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Die Blockchain wird das Marketing auf den Kopf stellen

In einer neuen Werbewelt wird die Blockchain und Kryptowährungen eine wichtige Rolle spielen. Gerade in Bezug auf persönliche Daten.
Jörg Eugster | 05.10.2020
Blockchain stellt Marketing auf den Kopf © Shutterstock / Blockchain-shutterstock_789618469
 

Stellen Sie sich vor, dass Sie künftig zu 100 Prozent die Hoheit über Ihre Daten haben, und Sie entscheiden, wem Sie den Zugriff darauf geben. Für den Zugriff auf Ihre Daten oder die Werbeeinblendungen werden Sie entschädigt. Ist diese ideale Welt aus Sicht des Users überhaupt realistisch?

 

Ja, denn in einer solchen neuen Werbewelt wird die Blockchain und Kryptowährungen eine wichtige Rolle spielen. Vermutlich werden Sie jetzt gleich an Bitcoin denken. Doch spielt Bitcoin in einer solchen neuen idealen Welt keine Rolle, dafür andere.

 

Wenn die Leute Kryptowährung hören, fallen ihnen gleich Euro, Dollar oder Schweizer Franken ein. Doch handelt es sich bei Kryptowährungen eher um Wertesysteme als um eine Landeswährung. Kryptowährungen werden in drei Kategorien eingeteilt:

1. Zahlungstoken (Payment Token): Bitcoin zum Beispiel ist ein reiner Zahlungstoken, der nur für Zahlungen eingesetzt werden kann.

2. Anlagetoken (Asset Token): Anstelle von Wertpapieren werden Token ausgegeben. Die Anzahl erworbener Token sind Anteile an einer Firma, einer Immobilie oder anderen Vermögenswerten. Dank einem Asset Token können diese Werte tokenisiert werden. Man spricht auch von Security Token, wenn damit Anteile von Firmen oder anderen Werten erworben werden.

3. Nutzungstoken (Utility Token): Utility Token erfüllen einen bestimmten Zweck und haben Funktionen, die über den Zahlungsverkehr hinausgehen. Diese Art Token wird fürs Marketing der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

 

Nutzungstoken ermöglichen Smart Contracts und M2M-Prozesse

2019 hat Porsche in einem Proof of Concept die Blockchain-gestützte Entrichtung der Parkgebühr getestet. In Ihrem Auto der Zukunft könnte ein Wallet mit einer Kryptowährung eingebaut sein. Ihr Auto zahlt alle Gebühren fürs Parken oder die Maut von Maschine zu Maschine (M2M, Machine-to-Machine) selbständig. Jede Transaktion wird in einer Blockchain sicher, dezentral und verschlüsselt auf vielen Servern (Nodes) gleichzeitig gespeichert. Die Nodes überwachen sich gegenseitig. Eine Blockchain braucht darum keinen Intermediär, der diese Sicherheit bietet.

 

Bei der Parkgebühr oder der Maut sind Sie einen (stillschweigenden) Vertrag eingegangen. Gewisse Blockchains wie z.B. Ethereum erlauben Smart Contracts, die sich selbst ausführen, sobald ein entsprechender Trigger den nächsten Prozess oder Abschluss des Vertrages auslöst. Sobald Sie vom Parkplatz wegfahren, wird die Parkgebühr fällig.

Im E-Commerce wäre ein solcher Smart Contract sehr hilfreich. Wenn Sie einen Artikel kaufen und gleichzeitig zahlen müssen, aber nicht sicher sind, ob Sie die Ware bekommen, könnte hier die Blockchain für mehr Sicherheit sorgen. Der Betrag würde dann nicht der Händler schon beim Kauf bekommen, sondern würde erst mal nur auf der Blockchain reserviert und blockiert. Sobald der Paketdienstleister das Paket ausliefert und Sie dies bestätigen, wird der Betrag erst dann für den Händler verfügbar.

Nutzungstoken für Werbeeinblendungen und Tracking ihrer Daten

Wenn wir das aufs Marketing übertragen, dann werden Sie analog dem im Auto eingebauten Wallet, ein Wallet im Browser, im Smart-TV oder in einer App haben. Für die Werbeeinblendungen werden Sie mit Utility-Token entschädigt. Sie entscheiden, ob Sie Ihre Daten für Werbezwecke zur Verfügung stellen, werden aber auch dafür mit Microbeträgen der entsprechenden Kryptowährung entschädigt. Der Begriff Währung hat nicht die gleiche Bedeutung wie eine Landeswährung, sondern wir vergleichen das eher mit einen Wertesystem.

 

Der Werbungtreibende bekommt in einem solchen System die besseren Daten und weiss genauer, welche soziodemografischen Profile seine Werbung wann und wo angeschaut haben. Natürlich werden auch hier keine Daten weitergegeben, sondern nur anonymisierte Profildaten für Targetingzwecke zur Verfügung gestellt. Der Unterschied zu heute ist, dass der Nutzer alleine entscheiden, was mit seinen Daten geschieht und wird dafür entschädigt.

 

Auf Social Media übertragen heisst das, dass Sie für Ihre Beiträge nach deren Reichweite und Interaktion entschädigt werden. Wenn Sie Ihre Daten geheim halten wollen, können Sie das, entschädigen aber das Netzwerk mit Ihrem monatlichen Beitrag in Form des gleichen Nutzungstokens. So haben Sie die Wahl, Ihre Daten gegen Entschädigung zur Verfügung stellen, oder aber für die Nutzung zu zahlen. Fairer geht es wohl kaum.

 

Die gesammelten Token können Sie für den Erwerb von Produkten analog einem Loyalitätsprogramm verwenden. So bekommen Sie Waren der Werbungtreibenden vergünstigt oder gratis, für die Sie ja die Werbeeinblendung erlaubt haben. Ein schöner Kreislauf, der sich hier schliesst.

 

Es gibt bereits einige solcher Ansätze. Der Brave-Browser oder die Social-Media-Plattform Steem verfolgen diesen Ansatz. Ob sie die Relevanz der etablierten Plattformen erreichen können, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Vermutlich wird eher ein völlig neuer Anbieter für Furore sorgen und ein exponentielles Wachstum hinlegen. Wenn sie die Coolness eines Tiktok haben, dann könnte durchaus ein neuer völlig unbekannter Anbieter für Disruption im Werbemarkt sorgen.