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Der Weg aus der drohenden „Cookiecalypse“

Was das Aus von Cookies für Online-Händler bedeutet, denn die DSGVO verlangt, dass die Besucher-Aktivitäten nicht automatisch getrackt werden dürfen.
Steffen Groba | 18.08.2021
Der Weg raus aus der drohenden „Cookiecalypse“ © Pixabay / BernadetteWurzinger
 

Auch wenn die dunkle Seite der Macht – aufgrund der zahlreichen „Kekse“ – äußerst verlockend wirkt, müssen Online-Händler und Werbetreibende spätestens ab 2023 neue Wege zum Tracking ihrer Online-Marketing-Aktivitäten finden. Lange Zeit haben sie sich auf Cookies verlassen, um ihre Kunden und Zielgruppen noch besser kennenzulernen. Diese stehen allerdings schon länger in der Kritik und sind bei Internet-Nutzern eher unbeliebt. Darunter vor allem Third-Party-Cookies, denn im Gegensatz zu First-Party-Cookies werden sie auf den Geräten der User platziert. Schon seit Mai 2018 zeichnet sich deren Ende ab – denn die DSGVO verlangt gemäß „Privacy by Default“, dass Website-Betreiber nicht automatisch die Aktivitäten ihrer Besucher tracken dürfen. Was bedeutet die drohende Cookiecalypse aber nun konkret für Online-Händler?

Cookies sind ein zweischneidiges Schwert: Online-Marketer und -Händler sind auf sie angewiesen, denn sie erlauben, bestehende oder neue Kunden noch besser kennenzulernen. Sie zeigen Einblicke in das Nutzungsverhalten der Besucher: Woher kommen sie? Welche Seiten besuchen sie besonders häufig? Wie viel Zeit verbringen sie auf einer Seite? Welche Produkte schauen sie sich genau an? Diese Erkenntnisse sind nur dank Cookies möglich. Dabei handelt es sich um kleine Textdateien, die der Server einer Website auf dem Rechner des Besuchers speichert. Besucht der User diese Website später erneut, lassen sich durch die gespeicherten Cookies Rückschlüsse ziehen, wie er die Seite bislang genutzt hat.

Dem Datenschutz ein Dorn im Auge

Datenschutzrechtlich sind Cookies allerdings seit jeher bedenklich, da sie umfassendes Tracking der Nutzer ermöglichen. Der Datenschutz kritisiert gerade diese Profilierung, da vor allem auch Dritte, etwa Werbetreibende, Zugriff darauf erhalten. Website-Besucher selbst sind Cookies gegenüber entweder pragmatisch eingestellt oder verteufeln sie sogar. Dass sie vor dem Besuch einer Website der Datenverarbeitung zustimmen müssen, empfinden sie einer Studie von Web.de und GMX zufolge „nerviger“ als zuvor. Dabei sind diese Einwilligungen aus Datenschutzgründen notwendig. 41 Prozent der Nutzer finden nicht, dass sich durch die Cookie-Hinweise etwas verbessert hat, 36 Prozent halten den Informationsumfang sogar als zu hoch. Diese Haltung bezeichnet man auch als „Privacy Paradox“ – obgleich Internet-Nutzer sehr viel Wert auf den Schutz ihrer Privatsphäre legen, sind sie nicht dazu bereit, entsprechende Einstellungen bei einem Website-Besuch vorzunehmen.

Immer mehr Browser blockieren Drittanbieter-Cookies

Bereits seit September 2019 blockt Firefox Tracking-Cookies von Drittanbietern automatisch. Der intelligente Tracking-Schutz des Apple-Browsers Safari agiert ähnlich. Im Datenschutzbericht des Browsers ist sogar ersichtlich, welcher Website es nicht gestattet wurde, ein Profil über den Nutzer anzulegen. Seit Google im Juni 2021 bekanntgegeben hat, dass es in seinem marktführenden Chrome-Browser ebenfalls keine Drittanbieter-Cookies mehr zulässt, wird die drohende Cookiecalypse spätestens 2023 zur Wirklichkeit. Im Rahmen der Privacy-Sandbox-Initiative[1] werden Unternehmen ab Ende 2022 neun Monate Zeit haben, um ihre Dienste umzustellen. Ab Mitte 2023 wird Google seine Unterstützung von Third-Party-Cookies binnen drei Monaten endgültig einstellen.

 

Diese Entscheidung stellt eine Zäsur in Online-Marketing und E-Commerce dar. Geschäftsmodelle – darunter das Retargeting – sind von da an in der gewohnten Form kaum noch möglich. Nutzer personalisiert anzusprechen, etwa durch die Analyse der Customer Journey, gehört damit ebenfalls der Vergangenheit an. Data-Management-Plattformen oder -Lösungen, mit denen sich Anzeigen vermarkten lassen, stellt dies ebenso vor große Herausforderungen.

 

Doch was sind die Alternativen? Folgende Tipps helfen, der Cookiecalypse zu entkommen:

 

1. Tipp: CRM noch intensiver nutzen.

Damit die Cookiecalypse nicht zum Online-Marketing-Fiasko wird, sollten Unternehmen sich noch stärker auf ihr bestehendes Dateninventar fokussieren. Nicht nur neue Kunden zu gewinnen ist von hoher Bedeutung, ebenso wichtig ist es, Bestandskunden noch besser zu betreuen. Wertvolle Datenschätze diesbezüglich finden sich im CRM-System. Das sogenannte CRM-Retargeting unterstützt dabei, Kundendaten zu nutzen, mit deren Hilfe sich Conversion Rates im Sales Funnel erhöhen und Verkaufsprozesse vorantreiben lassen. Besonders nützlich ist hier ein omnichannel-fähiges CRM-System, das in der Lage ist, sämtliche Off- und Online-Kanäle miteinzubeziehen und gewinnbringend zu vernetzen.

2. Tipp: Vorteile von CRM-Targeting einsetzen.

Aus dem Online-Bereich kennen viele Online-Händler Retargeting. Dabei beklagen sie allerdings häufig Streuverluste, beispielsweise wenn sie Anzeigen für ein Produkt ausspielen, das der Kunde aber schon längst gekauft hat. Mit CRM-Trargeting agieren Händler wesentlich treffsicherer. Off- und Online-Aktivitäten lassen sich so noch enger miteinander verzahnen. Eine Studie im Auftrag der Deutschen Post[1] hat im Jahr 2019 beispielsweise ergeben, dass Online-Händler mit Print-Mailings, die sie an Bestandskunden versenden, ihren Umsatz um 12 Prozent steigern konnten. Außerdem haben Kunden mit höheren Durchschnittswarenkorbwerten eine um bis zu 115 Prozent höhere Conversion Rate erzielt. Durch die geschickte, maßgeschneiderte Ansprache über alle Kanäle hinweg – die durch CRM-Targeting möglich wird – lassen sich somit auch ohne Cookies Umsätze im Online-Handel deutlich steigern.

Jetzt handeln!

Das Jahr 2022 wird das Ende der Third-Party-Cookies einläuten. Das klassische Online-Marketing wird damit einer wichtigen Grundlage beraubt, um (potenzielle) Kunden gezielt zu adressieren. Der E-Commerce ist nun gefordert, alternative, datenschutzrechtlich sichere Wege einzuschlagen. Methoden wie Fingerprinting oder auch Advertising-ID stehen zur Verfügung, sind allerdings zunächst von der kritischen Masse zu akzeptieren. Nicht erst im Jahr 2022 ist die Zeit zu agieren gekommen. Online-Händler müssen jetzt geeignete Schritte einläuten und einen ausgeklügelten Schlachtplan entwickeln, um sich auf die Post-Cookie-Ära vorzubereiten. CRM-Targeting wird im Zuge dessen eine bedeutende Rolle einnehmen.

 

[1]    Dominik Grollmann: „Post: Immer mehr Online-Händler versenden Print-Mailings“, 1. Februar 2019, veröffentlicht auf https://www.ibusiness.de/aktuell/db/010968grollmann.html

[2] www.privacysandbox.com

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Steffem Groba ist Director Business Development bei Arvato Systems.