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Digitalisierung ist mehr als Technologie

Warum Digitalisierung vor allem eine Veränderung der Haltung voraussetzt und kritisch hinterfragt werden sollte. Aktuelle Praxisbeispiele.
Ulrike Winzer | 29.03.2021
Digitalisierung ist mehr als Technologie © Freepik
 

Deutschland hinkt in der Digitalisierung hinterher. Auch wenn durch den Ausbruch der Covid-19 Pandemie deutlich wurde, dass hierzulande ein hoher Handlungsbedarf besteht und auch wenn augenscheinlich einiges angestoßen wurde, so ist dennoch in vielen Organisationen und Unternehmen die „Aufbruch-Stimmung“ verhalten. Warum erfolgreiche Digitalisierung vor allem eine Veränderung der Haltung voraussetzt. 

Deshalb gibt es für viele Geschäftsprozesse mittlerweile Standardsoftware. Und die meisten dieser Standardprodukte lassen sich dann durch Parameter und diverse Einstellungen wiederum auf die Bedürfnisse des Unternehmens anpassen. Zur Not kann dann immer noch das ein oder andere Sondermodul hinzu programmiert werden. Des „Kunden“ Wille ist sein Himmelreich.

Analog zur bekannten Werbung aus der Pharma-Branche und dem Gang zur Apotheke wird auch im Unternehmen gerne das Symptom durch ein Bekämpfen des Symptoms gelöst. Die Ursache wird seltener beleuchtet. Fertig ist die schöne neue digitalisierte Welt.

Hinterfragen des Status Quo

Ist es wirklich das gerade Beschriebene, das den Charme der Digitalisierung ausmacht? Das zu Effizienzgewinnen, Schnelligkeit, Vereinfachung und Freiräumen führt? Ist es wirklich „nur“ das Überführen des Bisherigen in ein anderes Format?

Schön wäre es. Aber, nein. Das ist es natürlich nicht. Wer Digitalisierung sinnvoll und nutzenbringend einsetzen will, braucht zunächst Klarheit darüber, wo er steht und wohin die Reise gehen soll. Das gilt für jede Art der Veränderung, doch das gilt in besonderem Maße für die digitale Transformation. Prozesse, die heute schon von gestern sind und die ohne kritisches Hinterfragen einfach nur in ein digitales Format gezwängt werden, sind der Todesstoß für die Zukunft.

Die Digitalisierung ist vielmehr ein Aufruf dazu, den Status Quo kritisch zu hinterfragen. Ohne Verklärung und Schönreden, ohne Schuldzuweisungen und Klammern am Gewohnten. Ist das eigentlich sinnvoll, was wir hier tun? Und wie wir es tun? Brauchen wir das? Und wenn ja, in dieser Form? Lässt sich das nicht auch anders umsetzen? Einfacher? Schneller? Bringt uns das unserem Ziel näher (dem Unternehmensziel genauso wie den persönlichen Zielen)? Können wir Ideen nutzen, die bisher außen vorgeblieben sind? Können wir technische Möglichkeiten nutzen, die die digitalisierte Welt bietet und für die in der analogen Welt kein Platz war?

Digitale Transformation beginnt zwischen den Ohren

Das kritische Hinterfragen fällt etablierten Unternehmen besonders schwer. Wer gewohnt ist, in Hierarchien, Prozessen, Regeln und Abläufen zu denken und zu agieren, hinterfragt nicht gerne. Das Gewohnte beruhigt und vermittelt Sicherheit. Neue gegründete Start-up Unternehmen nutzen diesen Zustand. Sie setzen nicht auf historisch Gewachsenem auf, sondern bei Null. Sie denken neu und platzieren sich in dem Vakuum, das durch Stillstand erst ermöglicht wird.

Das aktuellste Beispiel liefern gerade die Lebensmitteldiscounter, die Corona Schnelltests anbieten, wo die Politik versagt. Der Andrang führte bei einem der Discounter dazu, dass die Webseite als Folge der hohen Nachfrage zusammenbrach. Die Tatsache, dass diese Discounter gerade keine agilen Start-Ups sind, zeigt nur, wie hoch der Handlungsbedarf besonders im öffentlichen Sektor ist.

Wer morgen noch im Spiel dabei sein will, muss sich heute zwingend fragen, wo morgen der Ball sein wird, damit er heute die Weichen dafür stellen kann. Das gilt für Unternehmen, Organisationen und die Politik genauso wie für jeden einzelnen Menschen in einer digitalisierten Welt. Das setzt die Bereitschaft voraus, sich der Wahrheit zu stellen, Klarheit zu schaffen, eindeutige Entscheidungen zu treffen und konsequent zu handeln. Genauso wenig wie ein Virus diskutiert, genauso wenig diskutiert die sich schnell wandelnde Welt mit uns und wartet. Nur wer mutig und zielgerichtet handelt kommt vom Fleck und ist bereit für die Zukunft.

# Digitalisierung ist mehr als Technologie! Digitalisieren Sie schlau! Technologie wirkt immer nur in der Weise wie Menschen sie einsetzen. Ein schlechter analoger Prozess ist auch digital ein schlechter Prozess!

# Change beginnt im Kopf! Hinterfragen Sie Ihre Glaubenssätze und Muster! Der innere Schwätzer hat Freude daran, Sie zurückzuhalten!

# Transformation erzeugt neue Formationen!
Glauben Sie nicht alles, was Sie kennen! Prüfen Sie offen und ehrlich, inwieweit Ihr Tun Sie wirklich zum Ziel bringt!

# Handeln ist der Schlüssel Bleiben Sie nicht in Plänen und Bewertungen stecken! Setzen Sie um und lernen Sie aus der Umsetzung!  

# Mindset Verlassen Sie Ihre Komfortzone - auch wenn Sie noch so verführerisch wirkt! Durch Zögern und Zuschauen bewegen Sie nichts!

Img of Ulrike Winzer

Ulrike Winzer ist diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin. Als begeisterte ITlerin ist ihr Werdegang ungewöhnlich und von Veränderung geprägt.