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Kundentyp Goldfisch

Wie finden wir heraus, was unsere Kunden wirklich wollen? Die Beschreibung von Archetypen hilft über grundlegende Verhaltensweisen klar zu werden.
Sylvia Ewerling | 08.11.2017
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Ich bin Fan von Philip Kotler und begeistert von seinen Erkenntnissen zu modernem Marketing.
In seinem Buch „Marketing 4.0″ beschreibt Kotler u.a. vier Kundentypen, die Aufschluss über grundlegende Verhaltensweisen geben und daher jeder Marketer kennen sollte.

Da ich hauptsächlich im B2B-Umfeld unterwegs bin, habe ich mir das Goldfisch-Muster genauer angesehen. Es gibt verschiedene Frameworks, die den Weg eines Kunden beschreiben, bis er kauft. Kotler hat das weit verbreitete AIDA Framework (attention, interest, desire, action) zu den Five A’s upgedated und zwar zu: aware, appeal, ask, act und advocate. Ziel der Marketingaktivitäten sind diese fünf Touchpoints. Kotlers Archetypen beschreibt, wie Sie die Customr Journey Schritte pro Business am besten gewichten. Alle Verhaltensweisen haben als erstes Ziel, dass der Kunde die Marke/das Produkt bewusst wahrnimmt (A1 = Aware), bevor er sich weiter damit beschäftigt – was eigentlich logisch ist. Trotzdem erlebe ich, dass dieser bestimmende Faktor über Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne oft nicht ausreichend beachtet wird. Oder genauer gesagt, man kennt den Faktor zahlenmäßig nicht, hat keinen Messwert zur Kontrolle. Auch dazu hat Kotler Antworten, aber darum geht es mir hier nicht – zurück zum Fisch-Kundenmuster.

Haupt-Charakeristika des Goldfisch-Kundentyps:



* Wissensdurst und Neugierde von Goldfischtypen sind groß, d.h. ask > appeal.
* Goldfische betrachten zuerst viele Faktoren, bevor sie entscheiden, welches Produkt sie kaufen.
* Sie haben das Bedürfnis viele Fragen zu stellen und Dritte hinzuzuziehen.
* Sie schauen sich die Produkte des Wettbewerbs genau an, bevor sie kaufen.
* Der Kaufprozess dauert daher typischer Weise ziemlich lang.
* Käufer und Verkäufer sind Fachleute und oft spezialisiert.
* Goldfische fragen viel, so dass das wachsende Vertrauensverhältnis zum Verkäufer entscheidend für den Kauf wird.
* In der Customer Journey sind A1 = Aware und A3 = Ask ausgeprägt.

Was heißt das nun konkret für Ihr Digitales Marketing?

Bewusstsein schaffen



Awareness schaffen heißt, sich Gedanken über die Keywords zu machen. Was sind die Probleme Ihrer Kunden und mit welchen Schlüsselbegriffen suchen sie? Gehen Sie mal anders herum ran und beschreiben Sie zuerst die Antworten und danach erst die Fragen, die Ihr Kunde hat. Die Chance ist dann höher, näher an den Fragen zu sein, weil die Antworten beim Nachdenken nicht mehr hindern. Schaffen Sie Reichweite. Dazu gehört SEO und SEM. Was können Sie on-Page und off-Page optimieren, damit Ihr Kunde Sie bewusst wahrnimmt?

Benutzerfreundlichkeit



Super, wenn Ihre Kunden auf Ihrer Website landen! Da wir jetzt wissen, dass Goldfische neugierig sind, viel erfahren wollen und gründlich in ihrer Recherche sind, gilt es das auf Ihrer Website abzubilden. Schaffen Sie ein spannendes Wohlfühl-Aquarium, in dem Ihr Goldfisch gerne verweilt und inspiriert wird. Das digitale Zauberwort heißt hier Content Management und Conversion.

Vernetzen



Suchen Sie als nächstes den Kontakt zu Ihren Kunden. Machen Sie Ihren Goldfisch mit anderen Goldfischen bekannt. Vernetzen Sie ihn – mit Ihren Kollegen aus dem Verkauf und mit seinen Fachkollegen oder anderen Meinungsbildnern, deren Expertise er schätzt. Dazu zählt natürlich Social Media und noch mehr. Marketer sind manchmal menschenscheu und verstecken sich gerne hinter Newslettern und anderen digitalen Kanälen. Achten Sie darauf, sich nicht ausschließlich ins Tagesgeschäft zu verstricken, sondern suchen Sie das Kundengespräch. Schaffen Sie in allen Kanälen eine Basis für wirkliche Konversation und lassen Sie keine reinen Push-Nachrichten zu. Es braucht nur einen Aufhänger, um ein Gespräch ins Laufen zu bringen. Tauschen Sie sich mit Ihren Vertriebskollegen und dem Kundenservice aus, wie Sie mit Ihren Goldfischen über das „blub, blub“-Level hinaus kommen. Sammeln Sie Erfahrungen aus jedem Kundenkontakt und investieren Sie in digitale Gesprächskultur und -plattformen. Seien Sie Vorbild und fangen Sie an, offline mit Ihren Kunden ins Gespräch zu kommen.

Verkaufen



Ich finde es gut, regelmäßig handfeste Vertriebsschulungen zu besuchen. Das ist zuerst mal hart, schließlich verbindet unser Unterbewusstsein mit Verkauf den Staubsaugerverkäufer, der uns was andreht, was wir nicht haben wollen. Wenn Sie offen für einen neuen Blickwinkel sind, erfahren wollen, mit wie viel Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen, Vorbereitung und Taktik gute Vertriebler arbeiten, ist es spannend und gar nicht mehr so unbequem. Ich habe bei meinen eigenen Akquiseaktivitäten viel über mich gelernt: an mich zu glauben, zu überzeugen, authentisch zu bleiben, mich bei Verkaufsgesprächen wohlzufühlen und am Schluss den Sack zuzumachen.

Oder gönnen Sie sich eine Woche im Außendienst. Setzen Sie sich mit ins Auto eines Vertriebskollegen und besuchen Sie Kunden. Das ist ein Crashkurs in Kundenanalyse an den kein Zahlen-Wälzen rankommt. Sie werden inspiriert und voller Ideen an Ihren Marketing-Schreibtisch zurückkehren. Nur Mut!
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