Marketing-Börse PLUS - Fachbeiträge zu Marketing und Digitalisierung
print logo

So nehmen Marken im Social Web Tempo auf

Social Media-Kommunikation ist extrem dynamisch. Die Vorlieben der Nutzer ändern sich schnell.
Matthias Schäfer | 31.01.2021
So nehmen Marken im Social Web Tempo auf © freepik
 

Social Media-Kommunikation ist extrem dynamisch. Die Vorlieben der Nutzer ändern sich so schnell wie die angesagten Themen, Trends und Influencer bzw. Creator. Mit einem effizienten Workflow und einer agilen Organisation des Social Media-Teams meistern die Verantwortlichen die zeitlichen und qualitativen Anforderungen.

Das GoPro-Foto des Tages, der neueste Rose Bike-Rennradtest oder das aktuelle Geburtstags-Gewinnspiel von Haribo. Tag für Tag posten Unternehmen zahlreiche solche Beiträge in ihren Social Media-Kanälen. Wir folgen ihnen auf Instagram, TikTok, Facebook und anderen Plattformen, liken Produkte und Aktionen oder interagieren mit ihnen in Form von Produktanfragen, Gewinnspielen oder Kritik.

Dass Marken dabei immer top-aktuell sind, relevanten Content für ihre User erstellen und im besten Fall durch überraschende, mutige oder auch zum Nachdenken anregende Posts überzeugen, ist für uns selbstverständlich. Für die Unternehmen selbst ist das jedoch, insbesondere in der Startphase, keine ganz leichte Aufgabe. Denn hinter jedem Post und jeder Aktivität steckt viel Arbeit und es greifen verschiedene Rädchen ineinander – oft in relativ kurzer Zeit: Von der Redaktion und Art Direktion über das Projekt- und Brandmanagement bis zum Customer Support und rechtlichen Aspekten kommt es auf ein eingespieltes Miteinander an, damit Social Media-Strategien wirken und orchestrierte Maßnahmen die Zielgruppe überzeugen – um so letztlich den SoMe-Nutzer zum Shopper zu machen, bestenfalls direkt via Social Commerce.  

Was wollen wir eigentlich?

Die Emotionalität der Marke steigern, die Klickraten erhöhen oder neue Zielgruppen gewinnen? Zu Beginn sollten Markenverantwortliche klare Ziele für die Startphase definieren. Entsprechend gilt es, die Auswahl der Kanäle sowie der Inhalte zu planen. Vorhandene Kundendaten und KPIs – wie Reach, Share of Audience, Engagementrate, Conversionrate oder New Visitor Conversion – helfen dabei, den Ist-Zustand als Ausgangspunkt aller Überlegungen zu ermitteln und den Erfolg zu jedem Zeitpunkt messbar zu machen. Was in agilen Projektumfeldern unter Product-Vision bekannt ist, definiert auch in der Social Media-Kommunikation die übergeordneten Ziele. Auf dem Weg dorthin lassen sich Zwischenziele je nach Entwicklung immer wieder nachjustieren.

Der effiziente Arbeitsprozess

Mit einem agilen Workflow lässt sich die gesamte Social Media-Strategie und -Exekution optimieren – von der Kreation bis zum Community-Management. Idealerweise bilden aus der Strategie abgeleitete Vorgaben den Rahmen, um agiles Arbeiten zu ermöglichen. Themencluster, Formate, Redaktionspläne und Tonality-Guides erhöhen das Tempo – und zugleich die Chance auf wirkliche, authentische Interaktion zwischen der eigenen Marke und den Nutzern.

Wie sieht das denn aus?

Die Ziele sind priorisiert und die Kanäle entsprechend der Vorlieben der Zielgruppe definiert. Kann es also losgehen? Noch nicht ganz! Denn auch die optische Gestaltung spielt eine große Rolle und sollte vorab feststehen: Nur eine klare – und bei aller Vielfalt stets wiedererkennbare Social Media-CI garantiert, dass die Marke im Social-Stream nachhaltig sichtbar ist. Aus einer Vielzahl an unterschiedlichsten Posts und Kanäle entsteht so idealerweise ein im Design einheitliches und wiedererkennbares Kommunikationsbild der Marke.

Und was soll ich damit?

Warum interessieren sich User mehr für den einen Post als für den anderen? Und was erachtet der Nutzer für sich als relevant? Ein aktuell viel geklickter Beitrag auf Instagram ist ein Post von “Tentree”. Die Organisation versprach, für fünf Millionen Likes 500.000 Bäume in Indonesien zu pflanzen – das Ziel wurde längst erreicht. Das nächste Ziel sind 20 Millionen Likes. Dafür werden eine Million Bäume gepflanzt. Das Agieren von Tentree, deren Geschäftsidee das Pflanzen von Bäumen durch den Verkauf nachhaltiger Mode ist, bleibt authentisch. Ein Automobilhersteller würde hierbei wenig glaubhaft wirken.

Um Themen erfolgreich zu besetzen, gilt es also, eine Schnittmenge zu finden – zwischen dem, was für Menschen relevant ist und dem, wofür Marken authentisch stehen. Im Falle von Tentree ist das das Thema Nachhaltigkeit. In diesem Falle eine nachvollziehbare Liaison.

Halt, Stopp!

Moment mal! Was war denn das? Schnell scrollt der Finger wieder ein kleines Stück nach oben und der User schaute sich genauer an, was gerade seine Aufmerksamkeit erregt hat. War es ein ungesehenes oder aufrüttelndes Bild, eine starke Meinung oder ein ironisches Statement, das die News des Tages kommentiert? Gleich was – wer im Social-Stream nicht untergehen will, muss dafür sorgen, dass User beim Scrollen stoppen – und den eigenen Content lesen. Für solchen „Thumbstopping Content“ bleiben nur wenige Sekunden.

Gute Kenntnisse der Zielgruppe sowie eine Portion Mut gehören dazu, aufmerksamkeitsstarke Inhalte zu kreieren. Was bewegt die Menschen, was interessiert sie – und wie ändert sich das unter den Vorzeichen von COVID-19? Influencer, die Baby- oder Kosmetik-Produkte erklären, oder digitale Live-Events, wie das virtuelle Wacken-Festival der Telekom, treffen den Nerv einer Nation, die zuhause bleiben muss. Die US-Biermarke Coors hat unter dem Hashtag #coulduseabeer sogar Biere verschenkt – an all jene, die nominiert wurden, weil sie in der Krise eines verdient hatten.

Ein gutes Beispiel übrigens für ein über Wochen wiederkehrendes Format, das es einem SoMe-Team erlaubt, in einem gegebenen Rahmen schnell und flexibel agieren zu können – und dabei sogar die Nutzer einen wesentlichen Teil des Contents erstellen zu lassen.

Fehlerkultur etablieren

Ein Posting hat nicht performed? Macht nichts. In der Social Media-Kommunikation können sich Markenverantwortliche Stück für Stück ein Bild darüber machen, welche Beiträge bei ihren Zielgruppen funktionieren und welche nicht. Der finanzielle Aufwand pro Beitrag bleibt überschaubar, so dass ein nicht beachteter Post kein Drama ist. Unternehmen finden durch dieses Trial-and-Error-Vorgehen – idealerweise organisatorisch umgesetzt in kleinen Iterationsrunden – viel über die Gewohnheiten und Vorlieben ihrer Nutzer heraus und bekommen die Möglichkeit, die gewonnenen Erkenntnisse fortlaufend in der weiteren Planung agil umsetzen zu können.

So lassen sich auf ein bestimmtes Thema einzahlende Posts oder Ads preisgünstig unter die Menschen bringen. Nach einigen Tagen steht das erfolgreichste Asset fest und wird dann mit einem größeren Budget richtig gepusht.

Flexibel auch im Sturm

Ein Shitstorm zieht auf? Wenn es einmal turbulent wird, ist agiles Handeln gefragt. Leider sind solche Fälle selten vorherzusehen und haben schon viele Unternehmenslenker auf dem falschen Fuß erwischt. Deshalb sollten die Social Media-Mitarbeiter darauf vorbereitet sein, auf Vorwürfe oder Spott schnell und angemessen reagieren zu können. Abgestufte Reaktions- und Verhaltensregeln, wie Zuständigkeiten oder Wordings, geben den Team-Mitgliedern Sicherheit, um schnell zu handeln. Auch ein Eskalationsplan, der im Notfall höchste Führungsetagen einschließt und schnelle Reaktionen ermöglicht, gehört dazu.

Gleich, ob die Kommunikation mit dem Nutzer in den Social Media-Kanälen in wilden Stürmen oder in ruhigerem Fahrwasser stattfindet: Immer geht es um eine authentische und möglichst schnelle Interaktion zwischen der eigenen Marke und den Nutzern. Wer diesen Prozess agil und effizient aufsetzt, wird gewinnen.