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Nie hörst du mir zu!

Warum aktives Zuhören gerade im Customer Experience Management so wichtig ist.
Peter Pirner | 29.04.2020
Nie hörst du mir zu! © freepik / drobotdean
 

Wann hat Ihnen zum letzten Mal jemand gesagt: hast du eigentlich verstanden, was ich dir sagen will? Haben Sie sich dann auch mit dem unschuldigsten Blick, den man sich vorstellen kann, gewunden, nach passenden Worten gesucht? Haben Sie Ihr gewinnendstes Lächeln eingesetzt, um einzugestehen, dass einem vielleicht doch in einem klitzekleinen Augenblick die Aufmerksamkeit kurzzeitigst entglitten war. Und dass man, auch wenn man natürlich im Großen und Ganzen verstanden hat, worum es ging, einem das ein oder andere Detail unter Umständen entgangen sei. Kurzum: „keine Ahnung – könntest du bitte nochmal wiederholen, was du gesagt hast?“

 

So geht es auch vielen Kunden, wenn sie mit Unternehmen kommunizieren. Der so optimal ausbalancierte Bearbeitungsprozess sieht nicht vor, dass ein Mitarbeiter oder sogar der Bot einen Augenblick unaufmerksam war, dass vielleicht die falschen Schlüsse gezogen wurden oder dass man zwar in bester Absicht, letztlich aber doch mit großer professioneller Konsequenz sehr eindeutig aneinander vorbei geredet hat. Die daraus entstehenden Probleme könnten durch eine bessere Kommunikation verhindert werden. Aktives Zuhören scheint dabei eine Schlüsselrolle zu spielen.

 

Viele Vertriebsmitarbeiter ebenso wie Führungskräfte neigen allerdings nicht selten dazu, eher Techniken des aktiven Nicht-Zuhörens einzusetzen. Sie sind quasi schon während des Zuhörens auf dem Sprung. Sie überlegen sich, wie sie Widersprüche aufzeigen und Gegenargumente entwickeln können. Sie lassen zeitgleich die eigene Nutzenargumentation schon mal gedanklich warmlaufen. Intellektuelles Multitasking stößt allerdings bei den meisten Menschen recht schnell an Grenzen (zumindest den männlichen) und führt zu einigen negativen Konsequenzen im Gespräch.

 

Das Gegenüber hat in der Regel ausreichend feine Antennen, um derartiges Verhalten als respektlos zu empfinden. Sympathiewerte gewinnt man als Verkäufer mit Respektlosigkeit nicht.
Es besteht auch die Gefahr, dass falsche Schlüsse gezogen werden, da noch nicht alle Fakten auf dem Tisch lagen. Eine Aktieninvestition mag in vielen Fällen eine gute Anlageempfehlung eines Bankmitarbeiters sein, allerdings nicht, wenn der Interessent gerade ein Haus aufwändig renoviert und – ach ja, fast hätte ich es vergessen - das dritte Kind unterwegs ist. Letztere Information erhöht allerdings die Chance zumindest auf den Abschluss einer Ausbildungsversicherung.

Dabei handelt es sich auch gar nicht um ein rein zwischenmenschliches Problem. Selbst ein Bot benötigt ein Minimum an Hintergrundinformationen, um den richtigen Textbaustein gewohnt lässig auszuspielen.

 

Die gute Nachricht: aktives Zuhören kann man lernen - als Mensch, aber auch als Unternehmen oder sogar als Bot. Im Kern geht es um Folgendes:

1. Aktives Verfolgen der Inhalte. Man lässt sich nicht ablenken durch WhatsApp Nachrichten aus der Elterngruppe, man hält Blickkontakt (Achtung Home Office Worker: auch in Zoom, Skype oder FaceTime!). An den richtigen Stellen signalisiert der Telefonprofi mit einem beherzten „ahh. klar!“ die immer noch ungeteilte Aufmerksamkeit.

2. Aktives Verstehen der Inhalte. Das ist etwas komplizierter und kann auch nach hinten losgehen. Berater empfehlen hier das Paraphrasieren. Mit eigenen Worten werden die Aussagen des Gegenübers nochmals zusammengefasst – am besten als Frage formuliert („Habe ich richtig verstanden, dass …?“) für den Fall, dass man es eben doch wieder nicht richtig verstanden haben könnte.

3. Ermittlung des emotionalen Zustandes des Gegenübers. Mitarbeiter im Customer Care können ein Lied davon singen, wie wichtig es ist, die Emotionen des Kunden zu erspüren. Eine nicht angekommene Warenlieferung kann belustigt, leicht erregt oder zornig angemahnt werden. Das erkennt man am Tonfall, dem Gesichtsausdruck, in einer E-Mail oder anonymen Chat durchaus auch mal an einer rustikalen Formulierung. Emotionen liefern wichtige Zusatzinformationen, die ein optimales Verständnis des Kundenanliegens erst ermöglichen. Deshalb investieren Unternehmen auch nicht unerhebliche Summen in technische Sentiment Analysen ihrer Textnachrichten.   

 

Diesen Dreiklang gilt es herzustellen. Das ist nicht immer leicht. Zuletzt hatte ich einen Beschwerdefall bei einem großen Social Media Anbieter. Mein gesperrtes Werbekonto musste ich über einen Chat reklamieren. Zunächst hatte ich das Gefühl, dass der Mitarbeiter parallel an mindestens vier weiteren Anfragen arbeitet. Das Paraphrasieren war eingeübt („ich verstehe, Ihr Werbekonto ist gesperrt und Sie wissen nicht warum“). Die Problemlösung („Bitte lesen Sie unsere Richtlinien – ich kann Ihnen nicht sagen, wogegen Sie verstoßen haben“) wurde dreimal wiederholt – mit einem korrespondierenden Crescendo der guten Laune auf meiner Seite. Zwei Tage später erhielt ich eine E-Mail, dass man leider einen internen Fehler bei der Sperrung gemacht hatte.

 

Es gibt also Raum für Verbesserung – in der zwischenmenschlichen Kommunikation mit Partner und Eheleuten genauso wie mit Kunden. Die Kernelemente des aktiven Zuhörens sind kein Hexenwerk.

Der berühmte Peter F. Drucker setzt der Kommunikation im Unternehmensumfeld in diesem Zusammenhang allerdings noch die Krone auf. Er meint: Das Wichtigste in einem Gespräch ist, zu hören, was nicht gesagt wurde.

Doch das ist ein Thema für den nächsten Beitrag oder eine Episode auf dem neuen Podcast CX Talks auf Spotify, Apple Podcasts oder Anchor.FM.