Re-Branding: Woran erkennen Marken, dass es Zeit für einen Relaunch wird?
2023 wagte Twitter den großen Schritt und versuchte sich an einem Re-Branding inklusive neuem Namen. Damit ist das Unternehmen nicht allein. Auch andere bekannte Namen wie Google, Tupperware und der Batteriehersteller Energizer vollzogen in den letzten Jahren eine Änderung in ihrem Unternehmensauftritt. Aber warum ändern Marken plötzlich ihr Gesicht, dass sie über Jahre hinweg mühevoll aufgebaut haben? Der Autor hat etliche Re-Branding-Prozesse begleitet und geht dem richtigen Zeitpunkt für eine Markenanpassung anhand von realen Beispielen auf den Grund.
Gründe für ein Re-Branding: Wann die eigene Marke einen Neustart braucht
Die Entscheidung, das eigene Branding zu aktualisieren, kann auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein. Diese sind sehr verschieden und das Ganze ist oft eine Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen. Jedoch gibt es einige Klassiker unter den Gründen, aus denen ein Re-Branding am häufigsten oder deutlichsten nötig wird.
1. Veraltete Außendarstellung
Die meisten Designänderungen erfolgen, weil das bestehende Erscheinungsbild als veraltet wahrgenommen wird. Klarer, frischer und zeitgemäßer zu sein bedeutet, dass Kunden das Unternehmen als modern und innovativ betrachten. Aber auch Veränderungen im Vertrieb und Konsumverhalten bewirken, dass das alte Design möglicherweise nicht mehr funktioniert, z.B. an neuen digitalen Touchpoints. Es ist also nicht das Alter an sich, das ein Redesign rechtfertigt, sondern die kommunikativen Schwächen, die in neuen Kontexten auftreten und ein Update erfordern. Dies galt auch für Tupperware. Das Unternehmen, das für sein berühmtes Produkt – die Tupperdose – bekannt ist, unterzog im Jahr 2018 sein Corporate Design einer Modernisierung. Das Ziel war es, das Erscheinungsbild klarer, frischer und aufgeräumter zu gestalten. So entstand ein minimalistischer und moderner Stil, der besser zum zeitgenössischen Geschmack der Kund:innen passt – und zur aufgeräumten Küche durch die kleinen Organisationshelfer von Tupperware.
2. Wachstum und Internationalisierung
Das Corporate Design spielt bereits bei der Gründung eine wichtige Rolle, jedoch passen viele Unternehmen dieses nachträglich noch an. Beispielsweise kann es im Zuge des Formen-Wachstums passieren, dass das ursprüngliche Branding den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. So war es beispielsweise auch bei Airbnb der Fall. Die Plattform zur Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten wurde unter dem Namen “Airbed and Breakfast” gegründet. Nachdem die Seite immer mehr Zulauf erhielt und dort nicht mehr nur Luftmatratzen, sondern ganze Zimmer und Wohnungen zur Miete angeboten wurden, kürzte das Unternehmen seinen zunächst etwas sperrigen Namen auf airbnb.
3. Gesunkene Konkurrenzfähigkeit
Wenn das Wachstum der eigenen Marke ins Stocken gerät, während das Konkurrenzunternehmen an Popularität gewinnt, kann ein Re-Branding unter Umständen neuen Schwung ins Geschäft bringen. Für den Batteriehersteller Energizer funktionierte diese Strategie. Das Design der Produktverpackung in ihrer orange-schwarzen Farbgestaltung ähnelte denen der Konkurrenten Panasonic und Duracell ausfallend stark. Auch die weiße Schriftfarbe und das rosa Häschen als Maskottchen erinnerten an die des Wettbewerbers Duracell. Um sich besser zu differenzieren, änderte Energizer daher sein Verpackungsdesign grundlegend. Nun hebt sich die Verpackung durch ihre silber-graue Färbung und die schwarze Schriftfarbe stark von denen der Konkurrenten ab. Der Fokus des neuen Designs liegt verstärkt auf dem Maskottchen, was der Verpackung ein besonderes Alleinstellungsmerkmal verleiht. Ein visuelles Update kann dabei helfen, Alleinstellungsmerkmale oder Stärken des Angebots auf eine attraktive, einfache und bildliche Weise zu kommunizieren. In einer Zeit, in der nur noch wenige Menschen lange Texte lesen, erweist sich die Bildsprache als äußerst hilfreich, um auf einfache Weise zu vermitteln, warum man genau diese Marke kaufen sollte.
4. Fehlende Konsistenz im Design
Marken prägen sich oft auf eher unauffällige Weise ein – sei es beim Vorbeigehen an Plakaten, dem Scrollen durch Anzeigen oder dem bloßen Anblick eines Logos. Wenn das Erscheinungsbild einer Marke bei jeder Begegnung unterschiedlich ist, fällt es schwer, sie schnell wiederzuerkennen. Mit jeder wiederholten Begegnung steigt nicht nur die Bekanntheit, sondern auch die Sympathie für die Marke. Daher ist die Konsistenz im Erscheinungsbild einer Marke von großer Bedeutung, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Mit seinen vielen unterschiedlichen Diensten wie Drive, Maps oder Mail, hatte auch Google lange Zeit Schwierigkeiten, ein einheitliches Design zu kreieren. 2020 löste das Unternehmen dieses Problem, indem für alle Icons der Dienste ein homogenes Design entwickelt wurde. Das Re-Branding zielt darauf ab, Googles Markenfarben in die Logos zu etablieren, um die Zusammengehörigkeit aller Dienste zu betonen.
5. Korrekturen am Markenimage notwendig
Wenn Kund:innen und potenzielle Bewerber:innen falsche Assoziationen mit dem Unternehmen verbinden, ist ein Re-Branding ratsam. Eine strategisch durchdachte und glaubwürdige Branding-Strategie bietet die Möglichkeit, dass Stakeholder das Unternehmen aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Ein Unternehmen, das mit eben diesem Problem konfrontiert war, ist die Merck KgaA aus Deutschland. Obwohl es lange Zeit hauptsächlich als Pharmaunternehmen bekannt war, bedient Merck auch andere Geschäftsfelder wie Life Sciences und Elektronik. Mit der revolutionären Neugestaltung ihres Markenauftritts im Jahr 2015 gelang es ihnen, unter anderem durch eine abwechslungsreiche Farbgestaltung, die Vielfalt des Unternehmens nach außen hin sichtbar zu machen und die Wahrnehmung von Merck Deutschland erfolgreich zu korrigieren.
6. Firmenübernahme
Wenn aus fusionierenden Unternehmen ein neues hervorgeht, ändern sich häufig auch Firmenname und Strategie. Dabei geht es nicht nur um ein neues Erscheinungsbild. Bei der Integration eines Unternehmens müssen zahlreiche Inhalte in das neue Branding überführt werden. Ein neues Branding kann auch dazu beitragen, bei Zusammenschlüssen eine gemeinsame Identität zu schaffen. Ein Beispiel für ein gelungenes Re-Branding ist Viag Interkom, das nach seiner Übernahme durch die British Telecom zu O2 wurde. Dieses Re-Branding verlieh dem Mobilfunkanbieter nicht nur einen neuen Look, sondern steigerte auch seine Bekanntheit.
Wann ist ein Re-Branding nicht zu empfehlen?
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen ein Rebranding nicht zu empfehlen ist, wie das Beispiel von Twitter zeigt. Obwohl das Re-Branding mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Plattform in Elon Musks Universum zu integrieren, brachte die Umbenennung zu X lediglich einen erheblichen Verlust des Markenwerts. Das Hauptproblem bestand darin, dass es sich bei Twitter bereits um eine etablierte Marke handelte, die sogar bereits die Entstehung eines Verbs begründet hat – twittern. Ein ähnliches Schicksal erlitt der Getränkehersteller SiSi-Werke mit seinem Erfrischungsgetränk CapriSonne. Dieser benannte das beliebte Produkt in Caprisun um, um eine internationale Ausrichtung zu signalisieren. Doch dieser Name war ebenso ein bedeutendes Markenasset wie die ikonische Verpackung. Daher wurde die Umbenennung von Seiten der Verbraucher weniger positiv aufgenommen.
Fazit: Ein strategisches Re-Branding braucht klare Ziele
Ein Re-Branding kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, aber in jedem Fall erfordert es eine gut durchdachte Strategie. Diese sollte klar definieren, welche Ziele erreicht werden sollen. Oftmals reicht eine Evolution anstelle einer Revolution aus. Es gilt, die Marke für neue Anforderungen zu optimieren, ohne dabei gleich alles zu verändern. Es ist entscheidend, bei einem Re-Branding im Auge zu behalten, welche Elemente des Unternehmens und der Marke gleich bleiben müssen und welche Änderungen sinnvoll sind. Bei diesem Prozess ist es wichtig, nicht einfach den aktuellen Trends zu folgen, sondern Ästhetik und Funktion zu vereinen. Eine konsistente Markenidentität in Verbindung mit Raum für Variabilität ist der Schlüssel zum Erfolg.