktioniert und warum Daten hier eine zentrale und entscheidende Rolle spielen, zeigt dieser Beitrag.

 

Personalisierung und die Bedeutung von Daten im Marketing 

Ziel der Personalisierung im Rahmen von Customer-Relationship- Management (CRM)-Maßnahmen ist es, Kommunikation individuell auf die Interessen und Bedürfnisse von Kunden zuzuschneiden und gleichzeitig überflüssige Kommunikation zu vermeiden [1]. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Personalisierung ist das Wissen über die Bedürfnisse des Kunden. Personalisierung ist damit untrennbar mit dem Sammeln und Analysieren von Daten verknüpft.

 

Herausforderungen im Hinblick auf die Personalisierung  

Trotz einhelliger Meinung, dass Personalisierung im Marketing und CRM eine zentrale Rolle spielt, berichten Entscheider regelmäßig, dass der Einsatz von Personalisierung nicht oder nur unzureichend stattfindet. Die meistgenannten Gründe: Eine fehlende Datenbasis, der technische Aufwand und die Befürchtung einer Ablehnung seitens der Kunden – als Reaktanz beispielsweise auf Hyperpersonalisierung (wie individuelle Pricing-Strategien) oder wegen eines Überdrusses an Kommunikation (zum Beispiel dem Stalking-Effekt im Retargeting) [2].

 

Die Vorteile und der Mehrwert von Personalisierung

Gut gemachte Personalisierung und die dadurch entstehende kundenzentrierte Ausrichtung findet zum Nutzen von Unternehmen und Kunden statt. Im Kern geht es darum, das Wissen über die Präferenzen des Kunden so zu nutzen, dass Relevanz in der Kommunikation entsteht und gleichzeitig unnötige Kontakte reduziert werden.

Die Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand: Kosten können eingespart und das Marketingbudget effizienter eingesetzt werden. Noch dazu wird ein Aufmerksamkeitsverlust durch zu viel unrelevante Informationen verhindert. So können durch einen personalisierten Newsletter oder Personalisierung im E-Commerce beispielsweise höhere Klick- und Conversion-Raten erzielt werden [4].

Kurzum, die Personalisierung stellt in der digitalen Kommunikation das Pendant zum Verkäufer auf der Fläche dar. Ein guter „Wegweiser“ im Dschungel der vielen Produktseiten und Möglichkeiten.

Personas – Segmente – Cluster

Schwerpunkt dieses Beitrages ist die Personalisierung mittels des Segmente-Konzepts, welches Kundengruppen mit situativ gemeinsamen Eigenschaften beschreibt. Segmente sind zu unterscheiden vom Konzept der Personas und von Kundenclustern. Im Folgenden werden die drei Konzepte näher beleuchtet und voneinander abgegrenzt, bevor im anschließenden Kapitel detailliert auf den operativen Einsatz von Segmenten zur Personalisierung eingegangen wird.

 

Das Persona-Konzept

Personas beschreiben prototypische Konsumenten mit ihren Bedürfnissen, Wünschen und Verhaltensweisen. Hintergrundinformationen zur Lebenswelt und zu persönlichen Einstellungen machen die Personas als Menschen greifbar und ermöglichen es, sich mit ihnen zu identifizieren. Die Erarbeitung einer Persona geht einher mit der Positionierung einer Marke und gibt Leitlinien für die Kommunikation, beispielsweise:

  • Welche Kundentypen erreicht man über unterschiedliche Kanäle wie Social Media oder Postwurf?
  • Welche Bildsprache vermittelt die Markenbotschaft des Unternehmens überzeugend?
  • Wie sollte das Produktportfolio oder die Gestaltung des Point of Sale aussehen, um der Kernzielgruppe in ihrer Lebenswelt gerecht zu werden?

Definiert man strategisch mithilfe der Personas eine Kernzielgruppe, kann die Kommunikation darauf ausgerichtet werden. Außerdem sind Personas geeignet, um prototypische Customer Journeys zu modellieren und damit das UX Design zu optimieren.

Personas werden in der Regel auf Basis von Befragungen ermittelt [weitere Informationen in 5]. Der Vorteil von Befragungen ist, dass Informationen über Meinungen und Wünsche von Konsumenten von ihnen selbst geäußert werden und damit mehr als nur Rückschlüsse aufgrund des Kaufverhaltens möglich sind. Andererseits besteht zwischen Personas und den vorliegenden Kundendaten in diesem Fall erstmal keine Verbindung. Für den operativen Einsatz sind die Personas deshalb ungeeignet. Hier bietet sich das Konzept der empirischen Kundencluster an.

 

Das Cluster-Konzept

Cluster werden datenbasiert gebildet. Kunden innerhalb eines Clusters sind sich hinsichtlich ihres Verhaltens und ihrer Präferenzen ähnlich. Zwischen den Clustern bestehen möglichst große Unterschiede. (In der Literatur wird das hier skizzierte Konzept von Clustern auch unter dem Label Kundensegmente beschrieben. In diesem Text wird zu einer besseren Abgrenzung der Konzepte analog zur Methode des Clustering von Kundenclustern gesprochen [Details zur Methodik finden sich in 6].)

Mittels Cluster-Algorithmus werden in sich homogene Kundencluster auf Basis von First-Party-Kunden- und Transaktionsdaten sowie Web- und Responseverhalten gebildet. Die Gemeinsamkeiten eines Clusters beschreiben den einzelnen Kunden, sind gleichzeitig aber auch Abgrenzung zu anderen Clustern. Es handelt sich hierbei um ein Multivariates Verfahren. In der Praxis hat es sich als geeignet erwiesen, fünf bis neun Cluster zu definieren.

Cluster dienen als Basis für Personalisierungsmaßnahmen, aber auch zu strategischen Zwecken. Bei der auf Cluster basierten Personalisierung gilt es, pro Cluster spezifische Kommunikationsstrategien zu erarbeiten – stets zugeschnitten auf die Kundenbedürfnisse, die das Cluster von den anderen unterscheidet. Gleichzeitig können je Cluster strategische Ziele definiert werden, wie eine Erhöhung des Warenkorbs, eine Erweiterung des Sortiments, eine höhere Kauffrequenz oder geringere Churn-Quote. Anhand der Cluster können Entscheidungen zur Sortimentsgestaltung getroffen werden.

 

Das Segmente-Konzept

Segmente – als drittes Konzept – bilden die feinste Möglichkeit, um Kundengruppen abzugrenzen und sind für den operativen Einsatz gedacht. Segmente sind kontextbezogen. Je nach Kontext können Kunden mehreren Segmenten angehören. Das ermöglicht eine zielgerichtete, kundenindividuelle Kommunikation und Angebotssteuerung.

Der Segmentierungsansatz beschreibt Kunden anhand mehrerer Dimensionen. Aus jeder der Dimension ergeben sich Segmente, die zur operativen Steuerung von beispielsweise Kommunikation, Content und Discounts eingesetzt werden. Ein Segment kann auf eine Dimension beschränkt sein, beispielsweise das Segment der wertigen „Bestkunden“, der online-affinen Kunden, der Food-only-Shopper et cetera. Ein Segment kann auch über mehrere Dimensionen gebildet werden, beispielsweise inaktive Online-Weinkäufer. Die Dimensionen des Segmentierungsansatzes werden in den folgenden Abschnitten ausführlich erläutert.

Die Datenbasis für Segmente bilden First-Party-Daten. Das erlaubt eine 1:1-Zuordnung zu den vorliegenden Kundendaten. Herangezogen werden dabei alle verfügbaren Daten – von Kundenstammdaten über Transaktionen/Buchungen bis hin zu Webtrackingdaten.

 

Wie sehen die drei Konzepte in der Praxis aus?

Zur Illustration der drei Konzepte soll ein fiktives Beispiel aus dem Handel herangezogen werden: Ein Händler vertreibt Textilware für Frauen und Männer über die Kanäle Online und stationärer Handel.

Eine Persona könnte hier „Brigitte“ sein. Brigitte ist Ende 40, verheiratet, zwei Kinder und lebt in einer Kleinstadt. Sie hat Spaß am Shoppen, probiert gerne Trends und findet ihre Inspiration in Zeitschriften. Mode unterstützt sie dabei, ihre Persönlichkeit zum Vorschein zu bringen. Beim stationären Einkauf ist ihr die persönliche Beratung besonders wichtig.

Ein mögliches Cluster: Die Geschenkkäuferinnen. In diesem Cluster finden sich vor allem Frauen, die Herrenmode kaufen. Ein Umsatzpeak findet sich häufig zur Weihnachtszeit – gerade im Dezember ist der Onlineanteil besonders hoch. Die durchschnittliche Geschenkkäuferin kauft zweimal im Jahr und gibt pro Kauf 89,70 Euro aus. Ein Großteil der Geschenkkäuferinnen bleibt seinem Kaufverhalten über lange Zeit treu.

Ein Segment sind Bestandskunden, die aus dem Damensortiment kaufen, die bevorzugt am Wochenende shoppen und dabei präferiert über den Webshop bestellen. Von diesem Kundentyp gibt es aktuell durchschnittlich 25.700 und sie sind durchschnittlich 31 Jahre alt. 97 Prozent sind weiblich. Kunden sind diesem Segment nicht dauerhaft oder exklusiv zugeordnet. Dieselben Kunden können auch dem Segment hochpreisige Businesskäufer zugeordnet sein.

 

Die drei Konzepte im Vergleich

Abb. 1: Vergleich der drei Konzepte Persona, Cluster und Segmente.

Während Personas sich für den strategischen Einsatz eignen, sind Kundensegmente für den operativen Einsatz geeignet. Cluster bilden ein Konzept ab, das sowohl operativ als auch strategisch genutzt werden kann. Die Datenbasis unterscheidet zwischen externen Daten für Personas (üblicherweise Befragungsdaten) und First-Party-Daten mit Kundenbezug für Kundencluster und Segmente. Hier gibt es jedoch keine klare Abgrenzung: So können beispielsweise Cluster durch Informationen aus einer Marktbefragung angereichert werden, oder Personas durch CRM-Daten validiert werden. Es gibt auch Fälle, in denen Personas mit den CRM-Daten nachgebildet werden können.

Inhaltlich können die Konzepte Ähnlichkeiten aufweisen, Cluster sind aber keine Replikation von Personas. Dies muss bei der Konzeption und Modellierung von Clustern beachtet werden. Es gilt: Cluster bilden Strukturen ab, die in den Daten zu finden sind. Dies ermöglicht den operativen Einsatz, da es eine direkte Zuordnung von Cluster zu einem Kunden gibt. Es kann sein, dass eine Persona-Beschreibung sich nicht in den Daten wiederfinden lässt.

Personas beschreiben einen typischen Nutzer beziehungsweise Kunden und sind damit unternehmensspezifisch. Trotzdem sind sie in der Regel allgemeiner gehalten als Cluster und Segmente, welche noch deutlich stärker unternehmensspezifisch sind. Ein weiterer Unterschied ist die Zuordnung von Kunden über die Zeit: Personas und Cluster sind eher zeitstabil, die Segmentzugehörigkeit eines Kunden verändert sich über die Zeit.

 

Sonderfall B2B

Im B2B-Bereich stellt die Abgrenzung von Personas zu Clustern nochmal einen Sonderfall dar. Hier beziehen sich Personas in der Regel auf Buying-Center-Rollen wie den Einkäufer, den Ingenieur, Anlagenplaner, Projektmanager, Nutzer/Entscheider et cetera. Das heißt, die Persona beschreibt eine Rolle und damit eine Person, während Cluster und Segmente sich auf Firmen beziehen. Cluster kann man hier nach Branche und Anwendungsfeld bilden. Segmente beziehen sich zum Beispiel auf Umsatzvolumen, Frequenz der Bestellungen, Affinität für digitale Produkte, Innovationsgrad et cetera.

Personalisierung auf Basis von Segmenten

Für die Personalisierung im operativen Kontext hat sich das Konzept der Segmentierung als am geeignetsten herausgestellt, daher wird im Folgenden näher auf dieses Konzept eingegangen und die Dimensionen, die im Segmentierungsansatz genutzt werden, anhand des Konzepts eines Zauberwürfels beschrieben.

Die Personalisierungsmöglichkeiten sind so vielfältig, wie die Bedürfnisse der Kunden. Der Zauberwürfel reduziert diese auf drei zentrale Dimensionen: Den Customer Lifecyle, den Kundenwert sowie die kundenindividuellen Präferenzen (Abb. 2).

Abb. 2: Das Zauberwürfelkonzept mit den drei Dimensionen Customer Lifecycle, Kundenwert und kundenindividuelle Präferenzen.

 

Der Customer Lifecycle

Der Customer Lifecycle beschreibt die Entwicklung des Kunden entlang seiner Kundenbeziehung vom ersten Kontakt über den ersten Kauf, hin zu einer aktiven Kundenbeziehung bis hin zu Abwanderung und Inaktivität. Diese Entwicklung ist nicht linear und kann in dynamischen Modellen in ihrer ganzen Komplexität abgebildet werden. Eine vereinfachte Darstellung konzentriert sich auf die Hauptphasen (Interessent, Neukunde, Bestandskunde, Inaktive). Entlang dieser leiten sich Kommunikationsziele ab: Heranführen an die Marke, Upselling, Retention und Reaktivierung (Abb. 3) [eine detaillierte Darstellung des Konzepts im Kontext datengestütztes Marketing in 3].

Abb. 3: Lifecycle-Phasen.

 

Die Lifecycle-Phasen können zur Personalisierung genutzt werden: Soll ein Neukunde beispielsweise an die Marke herangeführt werden, ergeben sich dadurch relevante Kommunikationsinhalte (Vorstellen der Marke, des Portfolios et cetera), geeignete Kanäle und das Timing der Kommunikation. Anhand des Lifecycles lassen sich wichtige KPIs ableiten:

  • Wie viele Neukunden entwickeln sich in einem definierten Intervall zum Bestandskunden?
  • Wie ist die Retention Rate?
  • Wie erfolgreich sind Reaktivierungsmaßnahmen?
  • Wie entwickelt sich die Größe des aktiven Kundenstamms (gewonnene Neukunden abzüglich abgewanderte Kunden)?

 

Der Kundenwert

Zwei Kunden in der gleichen Lifecycle-Phase können für das Unternehmen unterschiedlich wertvoll sein. Den Wert eines Kunden zu kennen, hilft, Marketingbudget optimal einzusetzen. Grundsätzlich gilt: Der Return-on-Marketing-Invest sollte in der Aussteuerung der Kommunikation optimiert werden. Dazu ist es wichtig zu wissen, in welche Kundengruppen wie viel Budget investiert werden kann. Auf Basis von First-Party-Daten lässt sich die Wertigkeit eines Kunden zuverlässig ermitteln. Nicht nur rückwirkend, sondern auch als Prognose für seine zukünftigen Aktivitäten.

Das Konzept des Kundenwerts dient einer wertbasierten Klassifikation von Kunden. Das Konzept kann branchenspezifisch anders aussehen. Im Handel lässt es sich beispielsweise am besten durch eine rollierende Umsatzprognose abbilden [Details zum Kundenwert und der Anwendung im Marketing finden sich in 7].

 

Die Präferenzen

Die dritte Dimension des Zauberwürfels bilden die Präferenzen des Kunden. Was nützt es einem Kunden mit hoher Umsatzerwartung jeden möglichen Inhalt zu präsentieren, in der Hoffnung, er würde darauf reagieren. Eine hohe Wertigkeit von Kunden geht zwar häufig auch mit einer breiten Nutzung des Sortiments einher, die Bedürfnisse wertiger Kunden können sich aber stark unterscheiden.

Die Abbildung von Präferenzen kann technisch gesehen als Kennzeichen oder Scoring gelöst werden. Die einfachste Möglichkeit bilden ja/nein- Kennzahlen wie „Kunde hat bereits online gekauft“. Hier ist jedoch wenig Differenzierung zwischen den Kunden möglich und es bildet zudem eine rückwärtsgewandte Sicht ab. Besser geeignet sind deshalb Scorings, die die Kaufwahrscheinlichkeit oder auch Umsatzerwartung für ein Sortiment oder eine Verkaufsform darstellen. Diese sind in die Zukunft gerichtet und ermöglichen eine differenzierte Abstufung.

Abb. 4: Beispiele möglicher branchenspezifischer Kundenpräferenzen.

 

Die Selektion mit dem Zauberwürfel  

Anhand der drei Dimensionen des Zauberwürfels lassen sich nun kleinteilige Kundensegmente bilden. Diese sind immer kontextbezogen: Ein Kunde kann sowohl in mehreren Segmenten gleichzeitig sein als auch seine Zugehörigkeit zu Segmenten über die Zeit verändern (Abb. 5).

Abb. 5: Die Selektion mit dem Zauberwürfel.

Wird nur eine der Dimensionen zur Selektion verwendet, so ergeben sich Kundengruppen, die sich zwar hinsichtlich weiterer Merkmale unterscheiden, aber sich in der für das Kommunikationsziel relevanten Eigenschaft ähneln. Ein Beispiel hierfür ist die Selektion aller Neukunden für eine Willkommensstrecke oder die Selektion aller Schnäppchen- affinen Kunden für ein breit angelegtes Abverkaufs-Mailing.

Häufig ist es dennoch sinnvoll, weitere Dimensionen hinzuzuziehen und die Selektion damit spitzer zu machen. Oder bildlich gesprochen: Statt nur einer Scheibe des Würfels gezielt einzelne Elemente in den Fokus zu nehmen. So könnte man aus dem genannten Abverkaufs-Mailing Kunden mit einer Präferenz zu hochpreisigen Luxusartikeln ausschließen.

 

Die Selektion anhand des Zauberwürfels im Praxisbeispiel

Zur Illustration der Selektion mit dem Zauberwürfel greifen wir auf das Beispiel aus dem vorhergehenden Abschnitt zurück. Konkret geht es um den Anlass Warenkorbabbruch-Mailing (WKA).

WKA oder das Warenkorbabbruch-Mailing ist ein Triggermailing. Das heißt, der Zeitpunkt des Versands ist nicht fix, sondern wird durch die Aktion des Kunden (konkret: der stehengelassene Warenkorb im Webshop) ausgelöst. Kunden mit Warenkorbabbruch sind an sich schon eine recht eng definierte Zielgruppe, aber der Segmentierungsansatz ermöglicht es, die Kampagne weiter zu personalisieren.

Die Kunden mit Präferenz zum Wochenendeinkauf erhalten den WKA- Anstoß erst am darauffolgenden Wochenende, also bis zu sieben Tage versetzt. Andere Kunden erhalten den Anstoß früher. Diese Unterteilung führt erfahrungsgemäß bereits zu einer signifikanten Steigerung der Conversion Rate.

Es können aber noch weitere Dimensionen des Zauberwürfels genutzt werden: Abhängig vom Kundenwert, kann wertigen Kunden der WKA auch als personalisiertes Printmailing zugesendet werden, während in niedrigen Kundenwertklassen die Ansprache per E-Mail bevorzugt wird.

Die Lifecycle-Dimension dagegen kann herangezogen werden, um den WKA beispielsweise noch mit einem Neukundenrabatt zu versehen. Bei Bestandskunden kann die Gutschein-Affinität für die Auswahl eines Incentives herangezogen werden. So ergeben sich höchst individuelle Ansprachen, die genau auf die aktuellen Präferenzen des Kunden abgestimmt sind. Für die technische Umsetzung empfiehlt sich hier eine Marketing-Automation-Lösung, auf die in den Praxistipps noch näher eingegangen wird.

Tipps für die Praxis

Damit eine erfolgreiche Segmentierung und damit Personalisierung gelingen kann, gibt es ein paar Dinge zu beachten. Unsere Tipps für die Umsetzung:

Lernen Sie Ihre Kunden kennen

Personalisierung bedeutet, die Interessen und Bedürfnisse des Kunden zu berücksichtigen. Sind diese aber überhaupt bekannt? Zu Beginn der Personalisierungs-Roadmap steht das Verständnis dafür, wer die Kunden überhaupt sind und was den Kundenstamm ausmacht. Es empfiehlt sich, eine Kundenstrukturanalyse zu machen, die Fragen beantwortet wie:

  • Wie groß ist die Menge aktiver Kunden?
  • Wer ist kontaktierbar?
  • Wie sauber sind die Daten?
  • Wie gut ist die Kundenbindung?

Hieraus lassen sich bereits Quick-Wins ableiten und die relevanten Dimensionen für Personalisierung ermitteln.

 

Von der Selektion aus denken versus vom Kunden aus denken

Haben Sie eine Kommunikationsmaßnahme geplant, hilft Ihnen das Konzept der Kundensegmente, die richtigen Kunden für diese Maßnahme zu selektieren (beispielsweise: Welche Kunden sollten den Katalog mit der neuen Sommerware erhalten?). Damit maximieren Sie den Erfolg Ihrer Maßnahme. Noch besser ist es aber, Sie drehen den Fokus um und suchen nicht die richtigen Kunden für die Maßnahme, sondern gestalten die richtige Maßnahme für die Kunden. Welches die richtigen Maßnahmen sind, ergibt sich aus der Analyse des Kundenverhaltens (siehe Punkt: Lernen Sie Ihre Kunden kennen).

 

Automatisierung ist der Schlüssel zur Personalisierung

Aufgrund der Vielfältigkeit der Kundenbedürfnisse und der Individualität einzelner Customer Journeys führt Personalisierung – zu Ende gedacht – zu einer individuellen 1:1-Kommunikation. Dieses Maß an Komplexität ist nur durch eine hohe Automatisierung handhabbar. Greifen Sie hier auf Automatisierungstools für die Ausspielung zurück und nutzen Sie in der Content-Erstellung das Baukastenprinzip: Idealerweise gibt es viele Bausteine und mögliche Actions, aus denen dann datengestützt die Next Best Action ausgewählt wird.

Insbesondere für die Trigger-Kommunikation ist die Automatisierung unerlässlich. Ein Beispiel für einen erfolgreichen Trigger ist der Warenkorbabbruch. Der Zeitpunkt der Ansprache wird allein durch den Kunden vorgegeben. Die Inhalte der Ansprache können durch das Wissen der Kundenpräferenzen ergänzt werden. So muss eine Warenkorbabbruch-Mailing nicht bloß den Hinweis auf das stehengelassene Produkt enthalten, sondern kann durch individuelle Produktempfehlungen ergänzt werden.

 

Schaffen Sie einen strategischen Rahmen

Personalisierung ermöglicht eine große Vielfalt in der Ansprache von Kunden. Automatisierung hilft, diese Vielzahl an Möglichkeiten handhabbar zu machen. Damit das Ergebnis für den Kunden jedoch zu einer – über die gesamte Customer Journey hinweg – schlüssigen Ansprache wird, bedarf es eines roten Fadens und einer Kontrolle darüber, wie viele Kontakte zu welcher Zeit an den Kunden herausgehen. Eine CRM-Strategie setzt die Leitplanken für eine gelungene und orchestrierte Kommunikation.

 

Fail Fast, Test and Learn   

Personalisierung ist datenbasiert und ihr Einsatz sollte genauso datenbasiert begleitet werden. Nicht jede Maßnahme funktioniert in jedem Unternehmen, aber der schnellste Weg zu einer Optimierung sind Testansätze. Neue Personalisierungsansätze sollten in einem A/B-Test gegen eine neutrale Variante oder alternative Varianten getestet werden. Achten Sie dabei nicht nur auf den Gesamterfolg. Es kann durchaus sein, dass Maßnahmen für ein Kundensegment gut funktionieren und für andere nicht.

 

Denken Sie entlang der gesamten Customer Journey

Die personalisierte Bestandskundenkommunikation ist nur ein Teil der Touchpoints, die ein Kunde mit dem Unternehmen entlang seiner Customer Journey hat. Damit Personalisierung gelingt, sollten unterschiedliche Kanäle ein gemeinschaftliches Bild abgeben.

Bekommt ein Kunde in einer personalisierten E-Mail Produktvorschläge, die im Webshop bereits ausverkauft sind oder unterscheiden sich die Preise in der E-Mail und dem Webshop, so kann dies zu Frustration führen. Dies kann durch Business-Layer in den Personalisierungstools verhindert werden.

Ein weiteres Beispiel für den Bruch innerhalb einer Customer Journey: Der Kunde wird über mehrere Kanäle in unterschiedlicher Tonalität und mit unterschiedlichen Botschaften angesprochen. Stellen Sie deshalb Kommunikations-Guidelines auf, an die sich auch personalisierte Maßnahmen bindend halten müssen (siehe CRM-Strategie).

 

Fangen Sie an 

Der letzte Praxistipp ist so simpel wie wichtig: Fangen Sie an. Für die Anwendung des Zauberwürfelkonzepts bedarf es einer guten Datenbasis und der Implementierung von analytischen Konzepten. Eine gute Datenbasis ist das A und O für Personalisierung.

Sollte diese noch nicht vorliegen, beginnen Sie, Daten zu sammeln und zu konsolidieren. Liegen Daten bereits vor, nähern Sie sich den Dimensionen des Zauberwürfels Schritt für Schritt an. Hier gilt: Auch der Einsatz einzelner Dimensionen kann Ihren Marketingerfolg erhöhen. Orientieren Sie sich bei der Implementierung der Segmente an den für Sie wichtigsten Dimensionen.

 

Checkliste Personalisierung in drei Dimensionen

Sie möchten nun mit der Personalisierung starten? Diese Checkliste hilft Ihnen dabei, zu beurteilen, wo Sie stehen und was Ihnen noch fehlt.

Abb. 6: Checkliste Personalisierung in drei Dimensionen.

Literatur

(1) Gleich, U. (2009): Personalisierte Kommunikation und Customer Relationship Management. Media Perspektiven, 3, S. 148-153

(2) Stüber,E., Hudetz, K. (2017): Praxis der Personalisierung im Handel. Springer Fachmedien, Wiesbaden

(3) Schulte, S. (2015): Customer Lifecycle und Customer Value – mit optimierten Daten zu optimierter Kundenkommunikation. In: Schwarz, T. (Hrsg.): Big Data im Marketing. Chancen und Möglichkeiten für eine effektive Kundenansprache, S. 196-206, Haufe Gruppe, 2015

(4) Gieza M., Kölmel B., Glaser P. (2021): Personalisierung Welche Vorteile bietet sie?, Hochschule Pforzheim

(5) Burkholz, R. (2017): Entwicklung einer Buyer Persona. In Marketing und Sales Automation, S. 49-58, Springer Gabler, Wiesbaden

(6) Gossens, T.(2000): Nutzungsbasierte Kundensegmentierung. In Data Mining im praktischen Einsatz, S. 143-180, Vieweg+ Teubner Verlag

(7) Krämer, A., Burgartz, T. (2022): Kundenwertigkeit: Zwischen ABC- Analyse und Customer Lifetime Value (CLV). In: Kundenwertzentriertes Management, Springer Gabler, Wiesbaden.