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Auch in Dir steckt eine Personal Brand

Im Interview erläutert Social-Media- und Branding-Experte Torben Platzer, wie sich eine Personenmarke aufbauen lässt und für wen sich das lohnt.
Auch in Dir steckt eine Personal Brand © Torben Platzer
 

Das Interview führte Yannik Sulzbacher, Redakteur marketing-BÖRSE

 

Als er vor der Bewerbung für ein Referendariat stand, musste er sich entscheiden. Wird er Lehrer, wie es sich seine Eltern wünschten, oder macht er sich selbstständig und geht seinen eigenen Weg? Torben Platzer entschied sich für die zweite Option und gehört heute zu den profiliertesten Experten auf dem Gebiet Personal Branding. Sein Erfolgsrezept? Er lebt vor, was er predigt. Torben Platzer ist mittlerweile eine Personenmarke, die 500.000 Follower hinter sich versammelt. Mit seiner Biografie „Living a Selfmade Life” stieg er zum Spiegel-Bestseller auf und legte Ende des Jahres sein zweites Buch „Selfmade Branding“ nach. Im Interview mit der marketing-BÖRSE erläutert Torben Platzer, welche Schritte notwendig sind, um sich eine Personal Brand aufzubauen und für wen es sich lohnt.

 

MB: Vor Kurzem erschien dein neues Buch „Selfmade Branding“. Mit deinem ersten "Living a Selfmade Life" hast du es auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft. Hast du diesen Erfolg damals erwartet?

 

Torben: Ich muss ehrlich sagen, nein, das habe ich tatsächlich nicht. Ich habe meine Biografie aufgeschrieben, um anderen damit Mut zu machen. Ich wollte Leute motivieren, aus sich herauszukommen, denn ich selbst war früher auch ein introvertierter Typ. Tatsächlich hat mir die Kamera dabei geholfen, Selbstvertrauen zu finden, weil ich es leichter finde, in eine Linse zu sprechen als vor Menschen. Wenn ich jetzt in meine Nachrichten schaue, dann ist die häufigste Nachricht, die ich bekomme „Hey Torben, das sieht alles so cool aus, was du machst, aber ich würde mich nie trauen, in mein Handy zu sprechen oder mit Social Media anzufangen.“ Ich hätte nie gedacht, dass so viele Leute das Buch tatsächlich kaufen. Denn ich bin kein perfekter Autor, doch ich habe beide Bücher selbst geschrieben. Ich glaube, dass viele Leute sich das Buch kauften, weil ich über meine Marke einen Vertrauensvorschuss habe und Menschen meinen Content schätzen und kennen.

 

MB: In deinem neuen Buch dreht sich alles um Personal Branding. Was genau ist denn eine Personal Brand?

 

Torben: Eine Personal Brand ist eine Personenmarke. Das heißt, es ist in dem Fall keine Unternehmensmarke wie Tesla oder eine Produktmarke wie Milka, sondern die Person selbst wird zur Marke. Das heißt, die Leute haben eine bestimmte Wahrnehmung von dir, von dem, was dich ausmacht, was deine Werte sind und was sie von dir erwarten können. Die Personenmarke hat dann einen klaren Nutzen für die Menschen, die ihr folgen.

 

MB: Für wen lohnt es sich, eine Personal Brand aufzubauen? Ist das nur etwas für Influencer oder kann davon jeder profitieren?

 

Torben: Viele Leute denken, das ist nur für Influencer. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Personenmarke von den drei Markenoptionen, die es gibt, also Unternehmens-, Produkt- und Personenmarke, die stärkste ist. Weil die Beziehung von Mensch zu Mensch viel besser funktioniert als von einem Unternehmen zu einem Menschen. Man muss nur sein eigenes Nutzerverhalten hinterfragen. Wie vielen Unternehmensseiten folge ich? Und was ist der Benefit, wenn ich diesen Seiten folge? Der ist meistens relativ gering, außer dass man neue Informationen über Produktreleases bekommt. Doch auch das können Menschen besser kommunizieren. Bei der Personenmarke ist hingegen die Identifikation um ein Vielfaches größer. Da gibt es beispielsweise Elon Musk oder Jeff Bezos. Der Gesprächsbedarf um diese beiden Personenmarken herum ist riesig. Dabei geht es meistens nicht um die Dinge, die das Unternehmen als Pressemitteilung rausgibt, sondern um das, was zwischen den Zeilen passiert. Wie zum Beispiel, wenn Elon Musk bei Joe Rogan im Podcast einen Joint raucht oder Jeff Bezos, der nach seiner Trennung angefangen hat zu trainieren und auf einmal einen extrem muskulösen Körper hat. Eine Personenmarke kann jemand sein, der ein Unternehmen oder der ein Start-up hat und feststellt, unsere Message kommt nicht wirklich an. Und vielleicht ist das Produkt auch nicht so sexy. Dann ist eine Personenmarke eine gute Möglichkeit, eine Verbindung nach außen zu schaffen und ins Gespräch zu kommen. Die Menschen können sich plötzlich mit jemand identifizieren. Und danach kommt erst das Unternehmen. Zum Beispiel die Jungs von Snocks haben das sehr gut vorgemacht. Viele von ihnen haben sich neben der Unternehmensmarke als eigenständige Personenmarke auf LinkedIn etabliert. Sie liefern Content, weil sie verstanden haben, dass sie dadurch neue Mitarbeiter und Kunden gewinnen können.

 

MB: In deinem Buch erläuterst du, welche Schritte notwendig sind, um eine Personal Brand aufzubauen. Kannst du diese genauer beleuchten?

 

Torben: Zunächst sollte man immer überlegen, warum will ich das? Und der Grund darf auch sein, ich möchte einfach nur meinen Kundenstamm erweitern oder neue Mitarbeiter gewinnen. Es ist superwichtig zu wissen, warum man die Marke aufbaut. Schritt Nummer zwei ist, immer zu überlegen, was das Kernthema ist, um das herum die Marke aufgebaut werden soll. Denn, wenngleich es Personenmarke heißt, ist die Person nicht das Kernthema. Bei Elon Musk ist es zum Beispiel der technologische Fortschritt. Bei Jeff Bezos ist es die Idee gewesen, Leuten über Nacht etwas nach Hause zu liefern. Schritt Nummer drei ist, den Markt zu analysieren und zu überlegen, wo positioniere ich mich? Einer der Hauptfehler ist es, dass sich Leute zu groß positionieren. Zum Beispiel gibt es schon Hunderttausende Personenmarken im Bereich Fitness. Da macht es viel mehr Sinn, den Bereich mehr einzugrenzen, indem man sagt, Fitness für Menschen, die nur zu Hause trainieren. Oder besser, Fitness für Menschen, die nur zu Hause trainieren und am Tag zehn Minuten Zeit haben. Noch besser wäre aber Fitness für Menschen, die zu Hause trainieren, zehn Minuten Zeit haben und nur mit Bodyweight. Das wäre beispielsweise eine schöne Nische. Und dann fängt man bei Schritt vier an zu überlegen, wo ist diese Zielgruppe? Welche Plattform will ich bespielen und wie könnten Content-Formate aussehen, die diese Menschen ansprechen. Das sind die elementarsten Schritte, die jemand beachten sollte, der eine Personal Brand aufbauen möchte.

 

MB: Du magst das Wort zwar nicht, aber ich muss trotzdem darauf zu sprechen kommen: Wie wichtig ist Authentizität beim Aufbau einer Personenmarke?

 

Torben: Du sagst, ich mag das Wort nicht und ich sage auch direkt, woran es liegt. Für mich ist Authentizität die Voraussetzung, die Basis von allem. In meinem Buch zum Beispiel ist Authentizität die Bedingung. Ich glaube, wenn jemand ins Internet geht und er sich dort eine Maske aufsetzt, dann ist es ein großer Unterschied, ob er kommuniziert, eine Maske aufzuhaben oder ob er so tut, als hätte er keine auf. Zum Beispiel Felix Lobrecht, einer der bekanntesten oder wahrscheinlich hier in Deutschland der bekannteste Comedian. Wenn der auf die Bühne geht und seine Witze für anderthalb Stunden zum Besten gibt, dann ist klar, dass er in dem Moment eine Maske trägt. Wenn er jetzt aber sagen würde, er ist immer genau so wie in den anderthalb Stunden auf der Bühne, dann wäre das nicht authentisch. Jeder weiß, wenn er nicht auf der Bühne steht, wird er auch ganz normale Gespräche führen. Das ist das Entscheidende. Das heißt, als Personenmarke geht es immer darum, authentisch zu sein. Es geht gar nicht darum, dass du nur das verkörperst, was deine Personenmarke sagt, sondern es geht eher darum, dass du ehrlich mit den Leuten kommunizierst, die dir folgen. Authentizität ist ehrliche Kommunikation.

 

MB: Was in deinem Buch auch eine wichtige Rolle spielt, ist Storytelling. Du sprichst von fünf Elementen einer Story. 1. Protagonist/Held, 2. Grund/Ziel, 3. Konflikt, 4. Dramaturgie, 5. Lösung. Kannst du genauer erläutern, was man sich darunter vorstellen muss?

 

Torben: Wenn Menschen beispielsweise bei Instagram anfangen Stories zu machen, dann zeigen sie oftmals kurze Ausschnitte aus ihrem Alltag. Ein einfaches Beispiel ist, ich bin gerade aufgestanden, höre einen Podcast, gehe Gassi oder mache mir gerade Essen. Aber das ist nur spannend, wenn die Person schon bekannt ist und für etwas Bestimmtes steht. Wenn jetzt Justin Bieber so was zeigt, dann ist das cool, weil du ihn durch seine Musik kennst und dich fragst, wie trainiert er oder was isst er? Wenn das aber eine Person macht, die keiner kennt, dann wird das auch keine Reichweite bekommen. Da ist es dann besonders wichtig, dass die erzählten Geschichten einen Spannungsbogen haben. Mein Tipp: "Document the Journey". Nicht die Dinge auslassen, die man normalerweise auslassen würde. Ganz einfaches Beispiel, das jeder kennt. Man will den Flieger bekommen und ist spät dran. Viele Leute zeigen erst, wenn sie im Flieger sitzen, ein Bild von den Wolken und sagen „jetzt geht's nach Paris“. Was aber viel spannender wäre und auch viel mehr Reichweite bekommen würde, ist, wenn du morgens sagst „Fuck, ich habe die Koffer gepackt und ich habe gar keine Ahnung, ob wir es schaffen, noch pünktlich am Flughafen anzukommen, weil wir schon so spät dran sind.“ Diese Story sorgt dafür, dass Leute zu Hause sitzen und sich fragen, ob man den Flug noch erwischt hat. Es sind meistens die Dinge, die man weglassen würde, die am interessantesten sind. Ich zum Beispiel war heute Morgen beim Arzt und habe dort eine Story gepostet, nachdem die Leute mir die ganze Zeit gesagt haben, ich soll mich auf Corona testen lassen. Also mache ich heute einen Test und zeige, dass ich beim Arzt sitze. Dadurch fragen sich meine Follower jetzt, was dabei rauskommt. Stattdessen hätte ich mich auch in 24 Stunden wieder melden und sagen können „ich bin negativ, Leute, alles gut“. Und das ist Storytelling. Zu zeigen, welche Herausforderungen oder Schwierigkeiten gerade zu bewältigen sind, wenn mal etwas nicht so reibungslos läuft. Und da sind wir wieder beim Thema Authentizität.

 

MB: Es gibt mittlerweile immer mehr Plattformen, auf denen man aktiv sein kann. Sei es im Business-Bereich LinkedIn oder Xing oder klassische soziale Netzwerke wie Instagram oder Facebook. Wie wichtig ist die richtige Auswahl der Plattform beim Aufbau einer Personenmarke und sollte man möglichst viele bespielen oder sich auf eine konzentrieren?

 

Torben: Es gibt so viele Plattformen, da ist die richtige Auswahl superwichtig. Um das beste Resultat rauszuholen, müsste man auf allen Plattformen aktiv sein. Aber dafür hat kaum jemand die Zeit. Deshalb muss eine Auswahl getroffen werden und die ist abhängig von Priorisierungen und Überlegungen wie zum Beispiel „Wo ist die Zielgruppe, die ich ansprechen möchte?“. Mein Schema im Buch ist, sich eine primäre und eine sekundäre Plattform auszusuchen und den Content auf anderen Plattformen zu recyceln. Der Klassiker ist momentan, wenn es wirklich um reine Relevanz geht, Instagram als erste und als zweite Plattform entweder TikTok oder LinkedIn. Je nachdem, ob es Richtung Entertainment oder Infotainment geht. Sehr gut bieten sich Kurzvideos an, die man auch auf den verschiedenen Plattformen recyceln kann, wie zum Beispiel TikTok, YouTube Shorts, LinkedIn oder Facebook. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die Relevanz und die Priorisierung der Plattformen ständig ändern. Momentan sind Instagram und TikTok die relevantesten Plattformen. Wenn man die Möglichkeiten hat, würde ich immer noch YouTube empfehlen, allerdings ist das meiner Meinung nach die schwierigste Plattform, um zu wachsen. Auf Platz drei steht mit Audio der Aufbau eines eigenen Podcasts.

 

Vielen Dank für das Gespräch!