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Customer Data Platform vs. Kampagnenmanagementsystem - wann lohnt sich welche Lösung?

Eine CDP kann zu einem entscheidenden Faktor werden, um einen aussagekräftigen 360-Grad-Blick auf seine Kunden und ihre Zufriedenheit zu gewinnen.
Marketing-Automation im Überblick © b.telligent GmbH & Co. KG
 

Kunden gehen heute davon aus, dass Anbieter stets wissen, wer sie sind, wie ihre Kundenhistorie aussieht, was sie sich wünschen, und das selbstverständlich zu jeder Zeit und über jeden Kanal. Eine sinnvolle und personalisierte Customer Journey oder Experience kann hier zum entscheidenden Kriterium dafür werden, ob ein Kunde dem Unternehmen treu bleibt oder ein Interessent zu einem treuen Kunden wird. Die Optimierung des individuellen Kundenerlebnisses hat daher oberste Priorität. Der Einsatz einer Customer Data Platform (CDP) wird hierbei zu einem wichtigen Faktor.

Sind CDP- und Kampagnenmanagement-Lösungen vergleichbar?


Auf den ersten Blick erscheinen Customer Data Platforms wie eine moderne, dynamische, schlanke und frischere Variante eines „klassischen“ Kampagnenmanagementsystems (KMS). Während ein KMS eher workflowbasiert oftmals in relationalen Datenmodellen Kampagnenprozesse automatisiert, kümmern sich CDP-Systeme um die Bildung einer ganzheitlichen kundenzentrischen Sicht und Optimierung der Kundeninteraktion auf allen digitalen Kanälen wie Web, E-Mail, Mobile, Onlineshop oder Social – also von der kundenzentrischen Datenhaltung in Big-Data-Technologien bis hin zum E-Mail-Versand in Realtime.

Aus einer Kündigungsabsicht wird ein treuer Kunde


Ein Beispiel: Ein Kunde ruft im Call-Center an, dort wird er im CRM identifiziert und seine Historie wird für den Call Center Agent in auf dem Monitor sichtbar. Nehmen wir an, der Kunde hat eine Kündigungsabsicht, die der Mitarbeiter an der Hotline in sein Profil notiert. Zu einem Zeitpunkt danach besucht der kunde die Unternehmenswebsite. Die Information zur Kündigungsabsicht wurde zwischenzeitlich von CDP übernommen, der Kunde ist zwar nicht in die Webseite eingeloggt, doch kennt das Unternehmen aus seinen vorherigen Online-Besuchen seine Session-ID und kann ihm in Echtzeit ein attraktives Angebot zur Vertragsverlängerung unterbreiten. Bei Erfolg ist damit Umsatz über einen bestimmten Zeitraum gesichert. Auch typische Warenkorbabbrecher können mithilfe der Informationen aus anderen Touchpoints identifiziert werden und mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu Käufern und mit darauffolgenden Maßnahmen, zum Beispiel über das E-Mail-Marketing, zu treuen Kunden werden. 

Die wesentlichen Unterschiede zum Campaign Management liegen deshalb zu Einen im Bereich der Datenkonsolidierung, dabei helfen Standard-Konnektoren eine kundenzentrische Sicht aufzubauen, und zum anderen in den Realtime-Funktionen, die denen einer Data Management Platform (DMP) stark ähneln. Customer Data Platforms verfügen jedoch oftmals nicht über die Funktionsvielfalt, wie Kampagnenmanager sie aus der KMS-Welt kennen. Als Unternehmen muss ich mir die Frage stellen: Werden alle meine Anforderungen und Wünsche, die ich an meine aktuelle oder geplante Kampagnenmanagementlösung habe, auch von einer CDP abgedeckt? Die folgenden Gegenüberstellungen können bei der Entscheidungsfindung helfen:

Kundenzentrik im Data Mart/DWH vs. Kundenzentrik in der CDP:
Wie gut sind die Datenmodellierungsfunktionalitäten in der CDP? Kann ich als Marketer die kundenzentrische Sicht und eine Verlinkung der Identitäten aus allen Quellsystemen im Alleingang herstellen? Wie kann ich rudimentäre Kundendaten auch ohne Unique ID mit anderen Kundendaten intelligent verknüpfen? Welche Mindestanforderungen an notwendigen Daten hat diesbezüglich die CDP-Lösung? Habe ich lediglich strukturierte Daten oder möchte ich auch unstrukturierte Daten nutzen? Oder benötige ich nicht doch einen vorgeschalteten kundenzentrischen Data Mart?

Big Data vs. relationale Datenbank: Big-Data-Datenbanktechnologien wie In-Memory oder NoSQL lassen sich sehr gut für CDP nutzen. Die Datenmodellierung und -beladung wird je nach Datenmodell aufwandsarm durchgeführt und die Abfrage- bzw. Selektionszeiten verkürzen sich damit dramatisch. Kann jedoch die in der CDP eingesetzte Technologie auch mein geplantes evtl. sehr komplexes Datenmodell abdecken? Habe ich einen Überblick über alle Systeme, Tabellen, Daten und Felder, die ich überführen möchte? Falls zu meiner Data-Warehouse-Quelle noch weitere (evtl. auch proprietäre) Quellsysteme kommen, so muss ich mir im Vorhinein einen genauen Anbindungsplan überlegen. Gerade die Frage, mit welchen Daten ich den Kunden mit seinem Verhalten modelliere, ist meist, je nach Geschäftsmodell, nicht trivial und will gut geplant sein.

Funktionsumfang CDP vs. Kampagnenmanagementsystem: Die meisten Kampagnenmanagementsysteme weisen einen hohen Funktionsumfang auf, der u. a. auf die Funktionen Kontrollgruppen, Kontaktstrategien, Kampagnenpriorisierung, Kampagnenoptimierung und Responsedefinition und -messung einzahlt.  Da viele dieser Funktionen (meist) nicht in einer CDP vorhanden sind, stellt sich die Frage, ob ich diese Funktionen für mein Kampagnenmanagement benötige oder darauf verzichten kann.

Wann der Einsatz welcher Lösung sinnvoll ist und wann es sich lohnt, auf die jeweils andere Lösung umzusteigen, ergibt sich aus der Beantwortung der oben gestellten Fragen und hängt von den Wünschen, Anforderungen und Zielen jeder Organisation ab. Der Anforderungskatalog, die zukünftige Architektur und die dazugehörigen Use Cases sollten daher individuell mit der in Frage kommenden Kampagnenmanagement- bzw. Customer-Data-Platform-Lösung abgeglichen werden, um eine zukunftssichere Entscheidung treffen zu können.

Laurentius Malter ist Competence Center Manager bei b.telligent.