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Warum Daten Storys brauchen

Geschichten eignen sich wesentlich besser als Grafiken, um Daten zugänglich zu machen. Das wissen Big Player, wie etwa Netflix, geschickt zu nutzen.
Thomas Pyczak | 04.10.2017

Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Wer die Daten besitzt, ist näher am Kunden, kann bessere Vorhersagen für die Zukunft treffen und erfolgreicher ein Geschäft betreiben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Storytelling rockt, sagt Google. Es sei ein mächtiges Tool, die Erkenntnisse aus Daten so zu vermitteln, dass Kunden anders denken. Und handeln. Storytelling ist laut Forbes-Magazin eine Schlüsselqualifikation für Datenexperten. Was leistet Daten-Storytelling? Es baut Brücken. Und diese Brücken verbinden Zahlen, Daten oder Statistiken mit Zuhörern, die nicht so tief im Thema sind, etwa Kollegen im Marketing oder in der Geschäftsführung. Oder Kunden. Viele glauben noch, Charts mit schönen Grafiken würden ausreichen, um Daten zu präsentieren. Die Leser oder Zuhörer wüssten schon, was zu tun wäre. In Zeiten von Big Data und Small Attention Span eine gewagte Annahme. Schließlich geht es nicht nur darum, die Daten irgendwie verständlich zu machen, sondern Szenarien auf Basis von Daten zu entwickeln, die Entscheidungen ermöglichen. Hervorragende Analysten erzählen Geschichten. Daten-Geschichten lösen etwas aus, das Charts nur selten gelingt – Emotionen. Darin liegt ihre Überzeugungskraft. Menschen erinnern Geschichten 22 Mal besser als pure Fakten, sagt Stanford-Professorin Jennifer Aaker. Geschichten bringen Menschen auch viel eher dazu, etwas zu kaufen, zeigen ihre Experimente. Der richtige Mix aus Fakten und Story, das ist die Erfolgsformel. Ein Beispiel: Als Netflix der Welt zeigen wollte, dass es ein innovatives, datengetriebenes, durch und durch analytisches Unternehmen ist und keine Video-on-Demand-Bude, erzählte es eine Geschichte. Sie sagten: Wir machen jetzt Eigenproduktionen. Wir starten mit „House of Cards“. Oscarpreisträger Kevin Spacey spielt die Hauptrolle. Das wird ein Erfolg. Wir brauchten keine Pilotfolge, um das zu testen. Wir investierten 100 Millionen Dollar allein aufgrund der Erkenntnisse aus unseren Daten. „House of Cards“ wurde ein Riesenerfolg. War abzusehen, kommentierte der Chief Content Officer von Netflix. Schließlich stehen Filme mit Kevin Spacey in der Gunst unserer Abonnenten ganz weit vorn. Genau wie politische Thriller. Und die britische Mini-Serie mit dem gleichen Titel, die läuft bei uns auch gut. Von Netflix lässt sich das 1x1 des Daten-Storytellings lernen. Ich habe es in 5 Tipps zusammengefasst.

5 Tipps für erfolgreiches Daten-Storytelling:

1. Setze dir ein Ziel für deine Daten-Story (Netflix: globale PR-Aktion) 2. Setze dir ein Thema für deine Daten-Story (Netflix: Wie wir Nutzerdaten und Technologie als Erfolgsfaktoren nutzen) 3. Sei so konkret wie möglich (Netflix: keine Datenterminologie, sondern ganz konkrete Beobachtungen, wie sich die Kunden verhalten) 4. Erzeuge Spannung (Netflix: Wir haben im Gegensatz zu unserer Konkurrenz keinen doppelten Boden, keine Pilotfolge, wir wissen, dass wir diese 100-Millionen-Dollar-Wette gewinnen werden) 5. Bereite deine Daten-Story für deine Zielgruppe auf (Netflix: keine Details, nur das Big Picture – weniger ist mehr) Jeder kann so eine Story erzählen und Daten eine emotionale Qualität verleihen. Sie in die reale Welt holen. Ihnen Überzeugungskraft geben. Dabei helfen Muster-Dramaturgien.

5 Muster-Dramaturgien für erfolgreiche Daten-Storys:

1. CSI Eine Tatort-Untersuchung, die in die Tiefe geht. Es gibt ein Problem, die Story sucht wie in einer Detektivgeschichte Spuren zu dessen Lösung. Beispiel: Wie es zu dem Hack eines Netzwerks kam. 2. Heureka Lange wird auf den verschiedensten Wegen versucht, ein Problem zu lösen. Die Story zeigt alle Lösungsansätze, natürlich auch den richtigen: Heureka! Ein Beispiel: Aus allen Multivariantentests geht endlich ein eindeutiger Sieger für den neuen Button „In den Einkaufswagen“ hervor. 3. Beziehungen Zwei Arten von Beziehungen sind bevorzugt: Ursache-Wirkung und Korrelation. Die Story erzählt von diesen Wechselbeziehungen. Beispiel: Wie sich aus Korrelationen von Kundendaten neue Produkte ableiten lassen (Netflix). 4. Transformation Wie verändert sich etwas in der Zeit? Die Story basiert auf einer Zeitachse und liefert oft Prognosen. Beispiel: Wie die Blockchain digitale Transaktionen verändern wird. 5. Ausreißer Welche Daten passen scheinbar nicht ins Gefüge? In der Ausreißer-Story rücken sie in den Vordergrund statt einfach bereinigt zu werden. Beispiel: Das Ozonloch über der Antarktis wurde einige Jahre gemessen, die Messwerte aber als falsch eingeordnet und nicht als „richtige“ Ausreißer mit großer Tragweite. Fazit: Daten brauchen Storys, um sie für eine breitere Zielgruppe zugänglich zu machen und gute Entscheidungen zu ermöglichen. Storytelling baut Brücken, indem es Zahlen, Daten oder Statistiken in eine Erzählung einbettet, die zum Beispiel Szenarien aufzeigt, sie spannend erzählt wie eine CSI-Folge, greifbar und klar und voller neuer Einsichten. So entsteht eine perfekte Entscheidungsvorlage – für das Marketing, die Geschäftsführung oder, wie im Netflix-Beispiel, für den Kunden selbst. Mehr zum Thema Storytelling von Thomas Pyczak gibt es auch in Tell Me! Wie Sie mit Storytelling überzeugen.