Google entert Industrie 4.0
Der IT-Spitzenverband BITKOM ist stolz darauf, mit „Industrie 4.0“ vor zwei Jahren einen Begriff erfunden zu haben, über den mittlerweile die ganze Welt spricht, so die Aussagen des BITKOM-Experten Wolfgang Dorst in Bloggercamp.tv.
Es geht um das Internet der Dinge und die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation. Also die automatische Verbindung zwischen Komponenten, weitestgehend ohne menschlichen Einfluss. Die Frage ist nur, wer mit den Diensten für die Industrie 4.0 am Ende den geschäftlichen Erfolg machen wird. Der ehemalige IBM-Cheftechnologe Gunter Dueck streute in einer Talkrunde des Digitalen Quartetts etwas Sand ins Getriebe der deutschen Ingenieurskunst.
Deutsche Ingenieurskunst liefert kein Betriebssystem
Wir basteln in teutonischer Gründlichkeit zwar kräftig an der Grundlagenforschung für Industrie 4.0, liefern aber keine Antworten für das Betriebssystem und die Infrastruktur. Unterdessen bekommen Waschmaschinen, Geschirrspüler und Kaffee-Vollautomaten von Samsung einfach mal das Google-Betriebssystem Android eingepflanzt, um die Vernetzung voranzutreiben. Die deutschen Hersteller wie Bosch oder Miele machen das auch mit eigenen Lösungen – sozusagen im Augsburger Puppenkisten-Format „Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Meer”.
„Dann fragen die deutschen Hersteller, wer macht die Infrastruktur, wer sagt, unter welchem Standard sich die Maschinen unterhalten. Google und Samsung haben einen einfachen Plan und nutzen das Handy-Betriebssystem”, so Duck. Die bauen das überall ein und die Maschinen werden mit semantischer Intelligenz bestückt.
Wenn dann in Deutschland und Europa alle aufgewacht sind, „kann der FAZ-Herausgeber Schirrmacher wieder jammern, dass die Amerikaner oder Südkoreaner uns das aufdrücken.” Oder wie beim Google-Kauf von Nest Labs den kritischen Einwand kommunizieren, ob denn der Suchmaschinen-Gigant bei der Heimvernetzung mit Raumthermostaten auch die Privatsphäre ernst nehmen würde. Auweia. So verspielen wir wichtige Zukunftsfelder.
Die Zusammenarbeit von Audi und Google beim vernetzten Auto, die bei der Elektronikshow CES in Las Vegas für Furore sorgte, sollte uns nachdenklich stimmen. Denn auf einmal entsteht das Internet der Dinge. Der Keilriemen spricht mit der Zündkerze – zum Einsatz kommt Android. Kein Mensch macht sich in der deutschen Industrie darüber Gedanken, wie ein Betriebssystem aussehen sollte. BMW, VW, Mercedes Porsche und Co. hätten sich zusammenschließen können, um ein vernünftiges Betriebssystem zu etablieren – „machen sie aber nicht”, kritisiert Dueck. „Man wartet bis Google über die Unterhaltungselektronik ausliest, welche Fehler ein Auto hat – da ist in Deutschland keiner dran.”
Entscheider sollten den Prinzipien folgen, die der Ökonomie Erfolg bringen. Und der liegt in einer wissensbasierten Ökonomie und das schon seit langer Zeit. Bedenkenträger, die sich über Google aufregen, sollten sich intensiver mit Wirtschaftshistorikern beschäftigen, um sich ein klares Bild zu verschaffen. Sie könnten etwa mit Professor Werner Abelshauser sprechen oder sein Opus „Deutsche Wirtschaftsgeschichte“ lesen.
Der würde ihnen erklären, dass die Industriegesellschaft in Deutschland strukturell diesen Namen seit fast 100 Jahren gar nicht mehr verdient. Die ungezähmten Ideen an der Peripherie sind der Rohstoff, aus dem morgen glänzende Markterfolge erwachsen. Wer also von Industrie 4.0 redet, sollte sofort auch über die geschäftliche Relevanz nachdenken. Sonst erleben wir ein ähnliches Schicksal wie bei der Erfindung des digitalen Musikstandards MP3.
Steve Jobs für die deutsche Forschungslandschaft gesucht
„Fraunhofer und MP3 sind ein gigantisch schönes Beispiel für die Schwächen bei der Eroberung neuer Märkte. In einer Studie geht hervor, dass sich Fraunhofer in Fragen der Management-Kompetenz im unteren Drittel eingruppiert. Die bescheinigen sich selbst eine hohe Innovationskraft aber nur eine sehr begrenzte Umsetzungskraft. Und da liegt der Hebel. Man sollte einen Steve Jobs an die Spitze der Fraunhofer-Gesellschaft stellen”, fordert Udo Nadolski, Geschäftsführer des IT-Beratungshauses Harvey Nash in Düsseldorf. An der Forschungslandschaft liege es jedenfalls nicht, dass wir als vernetzte Ökonomie noch so weit zurückliegen.
Vielleicht sollten die etablierten Organisationen und Unternehmen anfangen, wie Bundesliga-Vereine Scout-Systeme zu entwickeln, um vermarktungsfähige Innovationen zu suchen. Steve Jobs habe das auch nicht anderes gemacht, bemerkt Nadolski. Der Google-Deal mit Nest Labs unterstreicht diesen Ansatz. Schließlich zählt Tony Fadell als Mitgründer von Nest Labs zu den Vätern der iPod-Revolution. Er gilt als Ideengeber für das integrierte Geschäftsmodell von iPod und iTunes. Ähnliches werden wir bei den Heizungen und den Thermostaten zur Regelung der Raumtemperatur in unseren eigenen vier Wänden erleben. Die Industrie 4.0 wird von den Google-Androiden erobert.
Es geht um das Internet der Dinge und die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation. Also die automatische Verbindung zwischen Komponenten, weitestgehend ohne menschlichen Einfluss. Die Frage ist nur, wer mit den Diensten für die Industrie 4.0 am Ende den geschäftlichen Erfolg machen wird. Der ehemalige IBM-Cheftechnologe Gunter Dueck streute in einer Talkrunde des Digitalen Quartetts etwas Sand ins Getriebe der deutschen Ingenieurskunst.
Deutsche Ingenieurskunst liefert kein Betriebssystem
Wir basteln in teutonischer Gründlichkeit zwar kräftig an der Grundlagenforschung für Industrie 4.0, liefern aber keine Antworten für das Betriebssystem und die Infrastruktur. Unterdessen bekommen Waschmaschinen, Geschirrspüler und Kaffee-Vollautomaten von Samsung einfach mal das Google-Betriebssystem Android eingepflanzt, um die Vernetzung voranzutreiben. Die deutschen Hersteller wie Bosch oder Miele machen das auch mit eigenen Lösungen – sozusagen im Augsburger Puppenkisten-Format „Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Meer”.
„Dann fragen die deutschen Hersteller, wer macht die Infrastruktur, wer sagt, unter welchem Standard sich die Maschinen unterhalten. Google und Samsung haben einen einfachen Plan und nutzen das Handy-Betriebssystem”, so Duck. Die bauen das überall ein und die Maschinen werden mit semantischer Intelligenz bestückt.
Wenn dann in Deutschland und Europa alle aufgewacht sind, „kann der FAZ-Herausgeber Schirrmacher wieder jammern, dass die Amerikaner oder Südkoreaner uns das aufdrücken.” Oder wie beim Google-Kauf von Nest Labs den kritischen Einwand kommunizieren, ob denn der Suchmaschinen-Gigant bei der Heimvernetzung mit Raumthermostaten auch die Privatsphäre ernst nehmen würde. Auweia. So verspielen wir wichtige Zukunftsfelder.
Die Zusammenarbeit von Audi und Google beim vernetzten Auto, die bei der Elektronikshow CES in Las Vegas für Furore sorgte, sollte uns nachdenklich stimmen. Denn auf einmal entsteht das Internet der Dinge. Der Keilriemen spricht mit der Zündkerze – zum Einsatz kommt Android. Kein Mensch macht sich in der deutschen Industrie darüber Gedanken, wie ein Betriebssystem aussehen sollte. BMW, VW, Mercedes Porsche und Co. hätten sich zusammenschließen können, um ein vernünftiges Betriebssystem zu etablieren – „machen sie aber nicht”, kritisiert Dueck. „Man wartet bis Google über die Unterhaltungselektronik ausliest, welche Fehler ein Auto hat – da ist in Deutschland keiner dran.”
Entscheider sollten den Prinzipien folgen, die der Ökonomie Erfolg bringen. Und der liegt in einer wissensbasierten Ökonomie und das schon seit langer Zeit. Bedenkenträger, die sich über Google aufregen, sollten sich intensiver mit Wirtschaftshistorikern beschäftigen, um sich ein klares Bild zu verschaffen. Sie könnten etwa mit Professor Werner Abelshauser sprechen oder sein Opus „Deutsche Wirtschaftsgeschichte“ lesen.
Der würde ihnen erklären, dass die Industriegesellschaft in Deutschland strukturell diesen Namen seit fast 100 Jahren gar nicht mehr verdient. Die ungezähmten Ideen an der Peripherie sind der Rohstoff, aus dem morgen glänzende Markterfolge erwachsen. Wer also von Industrie 4.0 redet, sollte sofort auch über die geschäftliche Relevanz nachdenken. Sonst erleben wir ein ähnliches Schicksal wie bei der Erfindung des digitalen Musikstandards MP3.
Steve Jobs für die deutsche Forschungslandschaft gesucht
„Fraunhofer und MP3 sind ein gigantisch schönes Beispiel für die Schwächen bei der Eroberung neuer Märkte. In einer Studie geht hervor, dass sich Fraunhofer in Fragen der Management-Kompetenz im unteren Drittel eingruppiert. Die bescheinigen sich selbst eine hohe Innovationskraft aber nur eine sehr begrenzte Umsetzungskraft. Und da liegt der Hebel. Man sollte einen Steve Jobs an die Spitze der Fraunhofer-Gesellschaft stellen”, fordert Udo Nadolski, Geschäftsführer des IT-Beratungshauses Harvey Nash in Düsseldorf. An der Forschungslandschaft liege es jedenfalls nicht, dass wir als vernetzte Ökonomie noch so weit zurückliegen.
Vielleicht sollten die etablierten Organisationen und Unternehmen anfangen, wie Bundesliga-Vereine Scout-Systeme zu entwickeln, um vermarktungsfähige Innovationen zu suchen. Steve Jobs habe das auch nicht anderes gemacht, bemerkt Nadolski. Der Google-Deal mit Nest Labs unterstreicht diesen Ansatz. Schließlich zählt Tony Fadell als Mitgründer von Nest Labs zu den Vätern der iPod-Revolution. Er gilt als Ideengeber für das integrierte Geschäftsmodell von iPod und iTunes. Ähnliches werden wir bei den Heizungen und den Thermostaten zur Regelung der Raumtemperatur in unseren eigenen vier Wänden erleben. Die Industrie 4.0 wird von den Google-Androiden erobert.