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Podcaster im Marken-Focus

Podcasts sind der neue Online-Hype. Gerade junge Nutzer fahren auf die aus dem Internet ladbaren Audio- und Videodateien ab. Bei Medienunternehmen und Markenartikler keimt nun die Hoffung, über diese Formate neue oder bereits verloren geglaubte
deleted deleted | 12.10.2006

Zielgruppen wieder zu erreichen. Noch sind sich die Medien Experten uneinig: handelt es sich bei Podcasts um eine Übergangstechnik oder ein neues Geschäftsmodell. Fest steht: Podcasts sind die Vorzeichen einer neuen Kommunikationsepoche, der individualisierten on-demand Kommunikation. Gerade bei etablierten Medienunternehmen schrillen derzeit die Alarmglocken: Zeitung und Radio werden besonders bei jüngeren Menschen zunehmend durch das Internet verdrängt. 25 Prozent der 14- bis 19-Jährigen hören überhaupt kein Radio mehr. „Die Unternehmen müssen sich dieser Herausforderung annehmen“, forderte unlängst Georg Maas, Bereichsleiter Neue Medien beim MDR. Erste erfolgreiche Gegenmaßnahme in seinem Haus: Durch das Bereitstellen von Podcasting-Angeboten auf der Homepage ist es dem MDR gelungen, 36 Prozent neue Nutzer zu erreichen. Während Verlage noch rätseln, beginnen die Marketer zu testen. Seit dem Frühjahr entstehen immer neue Kampagnen, die auf Podcasts setzen. Fakt ist jedoch: Podcasts sind kein Medium zur Massenansprache, in Punkto Reichweite können sie nicht mit TV-Spots oder Online-Werbekampagnen konkurrieren. „Schlaflos in München“ beispielsweise, einer der erfolgreichsten regelmäßigen Podcasts, erreicht knapp 7000 Nutzer. Deshalb bleiben Experten kritisch: Dr. Nils Andres, Geschäftsführer des Brand Science Institute, hegt die Befürchtung, dass der Markt sich nicht entwickele. „Viele Marketingleiter hängen der traditionellen Denke nach, die vor allem auf Reichweite ausgerichtet ist.“ Für den Marketer sei es schwierig zu rechtfertigen, dass er zwar durch Podcasts womöglich 15.000 sehr wertvolle Kontakte erreiche, aber es höre sich viel schöner an, mit Millionen-Zahlen zu argumentieren. Das Charakteristische beim Podcasting ist, dass es viele Microcommunities gibt, die sich rund um ein Thema für lange Zeit binden. „In Nischen und fragmentierten Zielgruppen zu denken, ist die größte Herausforderung für die Kommunikationsbranche“, sagt Alexander Wunschel, Betreiber des Podcast-Portals Markendreiklang. Die Podcast-Umfrage von Markendreiklang macht den Werbern Hoffnung: Podcast-Nutzer sind durchaus bereit, Werbung zu akzeptieren. Sie müsse allerdings zum Thema passen. Neue Konzepte und Formate sind im Entstehen. Diese sind viel stärker vom Absender geprägt und deutlich kreativer als die üblichen Radio- oder TV-Spots. „Die Nutzer von Podcasts sind der üblichen Werbung überdrüssig, mit der sie konfrontiert werden“, sagt Wunschel. Deshalb versuchen Markenunternehmen wie Daimler Chrysler, neue Wege zu gehen. Mit dem Podcast-Portal Mercedes-Benz Mixed Tape, einer Art Hitparade musikalischer Talente, erhofft man sich vor allem positive Auswirkungen hinsichtlich der Kundenbindung. „Digitales Entertainment ermöglicht es uns, gezielt jüngere Zielgruppen anzusprechen und für die Marke Mercedes-Benz zu interessieren.“ sagt Lothar Korn, Leiter Global Advertising Mercedes-Benz PKW. Die Hoffung ist, so auch mit Zielgruppen in Kontakt treten, die „über herkömmliche Werbung nur noch sehr schwer oder kaum mehr erreicht werden.“ Fast eine halbe Million Downloads seit dem Start des ersten Mercedes-Benz Podcasts im Februar 2006 belegen das Interesse. Sucht man derzeit online nach Mercedes und Podcast, weist Google aktuell über 1,7 Mio. Treffer aus. Rund 300 Weblogs weltweit beschäftigen sich mit den Podcast-Projekten von Daimler Chrysler. „All diese Zahlen beweisen, dass viele Nutzer in Blogs, Communities und auf ihren Websites sich intensiv mit unseren digitalen Projekten beschäftigen“, bilanziert Korn zufrieden. Dabei liegt die Erhebung von Nutzerdaten oder gar das Anlegen von Profilen noch in weiter Ferne. „Wir ermitteln keine personenbezogenen Daten, um den Anmeldevorgang so einfach wie möglich zu gestalten und damit die „Hemmschwelle“, sich einen Podcast anzuschauen, zu senken“ sagt Tobias Collée, Brand Manager bei Axe Germany. „Wir beurteilen den Erfolg anhand der Anzahl der Abrufe sowie der allgemeinen Resonanz auf den Podcast.“ Bei den anderen Podcast-Anbietern verhält es sich ähnlich. Dennoch denken einige Markenartikler schon einen Schritt weiter. Hans-Christoph Bonfert, PR-Chef bei Karlsberg: „Es gibt noch viele Leute, die zwar zur Zielgruppe gehören, jedoch keinen iPod oder MP3-Player besitzen.“ Zukünftig würden sich aber auch diese Personen einen zulegen und dann, so Bonfert, sei es für Karlsberg wichtig, sie über diesen Kanal erreichen zu können. „Unser Ziel ist es auch, sie an diesen Kanal heranzuführen.“ Seit dem Start des Karlcast-Projekts im April verdoppeln sich bei jeder Sendung die Zugriffszahlen. Ans Geld verdienen mit Podcasting denkt in Deutschland noch kaum ein Anbieter: Das Handelsblatt stellt seine regelmäßigen Podcasts kostenfrei ins Netz, lediglich ARD-Entertainer Harald Schmidt verlangt die obligatorischen 99 Cent für seinen ‚iSchmidt’. Einigkeit herrscht sowohl bei Medienunternehmen und Marketern darin, dass es nicht damit getan sei, bestehende Inhalte für Podcasts zu strecken. „Man kann nicht nur einen Artikel vorlesen“, sagt der Journalistik-Professor Rüdiger Steinmetz. Für Podcasts müssten eigene Inhalte her, um die Zielgruppen auch längerfristig zu binden, ansonsten gebe es eine „riesige Bauchlandung“, so MDR-Mann Maas. Gerade damit könnten viele Marken jedoch überfordert sein, merkt Media-Experte Ralf Scharnhorst, Mediacontacts, an. Immerhin müssten ständig neue, aktuelle und relevante Inhalte produziert werden. Die Marke sollte analysieren, ob es für sie wirtschaftlicher ist, selber Content aufzubauen oder sich mit führenden Content-Produzenten zu verbünden, empfiehlt Scharnhorst. So könne es für Werbetreibende sinnvoller sein, einen bekannten, bereits existierenden Podcast zu sponsoren, als selber einen aufzubauen. Eckdaten zum Podcast-Markt Was versteht man unter Podcasting genau? Das Wort Podcasting leitet sich ab vom englischen Wort broadcasting und dem weit verbreiteten MP3-Player iPod von Apple. Es bezeichnet das Produzieren und Veröffentlichen von Audiodateien über das Internet. Die Dateien, ob Musik, Text oder auch Video-Sequenzen, können auf einen beliebigen MP3-Player, den iPod, moderne Mobiletelefone und auch PDAs geladen und so überall zu einem gewünschten Zeitpunkt gehört werden. Wie werden Podcasts genutzt? Die erstellten Medien-Dateien werden mittels eines RSS-Feeds auf einem Server im Internet bereitgestellt. Ein Teilnehmer kann diesen Feed mit einer speziellen Software für Podcasts abonnieren. Ein Abonnement bedeutet, dass in regelmäßigen Abständen der RSS-Feed des Podcasts auf neue Beiträge überprüft wird und diese dann heruntergeladen werden. Die Audio-Datei eines Angebots kann beliebige Inhalte haben, beispielsweise Mitschnitte von Radio-Sendungen (Broadcasts), Interviews, Musiksendungen, etc. Wer nutzt Podcasts? Der durchschnittliche Podcasthörer ist ca. 30 Jahre alt, männlich, hat ein hohes Einkommen, über 50 Prozent davon sind Singles, ist technik-affin und kommen aus dem Medienumfeld. Welches Reichweiten-Potenzial steckt in Podcasts? In Deutschland wird Podcasting durch die immer stärkere Marktdurchdringung von tragbaren Endgeräten deutlich zunehmen. Mit prognostizierten Wachstumsraten von durchschnittlich mehr als 70 Prozent pro Jahr entwickelt sich der Markt dabei sehr schnell." Welchen rechtlichen Status haben Podcasts? Podcaster müssen genauso wie Betreiber von Sendern von Inhalten wie Video- und Audio-Inhalten im Internet die Rechte Dritter beachten und eventuell Gebühren an diese oder deren Lizenzgeber abführen. Gebühren wie beim Betrieb eines Webradios sind nicht notwendig. Welche Rolle spielt die Gema? Werden Werke aus dem Gema-Repertoire bei der Erstellung von Podcast-Formaten eingesetzt, sind Zahlungen an die Gema fällig. Hierzu wird die Gema voraussichtlich Tarife entwickeln. Zu berücksichtigen ist hier, dass die Gema nicht über alle Rechte der Musikurheber verfügt. Je nach vorgesehener Formatgestaltung muss gegebenenfalls direkt mit den Urhebern über die erforderlichen Rechte verhandelt werden. Welche Kampagnen gibt es bereits? - Von AXE gibt es die Kampagnie “Click TV - der Click Deines Lebens”. - Coke-Light produziert den „Coke light Podcast“, bei dem es „um „die wirklich großen Momente im Leben“ geht. - Von Karlsberg gibt es den Karlscast - autobild.de und FTD verknüpfen Print und Online mit dem Kanal Podcasting. Dieser Beitrag erschien in der w&v Ausgabe 26-2006, Seiten 54+55 Über den Autoren: Gregor Fuchs und Marcus Nowak betreiben das Redaktionsbüros Presseschmiede mit Sitz in Berlin und Düsseldorf. Presseschmiede ist ein unabhängiges Redaktionsbüro mit den Themenschwerpunkten Interaktive Medien, E-Business im Mittelstand sowie Wohntechnologien der Zukunft (eHome). Es erstellt Artikel und Hintergrundberichte für Fach- und Publikumszeitschriften sowie für Onlinemedien. Kontakt: Presseschmiede > Marcus Nowak Kühlwetterstrasse 9 40239 Düsseldorf Tel.: 0211 3107067 Web: http://www.presseschmiede.de marcus.nowak@presseschmiede.de