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Diese SEO-Trends prägen 2023

Der schnelllebigen SEO-Branche steht ein rasantes Jahr bevor. Diese 4 Trends werden das Jahr prägen.
Thomas Zeithaml | 13.03.2023
Welche SEO Trends stehen uns 2023 bevor? © Freepik / lekhawattana
 

SEO-Trends stellen oft eine Entwicklung oder Reaktion auf Änderungen in den Bewertungssystemen der Suchmaschinen dar. Ein Blick in die Vergangenheit offenbart in puncto SEO-Trends, dass diese sehr auf Google angelehnt waren. Dieses Jahr könnte in die SEO-Trends etwas Bewegung kommen. Daher will ich an dieser Stelle meine Top-Einflüsse auf die SEO-Arbeit oder SEO-Branche in diesem Jahr aufstellen.

Yandex-Leak gibt Einblicke

Anfang Februar 2023 wurde die Suchmaschine Yandex Opfer eines Leaks. Ein Mitarbeiter der russischen Suchmaschine hat knapp 44 Gigabyte Quellcode veröffentlicht, der aktuell öffentlich einsehbar und auswertbar ist. Da es sich bei Yandex um eine der größten und modernsten Suchmaschinen weltweit handelt, und die Rankingfaktoren einer Suchmaschine ein gut gehütetes Geheimnis sind, findet sich Yandex in einer besonders prekären Situation wieder.

Nach Angaben von Yandex sollen sich darunter viele alte Sourcen und ausrangierte Faktoren befinden, die in der Praxis kaum mehr Anwendung finden. Tatsächlich lässt sich im Quellcode erkennen, dass einige Faktoren als „deprecated“ (veraltet) gekennzeichnet wurden.

Aus SEO-Sicht sprechen wir bei diesem Leak von einem Glücksfall. Etliche SEO-Experten konnten inzwischen den Leak einer genaueren Betrachtung unterziehen und daraus SEO-Faktoren ableiten. Diese Untersuchungen führen zu Rückschlüssen darüber, wie Yandex klassische Benutzer-Signale, Links, Relevanz des Inhalts und Technik bewertet. Auch die Qualitäts- und Vertrauensbewertung lässt sich aus dem Quellcode rückschließen und erkennen, welche Faktoren maßgeblich sind. Auch Bewertungsmodelle wie „YMYL“ (Your Money your Life), die von Google vorgestellt wurden, sind im Quellcode des Mitbewerbers enthalten.

Der Yandex-Leak hat demnach vieles offengelegt, was in SEO-Kreisen schon längst als Faktor vermutet wurde. Besonders interessant ist, dass die Google-Ergebnisse systematisch überwacht wurden.

Man kann davon ausgehen, dass viele Faktoren in beiden Systemen enthalten sind. Nun gilt es also, aus gesammelten Erkenntnissen naheliegende Learnings abzuleiten und in Google umzusetzen. Ein SEO-Trend 2023 wird sich also in der Umsetzung vieler solcher analysierten Faktoren abzeichnen, da einige Faktoren jetzt sozusagen nicht ausschließlich auf Spekulationen basieren. Ebenso können künftig Tools die Auswertbarkeit solcher Faktoren berücksichtigen und daraus Maßnahmen ableiten.

ChatGpt bringt Bing auf die Karte

Wenn man über SEO-Trends spricht, sind die Themen Künstliche Intelligenz und Machine Learning momentan nicht vermeidbar. Persönlich sehe ich dies sogar als einen Game-Changer im Bereich SEO und dem Suchmaschinenmarkt an. Google war über Jahre hinweg konkurrenzlos auf dem Suchmaschinenmarkt. Durch den aktuellen Hype um Bing mit dessen ChatGpt-Integration könnte der Suchmaschinenriese aber durchaus Marktanteile verlieren.

Auch die Vorstellung der Google KI, die unter dem Label „Bard“ veröffentlicht wurde, war nicht so erfolgreich wie erhofft. Ein peinlicher Fehler beim Faktencheck war der Auslöser für Kritik und Spott. Google selbst sieht sich als Marktführer bedroht und hat intern einen Code „Red“ ausgeben. Ich möchte aber an dieser Stelle die Euphorie um ChatGpt etwas bremsen. Man muss sich tiefer mit der Materie KI/ML beschäftigen, um auch die Nebeneffekte, die eine Suche auslöst, zu verstehen. DALL-E, ChatGpt, Jasper usw. sind nützliche Tools, welche Nutzern Informationen ausspielen. An dieser Stelle lassen sich zwei Muster ableiten, wie KI die Suchergebnisse beeinflussen kann. Zum einen können KI-Systeme sehr gut auf Fragen reagieren. Gerade informationsgetriebene Anfragen werden durch die KI bedient. Wer aber transaktionale Suchanfragen, wie z.B. „Schuhe kaufen“, stellt, wird weiterhin die gewohnten Shops über Google auffinden wollen. An dieser Stelle wird dementsprechend weiterhin ein Besuch auf Webseiten stattfinden müssen, während Fragen bereits direkt durch die KI beantwortet werden können. Weil Google aber mit Anzeigenschaltungen speziell bei transaktionalen Anfragen seine Haupteinnahmen generiert, denke ich nicht, dass Google hier mit großen Gewinneinbußen rechnen muss, auch wenn sie möglicherweise Marktanteile abgibt.

Ein zweiter Aspekt ist, dass KI-Tools ihre Informationen aus dem Internet beziehen. Viele SEOs würden gerne durch den Einsatz einer KI-Engine automatisch Inhalte erzeugen. Dabei muss aber die Erstellung solcher Texte durch die Tools verstanden werden. Jeder KI werden zuerst entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt, die sie anschließend verarbeitet. Sobald Webmaster nur noch KI-Texte erstellen, entstehen keine neuen Informationen. Zudem ähneln sich erstellte Inhalte immer in einem gewissen Grad, da sie aus den gleichen Quellen stammen. Sie sehen also schon, es gibt noch wenig Erfahrungswerte und auch Probleme, die noch gelöst werden müssen. Trotzdem ist dies wohl mit Abstand die größte Entwicklung der letzten 5-10 Jahre im Suchmaschinenmarkt.

Persönlich kommt für mich aber 2023 noch zu früh für einen Durchbruch der KI-Engines. Nicht, dass die Technik nicht ausgereift wäre, sondern weil es z.B. zu wenig Experten, Kapazitäten und Erfahrungswerte gibt. Dies spielt neben der Verfügbarkeit solcher Tools natürlich auch eine entscheidende Rolle. Einige Projekte werden 2023 womöglich gestartet, aber da ausreichende Erfahrung mit KI-Engines fehlt, können damit kaum alle Probleme gelöst werden.

Früher EAT jetzt EEAT

Google hat in den letzten Monaten einige interessante Änderungen und Updates durchgeführt. Natürlich haben diese auch gewisse Auswirkungen auf die SEO-Trends des Jahres. So hat Google im Dezember 2022 erneut seine Search Quality Rater Guidelines aktualisiert. Wichtigste Änderung: Aus „EAT“ wird „EEAT“. Das bisherige Bewertungsmodell EAT steht für Expertenwissen, Autorität und Vertrauenswürdigkeit. Viele der Google-Faktoren zahlen auf die jeweiligen Bereiche ein. Verfügt man über guten, qualifizierten Inhalt in entsprechender Fülle zu einem Thema, steigt die Qualität im Faktor Expertenwissen. Für die Autorität einer Webseite sind Empfehlungen von anderen Webseiten natürlich wichtig. Ein gut funktionierendes Webdesign trägt wiederum zur Vertrauenswürdigkeit bei. Hinzugekommen ist nun der Faktor „Experience“. Grob gesagt versucht Google, Erfahrungen mit in die Qualitätsbewertung einfließen zu lassen. Google nennt hier als Beispiel Erfahrungsberichte für eine Steuererklärungssoftware. An dieser Stelle ist es natürlich besonders interessant, welche Erfahrungen Nutzer mit dieser Software schon gemacht haben und unter welchen Kriterien diese bewertet wurde. Diese neue Rubrik in der Bewertung lässt sich auch in den letzten Updates nachvollziehen. Als erstes Beispiel will ich das Product Reviews Updates von 2021 heranziehen, welches nun auch in Deutschland ausgerollt wurde. Wichtig bei den Bewertungen könnten also z.B. strukturierte Daten sein und auch die Einzigartigkeit der Bewertung. Natürlich werden auch Länge und Formulierung mit einfließen. Bewertungen durch bestimmte Qualitätsrichtlinien zu stärken, zeichnet sich als SEO-Trend ab. Ebenso wird eine Bewertung durch z.B. Influencer, die ein Produkt bewerben und testen, an Bedeutung gewinnen. Dieser Ansatz führt uns zum zweiten großen Update im Google Algorithmus – dem Helpful-Content Update.

Sinn und Zweck des Updates ist es, stärker Inhalte zu belohnen, mit denen Besucher sozusagen zufrieden sind. Das „hilfreich“ bezieht sich also stark auf die Nutzerabsicht. Inhalte, welche Erwartungen der Besucher nicht erfüllen können, sollen demnach schlechter bewertet werden. Wie kann Google dies aber statistisch auswerten und anhand eines Faktors mathematisch berücksichtigen? Darüber lässt sich aktuell natürlich nur spekulieren. Zuerst geht es Google aber wohl darum, die zunehmende Nutzerzentrierung und die Reaktion auf die Suchabsicht verstärkt in den Inhalt der Webseite einfließen zu lassen. So gibt Google auch direkt Hinweise darauf, dass man z.B. auch beschreiben soll, wer den Inhalt erstellt hat. In einem Blogpost in der Google Search Central von 2011 hat Google damals das rel=“author“ Tag bekannt gemacht, um z.B. den Autor über ein sogenanntes „Authorshipmarkup“ auszuweisen. Auch wenn dies seit 2014 nicht mehr unterstützt wird, hat Google den Ansatz nicht aus den Augen verloren. Google empfiehlt „dringend, genaue Informationen zur Urheberschaft hinzuzufügen“. Mit dem SEO-Trend, sich deutlich mehr Gedanken zu machen, ob der Inhalt, den man erzeugen möchte, hilfreich ist oder qualitativ hochwertige Informationen enthält, werden sich Content-Ersteller noch mehr auseinander setzen müssen.

Datengetriebenes SEO als Bindeglied im Inbound-Marketing

Der andauernde Ukrainekrieg, die schwankenden Energiekosten und die ungewisse Wirtschaftslage haben mitunter enorme Auswirkungen auf die Unternehmen und somit auch auf die SEO-Branche. Für viele Unternehmen sind Suchmaschinen die wichtigste Besucherquelle. Aus diesem Grund werden Firmen versuchen, sich weiterhin gut zu platzieren. Hier entwickelt sich der Trend wahrscheinlich mehr in Richtung strategisches SEO. Also SEO nicht als Kanal, sondern als Bindeglied zwischen vielen Bereichen im Inbound-Marketing. Schließlich geht es im SEO auch immer mehr um Nutzerzentrierung, Erstellung von hilfreichen und informativen Inhalten und um hochwertige, qualitative technische Umsetzung des Kontaktpunkts Webseite. 

Für viele Außenstehende ist SEO immer noch eine Blackbox mit unbekannten Spielregeln. Um dieses Problem aufzubrechen, ist es notwendig, Daten richtig zu interpretieren, zu reporten und Maßnahmen zu überwachen. SEOs sehen sich oft mit den Fragen konfrontiert, ob eine Maßnahme effizient ist oder gesetzte Ziele erreicht werden. Um dies zu bewerten, muss man natürlich entsprechende Daten erheben und auswerten.

An dieser Stelle kündigt sich eine Änderung an, die vielen Webmastern dieses Jahr bevorsteht. Von dem beliebten Webanalyse Tool „Google Analytics“, das viele KPIs und Messpunkte bereitstellt, wird es eine neue Version geben. Eine neue Version bedeutet auch, dass man sich damit intensiv beschäftigen muss, um die Daten richtig auszuwerten. Ebenso werden Anbindungen oder Integrationen in z.B. ein Business Warehouse-Tool mehr Aufmerksamkeit erhalten. Hier können dann neben Webanalyse-Daten auch technische Daten, Positionsdaten u.v.m. einfließen. Insbesondere SEO wird sich in diesem Bereich verändern, z.B. Reportings und Dashboards und die Umstellung auf ein datengetriebenes SEO werden sich hier durchsetzen. Aufgrund der genannten Krisen wird SEO zunehmend auf die Probe gestellt und transparenter.

Bereits jetzt zeichnet sich im SEO ab, dass dieses Jahr viel Bewegung in den ohnehin so schnelllebigen Markt kommen wird. Die vier oben genannten Faktoren werden die Arbeit und auch das Denken im Bereich der Suchmaschinenoptimierung nachhaltig beeinflussen. Langweilig wird es im SEO dieses Jahr sicher nicht.

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Über Thomas Zeithaml

Thomas Zeithaml ist seit 2001 im Bereich Suchmaschinenoptimierung aktiv. Sein Schwerpunkt dabei liegt auf der technischen Optimierung.

Kommentare

Sven Deutschländer

Ich glaube ja nicht wirklich an „Trends“ in der Suchmaschinenoptimierung. Ich verstehe dabei schon, dass Tools wie ChatGPT die Arbeit an SEO-Aufgaben verändern. Doch die Aufgaben selbst sind im Kern seit Jahren fest definiert – sie unterliegen kaum bis gar nicht irgendwelchen Trends. Suchmaschinenoptimierung ist ein Handwerk – es kommt auf Wissen und akribische Umsetzung an. Und mit den SEO-Basics lassen sich für viele Unternehmen die passenden Rankings problemlos erreichen: Fokussierung auf Keywords ohne Kannibalisierung, Optimierung von Snippets sowie Text- und Conversion-Optimierung der wichtigsten Inhalte – das sind die Schlüssel zum Erfolg, der von einer Suchmaschinen-Optimierung erwartet wird. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass es bei der Umsetzung dieser SEO-Grundlagen zu oft noch argen Verbesserungsbedarf gibt. Vielleicht wird das ja 2023 besser.

Magdalena Mues

Das Helpful Content Update betonte erneut die Content-Qualität. Ob sich nicht hilfreiche Inhalte 2023 negativ aufs Ranking auswirken, bleibt abzuwarten – auch in puncto KI-Texterstellung eine spannende Frage. Nach wie vor gilt: Wer langfristig erfolgreiche SEO-Maßnahmen durchführen möchte, setzt auf gut recherchierte, gut geschriebene Inhalte, die den Nutzenden einen echten Mehrwert liefern.

Dirk Schiff

ChatGPT ist eine große Chance und keine Bedrohung. Mit dem Jahr 2023 ist das Zeitalter der künstlichen Intelligenz angebrochen. ChatGPT kann als hilfreiches Werkzeug eingesetzt werden. Wir können dadurch in der täglichen Umsetzung von SEO- und Content-Maßnahmen agiler werden. KI-Tools sind sehr hilfreich, relevante Keywords für einen bestimmten Themenbereich zu recherchieren und zu clustern. Darüber hinaus können mittels ChatGPT Texte korrigiert oder Empfehlungen für Meta-Tags erstellt werden.

Marcus Tandler

Die Optimierung der Website User Experience wird auch 2023 weiterhin eine zentrale Aufgabe für moderne SEOs sein. Ziel ist es, allen Nutzer:innen ein bestmögliches Seitenerlebnis zu bieten, um die Conversion des gesamten Traffics zu erhöhen, unabhängig davon, ob die Nutzer:innen über organische Ergebnisse oder über bezahlte Anzeigen auf meiner Website gelandet sind. Seit dem Page Experience Update werden Webseitenbetreiber mithilfe der Core Web Vitals daran gemessen, wie gut die Seitenerfahrung von echten Nutzer:innen mit ihrer Webseite auf Mobil- und Desktopgeräten ist.