Wie weit ist Digital Marketing in DACH wirklich?
Marketing ist komplex und wird zunehmend komplexer. Immer mehr Kanäle und Touchpoints müssen bedient und korrekt attribuiert werden. Die Explosion an MarTech-Lösungen erschwert zunehmen den Durchblick - soll es eine CDP, CXP oder doch eine DXP sein? Erschwerend hinzu kommt auch die weiter zunehmende Werbeblindheit, das Abbilden von Cross-Channel-Journeys, sinkende Markenloyalität und „The New Kid in Town“ - Privacy, sowie die Frage der Datenhoheit des Kunden. Bei all diesen Innovationen sowie Herausforderungen darf aber eines nicht außer Acht gelassen werden: Die besten Erfolge können nur dann erreicht werden, wenn auf einer soliden Grundlage aufgebaut wird.
Während die Adaptionsrate bei eben diesen Online-Marketing-Basics im letzten Jahr in großen Teilen noch zu stagnieren schien, hinterlassen die Ergebnisse der diesjährigen Studie „Digital Marketing Benchmarks“ doch einen deutlich positiveren Nachgeschmack - es geht in die richtige Richtung.
Die Untersuchung wurde zum vierten Mal in Kooperation zwischen dem Deutschen Dialog Marketing Verband und absolit Dr. Schwarz Consulting durchgeführt und analysiert den Stand des digitalen Marketings der Top5000 DACH-Unternehmen anhand von 117 Kriterien.
Multichannel-Marketing wieder auf Wachstumskurs
Über welchen Kanal sollen wir werben und welche Marketinginstrumente sind die „richtigen“? Die Antwort auf diese Frage sollte in der Regel immer „Da wo eure Zielgruppe ist und so wie sie am liebsten mit euch in Kontakt treten will“ sein. Zu den absoluten Basics gehören dabei Social Media, E-Mail-Marketing, SEA und die aktive Leadgenerierung über die eigene Webseite. Aktuell nutzen 64 Prozent der Untersuchten eine Kombination aus allen vier Werkzeugen – drei Prozentpunkte mehr als noch 2021 und 5 Prozentpunkte mehr als 2020. Damit ist der Einsatz von Multichannel-Marketing wieder auf leichtem Wachstumskurs. Das ist zwar erfreulich, die Kehrseite ist jedoch, dass circa ein Drittel der Untersuchten weiterhin nicht alle Basics der digitalen Marketingkommunikation verinnerlicht hat.
Cookie-Sterben als Dämpfer für Paid Advertising? - von wegen!
Das endgültige „Goodbye Third Party Cookie“ wurde neulich von Google noch künstlich bis 2024 hinausgezögert. Eines ist jedoch klar: Früher oder später müssen sich Unternehmen von den bewährten Möglichkeiten des Targetings verabschieden. Bis dahin scheinen Unternehmen aber noch zu versuchen rauszuholen, was nur geht. So stieg die Nutzung von bezahlter Onlinewerbung, nach Stagnation im letzten Jahr, um ganze vier Prozentpunkte in diesem Jahr. Ganz vorne mit dabei sind SEA und Display. Die Nutzung von Facebook Ads stieg hingegen nur um einen Prozentpunkt, Instagram um zwei Prozentpunkte. Den größten Zufluss konnte man in der Energie- und Pharmabranche beobachten (+7 Prozentpunkte).
Auch das Werben auf LinkedIn erfreut sich großer Beliebtheit – zwei von fünf Unternehmen nutzen das Business-Netzwerk, um ihre Reichweite mit bezahlten Anzeigen zu steigern. An der Spitze steht die Beratungs- und IT-Branche, hier liegt der Anteil bei 78 Prozent.
Aber auch hier wird oft massig Potenzial verschenkt: 15 Prozent der Unternehmen, die sich Traffic bei großen Plattformen einkaufen, versäumen, den User über den Besuch auf der Landingpage hinaus zu binden, falls dieser nach dem Anzeigenklick nicht direkt konvertiert – beispielweise durch ein Log-in, Testaccount oder Newsletter. Besonders hoch ist der Anteil in der Gesundheits- (25 Prozent) und Finanzbranche (23 Prozent).
TikTok - Social Medias neuer Rising Star?
Schenkt man TikToks Ad Manager glauben, so hat die Plattform knapp 15 Millionen Nutzer in Deutschland. Laut TheNetworkEC schafft es das soziale Netzwerk, seine User im Schnitt circa 26 Stunden pro Monat zu binden, Instagram liegt vergleichsweise nur bei rund 8 Stunden. Die Beliebtheit von TikTok ist kaum abzustreiten. Das scheint auch zu den untersuchten Unternehmen durchzudringen – jedes fünfte Unternehmen hat einen eigenen TikTok-Account, 80 Prozent davon waren im letzten Jahr aktiv, die Hälfte davon wöchentlich. Selbst im B2B tasten sich 7 Prozent an den neuen Kanal und das nicht gerade erfolglos: Im Schnitt können B2Bler rund 5000 Follower und ganze 11.000 Views pro Post generieren. Spitzenreiter ist Maschinenbauer Ziehl-Abegg mit 98.000 Followern und einer durchschnittlichen View-Zahl von sage und schreibe 94.000.
Eine Frage bleibt jedoch: Wie relevant werden Followerzahlen in Zukunft noch sein oder gewinnen nur noch jene Reichweite, die kontinuierlich virale Inhalte produzieren? So werden auf TikTok im Schnitt dreimal so viele Views generiert, als überhaupt Follower dem Profil folgen. Beispielsweise konnte „E wie Einfach“ bei zwei seiner Videos über 1 Million Hits erreichen – und das obwohl nur 623 User dem Energieversorger auf TikTok folgen.
Marken holen sich langsam den Kundenzugang zurück
Direkter Zugang zum Kunden = mehr Marge und eine stärkere Kunden-Anbieter-Beziehung? Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, scheint aber immer mehr Anklang in den Marketingabteilungen der betrachteten Brands zu finden: Die Anzahl an Markenherstellern unter den Top100 hat sich zum Vorjahr fast verdoppelt. Auch haben sich die untersuchten Sektoren der Markenhersteller im Schnitt um 4,3 Prozent zum Vorjahr verbessert, damit liegen sie hinter dem Handel (4,5 Prozent) auf dem zweiten Platz. Den größten Sprung nach vorne legten Kaffeemarken (+13 Prozent) und Fahrradhersteller (+12 Prozent) hin. Grund hierfür: Brands verstehen immer mehr, dass ein geschickter Mix aus Earned und Owned Media der Weg in die Köpfe der Zielgruppe ist. Nicht nur, dass der Anteil der Nutzung von Paid Advertising um 7 Prozentpunkte gestiegen ist, auch was organisches Social-Media-Engagement angeht, können Brands Händler mit einer Differenz von rund 9 Prozent übertrumpfen.
Trotz aller Euphorie gibt es Punkte, bei denen Marken ranklotzen müssen: So baut sich mehr als jede vierte Brand einen Newsletter-Verteiler auf, nutzt diesen aber nicht regelmäßig, um mit ihren Lesern in Kontakt zu treten. Was die organische Sichtbarkeit in Suchmaschinen anbelangt, stehen Marken im Schatten der kolossalen Reichweite der Händler. Umso wichtiger ist die eigene Sichtbarkeit bei den relevanten Suchanfragen mittelfristig durch das Einbuchen von SEA-Anzeigen sicherzustellen, diese Chance nimmt aber fast jede vierte Marke nicht wahr.
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