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Mehr Frauen in die IT!

Nur jede siebte Bewerbung auf eine IT-Stelle kommt von Frauen, die Frauenquote unter den IT-Spezialisten liegt aktuell bei 17 Prozent - viel zu wenig!
Volker Gruhn | 22.05.2019
Unterstützt die Forderung nach mehr IT-Frauen: Bundestrainerin der deutschen Frauen-Fußballnationalmannschaft Martina Voss-Tecklenburg © Wikipedia / Steffen Prößdorf
 

„Wir brauchen keine Eier, wir haben Pferdeschwänze“ – für diesen Spruch feiert Deutschland gerade die DFB-Frauen. Lässig, überspitzt und selbstironisch spielen die deutschen Nationalspielerinnen in dem TV-Spot für die Commerzbank mit all den Klischees, Vorurteilen und Anfeindungen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert werden. Von Zeitlupenfußball ist in den sozialen Medien oder der Eckkneipe gerne mal die Rede bis hin zu der Aussage, Frauen seien zum Kinderkriegen da und gehören in die Küche, nicht aufs Fußballfeld. Am liebsten würde man den Sprücheklopfern zurufen: Wirklich? Wir haben 2019! Was hat Frauenfußball nun mit der IT-Branche zu tun? Beide kämpfen mit ähnlichen Stereotypen, in beiden Bereichen sind Frauen zahlenmäßig unterrepräsentiert, Informatikerinnen, Software-Entwicklerinnen oder weibliche IT-Consultants sucht man vielerorts vergeblich. Längst vergessen, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der Frühzeit der Computerentwicklung, Programmieren als typischer Frauenberuf galt. Präzise arbeiten, geduldig sein und einen Blick fürs Detail haben – alles Stärken, die man dem weiblichen Geschlecht zuschrieb. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Image von IT-Jobs dann zu typisch männlich gewandelt. Heute ist lediglich jeder siebte Bewerber auf eine Stelle für IT-Spezialisten weiblich, die Frauenquote unter den IT-Spezialisten liegt aktuell bei 17 Prozent. Das zeigen Zahlen des Branchenverbands Bitkom. Nicht anders sieht es in der Ausbildung aus, gerade einmal 19 Prozent der Absolventen eines IT-Studiengangs sind weiblich. Experten machen hierfür alte Rollenbilder und eine fehlende Frühförderung an Schulen verantwortlich. Die Erfahrung zeigt, dass selbst talentierte Schülerinnen ihr Interesse an technischen Themen verlieren, wenn sie darin nicht gezielt gefördert werden oder sich mit Klischees konfrontiert sehen, die sie in die Schublade „unweiblich“ stecken. Genauso interessant ist der Blick in andere Teile der Welt: Ausgerechnet in Ländern, in den Frauen wenig Freiräume haben und keine Gleichberechtigung herrscht, entscheiden sich besonders viele für MINT-Berufe. Dort ist ein technisches Studium oder ein Studium der Informatik ein Aufstiegs- und Wohlstandsversprechen. Wie sieht nun die Frauenquote bei adesso aus? Ehrlich gesagt, wir liegen hier im bundesweiten Durchschnitt. Gute 16 Prozent aller Software Engineers, IT-Consultants und Sales-Experten bei adesso sind weiblich. Viel zu wenig, finden wir und haben deshalb ein kompaktes Maßnahmenbündel geschnürt. Die Aktionen reichen von Schulpatenschaften und direkter Zielgruppenkommunikation an Universitäten und auf Messen über Unternehmensführungen für Studentinnen bis hin zu firmeninternen Mentorinnen-Programmen und Frauennetzwerke. Als prominente Botschafterin und Unterstützerin für unsere Idee haben wir Fußball-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg mit an Bord geholt: Sie steht für Durchsetzungskraft in einer klassischen Männerdomäne und ist damit ein Vorbild für junge Frauen. Damit die auch wirklich Karriere machen können, ist es wichtig, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Wirtschaft und Politik sind deshalb gefragt, eine bessere Vereinbarkeit zu ermöglichen. Dazu zählen flexible Arbeitsplatz- und -zeitmodelle sowie der weitere Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. adesso etwa bietet Eltern-Kind-Büros an seinen Standorten an, Mitarbeiter haben Anspruch auf die sogenannte Regio-Teilzeit mit weniger Reisetätigkeit und profitieren von einem verlängerten Kinderkrankengeld. Wenn wir es nicht schaffen, mehr Frauen in gut bezahlte Jobs zu bekommen, droht auch der nächsten Generation ein erhöhtes Armutsrisiko spätestens im Rentenalter. Stand heute arbeiten Frauen dreimal häufiger als Männer in Teilzeit und sie sind in ihrem Leben fast doppelt so lang ohne bezahlte Arbeit, meistens wegen Kindererziehungszeiten und der Pflege von Angehörigen. Ein Umdenken ist also zwingend notwendig. Eines hat sich allerdings in den letzten 30 Jahren geändert: Für den ersten deutschen EM-Titel 1989 hat der DFB allen Ernstes seiner Frauen-Nationalmannschaft ein Kaffeeservice mit Blümchen als Prämie geschenkt. 2019 – bei einem Sieg der Weltmeisterschaft in Frankreich – wäre das nicht mehr denkbar.