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Die Rechtslage zu den drohenden Upload-Filtern

Rechtsanwalt Solmecke über EU-Pläne zu Upload-Filter für große Online-Plattformen wie Google, Facebook und YouTube, sowie zum Leistungsschutzrecht.
Christian Solmecke | 19.06.2018
Christian Solmecke, LL.M., Rechtsanwalt © Christian Solmecke
 
Wenn es nach der EU geht, könnte sich das Internet bald radikal verändern. Vordergründig geht es in den verschiedenen Reformvorschlägen um den zu befürwortenden Schutz des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. Doch letztlich würden die konkreten Ideen – Upload-Filter und eine Lizenzpflicht zumindest für Google & Co. – zu einer Verarmung der Meinungsvielfalt im Netz führen. Rechtsanwalt Solmecke zu der umstrittenen Abstimmung im EU-Parlament am morgigen Mittwoch (20. Juni 2018).

Zahlreiche Medien berichten in diesen Tagen über die Upload-Filter und das geplante Leistungsschutzrecht. Morgen soll ein entsprechender Entwurf im Rechtsausschuss des EU Parlaments beschlossen werden. Doch welcher der verschiedenen Vorschläge steht eigentlich morgen zur Abstimmung? Und wie geht es danach weiter? Der nachfolgende Text soll hier etwas Licht ins Dunkel bringen, die verschiedenen Vorschläge klar skizzieren und den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens darlegen.

1. Auf dem Tisch liegen drei Entwürfe. Einer der Kommission, einer des Ministerrats und ein in der Vergangenheit mehrfach geänderten Vorschlag des Verhandlungsführers Axel Voss (CDU). Über letzteren wird der Rechtsausschuss morgen abstimmen.

2. Unklar ist derzeit, wer von der voraussichtlichen Verpflichtung, einen Upload-Filter einzurichten, betroffen sein wird. Voraussichtlich wird es die großen sozialen Netzwerke treffen.

3. Der Vorschlag würde die Haftungsregelungen für Provider gänzlich über den Haufen werfen.

4. Die EU weiß noch nicht, wie mit rechtmäßigen Uploads (z.B. Lizenz liegt vor oder Zitatrecht) umgegangen werden soll, die möglicherweise trotzdem gelöscht werden.

5. Beim geplanten Leistungsschutzrecht ist unklar, ob und in welchem Ausmaß nun tatsächlich Verlinkungen auf Presseartikel der Lizenzpflicht unterfallen sollen.

6. Unklar ist, ob auch Hobby-Blogs oder öffentliche Facebook-Profile Abgaben an die Medienhäuser zahlen sollen

Worum geht es konkret?


Lange hat sich die EU Zeit gelassen, das EU-Urheberrecht an das Internetzeitalter anzupassen. Nachdem erst die EU-Kommission im September 2016 einen Vorschlag für eine Reform der EU-Richtlinie zum Urheberrecht veröffentlicht hat, haben sich zunächst am 25. Mai die Mitgliedstaaten auf ein gemeinsame Position im EU-Ministerrat (englisch) verständigt. Nun wird am Mittwoch im EU-Parlament über einen dritten Vorschlag abgestimmt - der des Verhandlungsführers des Europäischen Parlaments bei der Reform des Urheberrechts, Axel Voss (CDU).

Das Ziel aller Vorschläge ist es, Urheberrechte grenzübergreifend besser zu schützen. Urheber sollen finanziell an der Verwertung ihrer Werke beteiligt werden. Bislang nämlich profitieren hauptsächlich die großen Plattformen an den nutzgenerierten Inhalten über die Werbeeinnahmen. Das Geld kommt aber kaum bei den Rechteinhabern an.

Die brisantesten Inhalte aller Vorschläge, die sich zwar in Details unterscheiden, im Kern aber das Gleiche wollen:

1. Technische Upload-Filter für große Online-Plattformen wie Google, Facebook und YouTube (Art. 13).

2. Ein europäisches Leistungsschutzrecht, das Presseverleger an der Rechteverwertung beteiligt (Art. 11).

Die Idee, Urheber stärker an den Erträgen der geschützten Inhalte im Netz zu beteiligen, ist gut. Doch die praktischen Konsequenzen der jetzt vorliegenden Entwürfe schießen weit über dieses Ziel hinaus. Sie laufen letztlich auf eine Zensur des Internet hinaus, bei der die Nachteile letztlich die Vorteile überwiegen würden. Nicht ohne Grund laufen Kritiker derzeit massiv Sturm gegen die neuen Vorhaben, diverse Kampagnen wurden gestartet, auch im EU-Parlament organisiert sich Widerstand.

Gesetzgebungsprozess in der EU


Ursprünglich hatte die EU-Kommission einen Vorschlag einer Urheberrechtsreform im Jahr 2016 veröffentlicht. Über diesen wurden innerhalb und außerhalb der Organe des EU-Gesetzgebungsverfahrens massiv diskutiert, u.a. unter dem Stichwort „save the meme“.

Am 25. Mai haben nun die Mitgliedstaaten der EU im EU-Ministerrat eine eigene Position zur Reform beschlossen. Diese soll einen Kompromiss zwischen der Position der Kommission und der der zahlreichen Kritiker darstellen – enthält aber bis auf Abweichungen in den Details jedoch die gleichen Grundpositionen. Deutschland hatte den Vorschlag nicht zugestimmt. Denn der deutsche Koalitionsvertrag hatte eine Verpflichtung zur Filterung aller Inhalte als unverhältnismäßig angesehen.
Am Mittwoch, den 20. Juni, steht nun die wegweisende Abstimmung im EU-Parlament an. Dann nämlich entscheidet der federführende Rechtsausschuss des Parlaments über seine Position. Zur Abstimmung steht ein dritter Entwurf von Verhandlungsführer Axel Voss, der mittlerweile in einer achten Überarbeitung vorliegt.

Danach müssten die Abgeordneten im Palamentsplenum entscheiden – dies wird voraussichtlich im Juli geschehen. In der Regel folgt die Mehrheit der Parlamentarier dem Abstimmungsvotum des federführenden Ausschusses. Doch es ist auch möglich, dass von den Gegnern des vorliegenden Entwurfes noch ein Gegenvorschlag zur Abstimmung gestellt werden wird. Es ist die letzte Station, in der die Öffentlichkeit noch Einfluss hat.

Sobald das Parlament abgestimmt hat, findet ein Trilog mit den Mitgliedstaaten und Vertretern der EU-Kommission statt. Diese Verhandlungen finden allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dieses Verfahren wurde schon in der Vergangenheit mehrfach als intransparent kritisiert. Wird in diesem Trilog eine Einigung über die Urheberrechts-Reform gefunden, ist sie letztlich eine beschlossene Sache.

Was genau sagen die Entwürfe zum Upload-Filter?


Der Kern des Reformvorschlags, über den Mittwoch abgestimmt wird, sagt: „Online content sharing service providers“, also Plattformen, die hauptsächlich von nutzergenerierten Inhalten leben (etwa der Google- und der Facebook-Konzern) sollen zunächst zu Verhandlungen mit den Rechteinhabern über Lizenzen für urheberrechtlich geschützte Inhalte gezwungen werden. Erst mit einer Genehmigung der Rechteinhaber sollen Werke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.
Kommt es nicht zu einem Lizenzvertrag, sollen sie dazu verpflichtet werden, diese urheberrechtlich geschützte Inhalte wie Videos, Bilder oder Texte bereits beim Upload mittels "effektiver und verhältnismäßiger Mittel" zu blockieren.

Was das bedeutet? Letztlich werden für die Vorab-Analyse der Inhalte letztlich Upload-Filter für jeglichen nutzgenerierten Content eingesetzt werden müssen. Anders lässt sich das Gesetz nicht praktisch durchsetzen. Alle durch Nutzer hochgeladenen Inhalte müssen dann mit einer riesigen Datenbank abgeglichen und auf Lizenzen kontrolliert werden. Bestehen keine Lizenzen, darf der Inhalt nicht online gehen. Zwar heißt es in dem aktuellen Parlamentsvorschlag, dass keine generelle Verpflichtung etabliert werden soll, die übermittelten oder gespeicherten Informationen auf der Plattform zu überwachen – doch letztlich ist die Erfüllung des Gesetzes kaum anders möglich.

Allerdings soll nicht jeder Dienst die gleichen technischen Mittel einsetzen müssen wie etwa YouTube & Co: So etwa sollen kleine Unternehmen nicht die strengen Filterauflagen einhalten müssen wie die großen. Allerdings sind die Formulierungen so schwammig, dass auch kleinere Unternehmen ggf. betroffen sein können.

Auch das bisherige Providerprivileg der E-Commerce-Richtlinie, in Deutschland durch § 10 Telemediengesetz umgesetzt, würde nach diesem Vorschlag gänzlich über den Haufen geworfen. Bislang sind Plattformen zunächst nicht für nutzergenerierte Inhalte verantwortlich. Erst, wenn sie darauf aufmerksam gemacht wurden, dass urheberrechtsverletzende Inhalte wie z.B. ein Musikstück dort hochgeladen wurden, trifft sie die Pflicht, dieses konkret abgemahnte Werk aus der eigenen Plattform zu nehmen („notice-and-takedown-Verfahren“). Eine mögliche weitergehende Prüfpflicht und Haftung von YouTube ist allerdings gerade Gegenstand eines Verfahrens vor dem BGH. Das soll sich nach allen Vorschlägen aber ändern. Anbieter sind nach den Vorschlägen zukünftig vom Providerprivileg ausgenommen und sollen nur dann nicht für urheberrechtsverletzenden Content haften, wenn sie beweisen, dass sie alles unternommen haben, um rechtswidriges Material nicht zugänglich zu machen.

Was wird an dem Upload-Filter kritisiert?


• Diese Filter gehen den Gegnern zu weit, sie sprechen von „Zensurmaschinen“. Es handele sich um Mittel einer Diktatur durch Einschränkung der Meinungs- und Kunstfreiheit.

• Die technische Umsetzung solcher Filter-Systeme gilt als schwierig. Das einzige System, das derzeit wohl annähernd funktioniert, ist „ContentID“, das Google für YouTube entwickelt hat. Europäischen Unternehmen verwenden derzeit entweder ContentID – oder sind dabei, eigene Filterungsysteme zu entwickeln. Es könnte also sein, dass z.B. Google letztlich durch den Verkauf seiner Software massiv mit profitiert.

• Die Software kann nicht zwischen legal und illegal unterscheiden. So können beim Upload eines Fotos bzw. Videos durchaus urheberrechtliche Schranken greifen, die den Nutzer zur Veröffentlichung berechtigen. Zu denken ist hier an das Bildzitat oder künstlerische Parodien. Auch kann es sein, dass ich mit einer Lizenz des Rechteinhabers handele. Upload-Filter aber würden es erschweren bzw. unmöglich machen, entsprechende Bilder überhaupt hochzuladen. Für diese Problematik hat die EU noch keine technische Lösung gefunden.

• Damit würden beispielsweise „harmlose“ Internetphänome wie Memes blockiert.

• Generell besteht die Gefahr des „Overblockings“, aus Angst vor Abmahnungen. Das könnte die Meinungsfreiheit einschränken.

• Anbieter brauchen Lizenzen von allen Rechteinhabern – dies ist aber logistisch schwer möglich.

• Es besteht das Risiko, dass am Ende die Rechteinhaber bestimmen dürfen, was blockiert wird.
• Die Regeln würden in nicht unerheblicher Weise Rechtsunsicherheit schaffen.

• Die Privilegierung der Dienste-Anbietern, wonach diese erst nachdem sie auf eine Rechtsverletzung aufmerksam gemacht wurden, agieren müssen, wäre hinfällig. Diese Regelung widerspricht einer präventiven Filter-Verpflichtung.

• Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2012 noch entschieden, dass soziale Netzwerke Inhalte nicht per Vorfilter blockieren dürfen.

Das neue Leistungsschutzrecht für Presseverleger


Des Weiteren soll ein neues Leistungsschutzrecht für Presseverleger EU-weit eingeführt werden. Es soll ihnen für einen gewissen Zeitraum das exklusive Recht geben, ihre Inhalte öffentlich zugänglich zu machen. Dieses Recht soll Verlagen dazu verhelfen, eine Vergütung für die digitale Nutzung ihrer Presseinhalte zu geben und dadurch an den Gewinnen der Großkonzerne mitzuverdienen.

Suchmaschinenanbieter, soziale Netzwerke und ähnliche Dienste sollten Lizenzverträge mit ihnen abschließen, wenn sie urheberrechtlich relevanten Content der Verlage etwa durch Vorschautexte und Überschriften anzeigen. Die Vorschläge der Kommission, des Ministerrats und des Parlaments haben das gleiche Ziel, gehen in der konkreten Umsetzung letztlich aber auseinander:

• Die Kommission will alle Verlagsinhalte unabhängig von ihrer Länge schützen. Somit wären auch Überschriften oder kleinste Zitate mit erfasst. Auch der Parlamentsvorschlag macht hier keine Einschränkung. Im Vorschlag des Ministerrats heißt es hingegen, dass Lizenzen nur nötig sind, wenn mehr als "nicht substantielle" Textausschnitte verbreitet werden. Welche Größe darunter genau zu verstehen ist, sollen die EU-Staaten danach selbst bestimmen.

• Im Parlamentsentwurf finden sich Einschränkungen zur Privatkopie: Explizit nimmt der Text den legitimen privaten und nicht kommerziellen Gebrauch von Presseveröffentlichungen durch einzelne User aus. Doch diese Formulierung wirft Fragen auf. Bedeutet privat, dass etwas nicht öffentlich ist und damit auch Hobby-Blogger und Facebook-Nutzer nicht mehr kostenlos mit Überschrift und Snippets verlinken dürfen? Dann wäre das Versenden von Artikeln nur noch in privaten Nachrichten möglich.

• Im Gegensatz zur Version des Ministerrates sollen nach dem Parlamentsvorschlag auch Journalisten an den Einnahmen der Verlage angemessen beteiligt werden.

• Anders als im ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission soll das Leistungsschutzrecht nach den anderen Vorschlägen nicht 20 Jahre gelten. Während der Rat für zwölf Monate wie in Deutschland votiert hat, spricht der jetzige Vorschlag, über den der Rechtsausschuss des EU-Parlaments abstimmt, von einem Leistungsschutz von 5 Jahren.

Eine Konsequenz aller Vorschläge wäre in jedem Fall eine Lizenzpflicht für Suchmaschinen wie Google, die in jedem Fall relevante Textausschnitte des Artikels anzeigen. Praktisch bedeutet das: Für die Anzeige von Suchergebnissen sollen Plattformen wie der Marktführer Google News an die Verlage zahlen. Kritiker sprechen daher auch von einer „Google-Steuer“. Und in den Erwägungsgründen zu dem Parlamentsvorschlag steht sogar ausdrücklich, dass "der Eintrag in Suchmaschinen" nicht als "faire und verhältnismäßige Vergütung" verstanden werden soll. Dieser Satz soll wohl sicherstellen, dass – anders als es in Deutschland geschehen ist – sich Google & Co. keine kostenlosen Lizenzen einräumen lassen.

Allerdings könnte es auch sein, dass für jegliche Verlinkung auf Texte von Verlagen eine Abgabe zu entrichten ist. Dies könnte im schlimmsten Fall sogar private Nutzer treffen, die öffentlich, z.B. auf Facebook, (nicht „privat“) auf Nachrichtenbeiträge verlinken. Kritiker hatten massiv vor einer solchen „Linksteuer“ gewarnt. Inwieweit Verlinkungen nach den neuen Vorschlägen aber ggf. doch noch lizenzfrei zulässig sein sollen, ist letztlich derzeit unklar. Nach dem Ministerrats-Vorschlag soll sich das neue Leistungsschutzrecht nicht auf Links beziehen, wenn diese "keine Kommunikation an die Öffentlichkeit darstellen". Voss‘ letzter Vorschlag hingegen spricht in Absatz 2a inzwischen generell davon, dass die Rechte sich überhaupt nicht auf die Verlinkung beziehen sollen. Unklar ist, was damit genau gemeint sein soll. Entweder der Satz bezieht sich auf das bloße Kopieren der URL oder auf eine Verlinkung inklusive des Originaltitels und eines kurzen Snippets - was ja nach den anderen Vorschlägen eigentlich gerade lizenzpflichtig werden soll.

Was wird an dem neuen Leistungsschutzrecht kritisiert?


• Das Verlinken und Teilen von Inhalten wird erschwert und letztlich verhindert.

• Die Nutzer verlieren an Informationsvielfalt. Denn die Inhalte kleinerer Verlage sind meist nur über Suchmaschinen und Links auffindbar. Profitieren würden die großen Verlage, auf deren Seiten man gezielt geht.

• Von der Schutzpflicht wären möglicherweise auch Artikel betroffen, die längst erschienen sind. Da Presseerzeugnisse – je nach Vorschlag – entweder 12 Monate, 5 Jahre oder 20 Jahre lang geschützt werden sollen, müssten nachträglich entsprechend geschützte Links auf mögliche Verstöße gegen das Leistungsschutzrecht geprüft werden.

• Außer der Verlegerlobby profitiere von dieser Entwicklung niemand.

• Das Leistungsschutzrecht sei weitestgehend nutzlos. In Deutschland habe sich das Leistungsschutzrecht für Presseverleger auch als nutzlos erwiesen. Denn letztlich haben die Verlage eingelenkt und Google kostenlose Lizenzen für die Auflistung eingeräumt, um nicht die Zusatz-Klicks zu verlieren. In Spanien führte die Einführung des Leistungsschutzrechtes ebenfalls nicht zu Einnahmen. Stattdessen wurde der Dienst Google News geschlossen, was vor allem kleinen und mittleren Verlagen geschadet hat.

RA Christian Solmecke: Die Idee ist gut, die Umsetzung in die Praxis nicht


Grundsätzlich finde ich die Idee, Urheber und auch Verleger stärker an der gewerblichen Nutzung ihrer Werke zu beteiligen, erst einmal gut. Meiner Meinung nach sind die Plattformen die größten Profiteure von Urheberrechtsverletzungen im Internet und sollten auch einen Teil ihrer Milliardengewinne an die Urheber abgeben. Positiv zu bewerten ist daher, dass die großen Plattformen zu Verhandlungen mit den Rechteinhabern gezwungen werden sollen. Dafür habe ich auch schon in der Vergangenheit plädiert. Außerdem war es bislang so, dass YouTube, Facebook und Co. sich auf der Position ausgeruht haben, dass etwaige Rechtsverletzungen ja von den Nutzern begangen werden. Das ist in dieser Form künftig nicht mehr möglich, wenn man die Plattform zum Erwerb der Rechte bewegen möchte. Auch glaube ich, dass ein möglicherweise schwammig formulierter Text keine große Gefahr für kleinere Plattformen darstellen wird. Denn Rechteinhaber haben primär Interesse daran, sich an die Großen wie Google, YouTube und Facebook zu wenden. Um das aber klarzustellen, sollte auch der finale Text an dieser Stelle sich nur auf die „Großen“ beziehen.

Insgesamt bin ich aber der Ansicht, dass dieser Entwurf zu weit geht. So führt die geplante Regelung dazu, dass es den Nutzern auferlegt wird, sich gegen unrechtmäßige Filterungen zu wehren. Letztlich wird dies eher dazu führen, dass immer zu viel als zu wenig gelöscht wird. Für mich ist das ganze Vorhaben und die dahinter stehende Idee ein Schritt in die falsche Richtung. Letztlich sollte es Möglichkeiten geben, solche Inhalte frei zu benutzen und auf technische Weise zu sichern, dass jemand für die Werke zahlt. Hierzu könnten auch Filter eingesetzt werden, um dann im Sinne einer Fair Use –Regelung nach dem Prinzip der Amerikaner die Plattformen zur Kasse zu bitten.

Die Idee, ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger zu etablieren, halte ich hingegen insgesamt für unausgereift und schon im Grundsatz nicht praktikabel. Sie würde letztlich – je nach Ausgestaltung des finalen Textes – zu einer Verarmung der Vielfalt im Internet führen.

Es bleibt zu hoffen, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und wahlweise im EU-Parlament oder im darauf folgenden Trilog noch sinnvollere Gegenvorschläge Gehör finden.“
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Über Christian Solmecke

Rechtsanwalt Christian Solmecke hat sich als Partner der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke auf die Beratung der Internet- und IT-Branche spezialisiert.