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Touchpoints für den Omnichannel-Handel der Zukunft

Infrastruktur, Sichtbarkeit, Automatisierung, Optimierung und Perfektionierung sind die Meilensteine zu einer globalen Marke.
Ralf Haberich | 06.02.2023
Touchpoints für den Omnichannel-Handel der Zukunft © Freepik / snowing
 

Gerade für Händler ist es wichtig, große Projekte und Ambitionen in kleinere und einfachere Teilschritte zu übersetzen. Einfach, da es unmöglich ist, das laufende Geschäft herunterzufahren und alles auf links zu drehen. Eine Idee ist es also, Meilensteine zu definieren, welche für sich genommen Erfolge darstellen und die gleichzeitig auf das gemeinsame Konto einzahlen, eine globale, lokale und digitale Marke zu werden. Grob umrissen könnten diese Meilensteine heißen:

▶ Infrastruktur

▶ Sichtbarkeit

▶ Automatisierung

▶ Optimierung

▶ Perfektionierung

Erfolgsumfeld Infrastruktur: Die Grundlagen schaffen

Es mag banal klingen, jedoch braucht jedes erfolgreiche Unternehmen zuerst eine Basis. Gerade in der weiten Welt des Omnichannels bedeutet das, dass etablierte Händler, vor allem die mit einem etablierten Filialnetz, eine gemeinsame Grundlage schaffen müssen. In der IT-Branche spricht man gerne von der sogenannten „Single Source of Truth“, also einer einzigen Datenquelle, aus der sich alle Filialen, Unternehmen, Lager und Mitarbeiter bedienen. In den meisten Fällen übernehmen diese Rolle sogenannte Enterprise-Resource-Planning-Systeme, kurz ERP-Systeme. Oft werden sie mit sogenannten Customer-Relationship-Management- Systemen, kurz CRM-Systemen, ergänzt.

Zusammen decken ERP und CRM sowohl die betriebswirtschaftlichen wie auch die kommunikativen Ansprüche an ein modernes Unternehmen ab. Das ERP verwaltet Lagerbestände und Verfügbarkeiten, das CRM die Kundendaten und dient als Grundlage aller weiteren Marketing Automation. Darauf aufbauend können sich Händler weiter spezialisieren. Dabei kommt vor allem die sogenannte Business-Intelligence [1] zum Tragen. Diese beschreibt die geschäftsumfassende und übergreifende datengestützte Informationsbeschaffung, -analyse und -darstellung. Hierbei hilft sogenannte Middle-Ware, welche die vorhandenen Daten aus der Single Source of Truth nutzt und für verschiedenste Bedürfnisse veredelt.

Sichtbarkeit

In der Branche gibt es immer wieder Schlagworte, welche durch den Raum geistern und einen Hauch von Zukunft mit sich bringen. Egal ob es um Künstliche Intelligenzen, kurz KI, oder aber um Spielereien wie Augmented Reality, AR, geht. Immer wieder springen Händler auf diese Züge auf, ohne zu wissen, wohin sie fahren und ohne vorher die Gleise für sie verlegt zu haben. Denn, vor der Kür kommt immer die Pflicht. Und das gilt auch für das Marketing und die moderne Kommunikation mit den eigenen Kunden.

Für Händler muss der erste Schritt immer sein, sichtbar und sichtbarer zu werden. Eine zentrale Rolle muss dabei Google spielen. Warum? Weil die Suchmaschine gut 97 Prozent aller Suchanfragen in Deutschland bearbeitet. Wer nicht im Google-Kosmos ist, ist nicht im Internet. Und gerade über das Netz findet heute immer öfters der erste Kontakt zwischen Kunden und Händlern statt. Einer Studie der Marketing Agentur uberall [2] zufolge nehmen dabei immer öfters sogenannte „Near Me“-Anfragen einen großen Raum ein. Kunden suchen also aktiv nach Unternehmen und Dienstleistungen in ihrer Nähe. Gefunden werden die Händler, die einen aktiven Business-Account pflegen, ihre Daten in Google Maps aktuell halten und aktiv auf Rezensionen und Bewertungen eingehen.

Der Vorteil? Auch diese kleinen Maßnahmen sind ebenfalls schon Teil der Marketing Automation. Denn: Kunden finden gepflegte Google- Accounts von Händlern rund um die Uhr und vollkommen asynchron von weiteren Werbemaßnahmen. Und das ohne Kosten für die Händler.

Automatisierung

Wenn die Grundlagen geschaffen wurden und Händler auch im Google- Kosmos gefunden werden können, beginnt der schöne Teil der Arbeit. Denn gerade das Automatisieren von Prozessen und Abläufen ist sehr befriedigend. Einfach, weil nach und nach auf einmal wieder Zeit für andere Projekte und Aufgaben zur Verfügung steht. Spätestens wenn Chatbots auf Anfragen reagieren und die häufigsten Fragen selbstständig beantworten, Newsletter sich aus Microdaten alle nötigen Informationen zu Produkten ziehen und Kunden personalisierte und individuelle Angebote ohne das Eingreifen eines Menschen erhalten, dann sind Unternehmen auf einem sehr guten Weg.

Doch auch hier lauern Fallstricke. Denn mit jeder weiteren Auto- matisierung besteht auch das Risiko einer weiteren Insellösung. Administratoren auf der ganzen Welt brechen regelmäßig in Tränen aus, wenn sie Fehler finden müssen, die in unzähligen einzelnen Komponenten stecken könnten, sich aber wechselwirkend beeinflussen. Daher empfiehlt es sich, genau wie in nahezu allen Bereichen der Digitalisierung, auf sogenannte Software-Suites zurückzugreifen, also Gesamtangebote, welche ein großes Spektrum an Möglichkeiten abdecken.

Optimierung

Natürlich starten die wenigsten Händler direkt mit gewaltigen Softwareprojekten in die Digitalisierung. Warum? Ganz einfach, weil diese Projekte oft eine lange Implementierung mit sich ziehen und gleichzeitig auch mit einem heftigen Preisschild ausgestattet sind. Doch in den vergangenen Jahren hat sich auch die IT-Branche verändert und Modelle wie Software-as-a-Service werden immer mehr zum Alltag. Oder anders gesagt: Händler haben heute Zugriff auf umfangreiche Lösungen, die nicht Hunderttausende oder sogar Millionen kosten, bevor sie auch nur das erste Mal über die Bildschirme flackern.

So lassen sich vor allem Middle-Ware-Lösungen, wie die bereits erwähnte retail.red Suite [3], teilweise innerhalb von Stunden in ein bestehendes System integrieren. Diese nutzt Daten aus dem ERP und stellt Anzeigen für Warenverfügbarkeiten bereit, ermöglicht Click & Collect und Click & Reserve oder verwandelt gleich das gesamte Filialnetz durch „Ship from Store“ in dezentrale und ortsnahe Versandlager. Und wenn man den Dienst nicht mehr braucht, dann kündigt man einfach seinen Vertrag. Das gibt Händlern eine ungeahnte Flexibilität und Raum für die Optimierung von Prozessen und Abläufen.

Es ist also mehr als nur ratsam, das eigene Angebot konstant zu optimieren und notfalls sogar zu revolutionieren. So müssen alle Prozesse und Abläufe regelmäßig auf den Prüfstand, vor allem auch automatisierte Marketingmaßnahmen. Einfach, weil sich Ansprüche an moderne Kommunikation heutzutage extrem schnell verändern können und so regelmäßige Kontrolle und Bewertung verlangen.

Perfektionierung

Wenn vor der Kür die Pflicht kommt, dann bedeutet das jedoch auch, dass irgendwann endlich Zeit für die Kür bleibt. Und gerade hier können Händler und Unternehmen sich austoben und neue und kreative Wege gehen. Warum also nicht einmal ein automatisiertes Coypwriting nutzen, um die eigenen Newsletter und die Homepage mit Inhalten zu befüllen? Und warum nicht einfach Mal etwas ganz Neues probieren? Den Mutigen gehört bekanntlich die Welt!

Hier bietet sich ein Beispiel aus der Praxis an. Erst kürzlich gewann ein Kunde des Unternehmens, dem ich als CEO vorstehe, einen Innovationspreis für die Möglichkeit, dass Kunden die eigenen Füße mit dem Handy vermessen. Für einen Schuhhändler ist das eine recht praktische Chance, direkt über das Internet zu beraten und dadurch Kundenvertrauen zu fördern. Da dieser Kunde erfolgreich im Netz unterwegs ist und eine gute Reichweite besitzt, gleichzeitig durch eine umfangreiche Omnichannel-Suite seine Schuhe global wie lokal verkaufen kann und ständig an sich und seinem Angebot arbeitet, besitzt er die Fähigkeit, mit solchen Erfolgen Schlagzeilen zu machen.

Auch, wenn der Begriff „Nachhaltigkeit“ heute sehr überstrapaziert ist, passt er hier doch gut. Denn in diesem Beispiel ist die notwendige Innovationskraft im Handel eingebettet in ein funktionierendes und lebendes System. Das heißt, dass die Innovation selbst nicht die Lebensader des Unternehmens ist, in der sich alle Hoffnungen kanalisieren. Vielmehr ist es eine sinnvolle Ergänzung, welche neue Möglichkeiten im Marketing und in der Beratung erlaubt. Und genauso müssen, zumindest in meinen Augen, die Händler der Zukunft arbeiten: Innovationen und Ideen den nötigen Raum zum Wachsen geben, ohne sie direkt mit zu vielen Erwartungen zum Untergang zu verdammen.

Wer nicht digitalisiert, wird mittelfristig scheitern

Es mag simpel klingen. Doch der Handel der Zukunft muss seine Hausaufgaben machen, bevor er über neue Modelle und Innovationen nachdenkt. Moderne Konzepte wie zum Beispiel Retail-as-a-Service, also das Nutzen oder Anbieten von Verkaufsflächen für den Verkauf von Waren Dritter, ist hier als Beispiel genannt sicher sehr spannend und bietet viele Chancen. Doch eine erfolgreiche Automation in Unternehmen und damit auch in der Kommunikation und dem Marketing basiert auf vielen kleinen Bausteinen und Checkboxen, welche gewissenhaft abgearbeitet werden müssen. Erfolg bedeutet nicht den Aufstieg in den Elfenbeinturm, sondern der Marsch in die Fläche. Technologie bedingt und unterstützt sich gegenseitig und muss daher sinnvoll und mit Weitsicht ausgewählt und genutzt werden.

Wer zum Beispiel nun sein komplettes Marketing durch automatisiertes Copywriting vorantreiben will, jedoch nur mangelhaft in den Google-Suchen auftaucht, wird nur wenig bis keinen Ertrag aus dieser Technologie schlagen. Gleichzeitig wird ein Unternehmen mit einem guten Auftritt in den Suchmaschinen auch ohne erstklassigen Content zumindest einige Kunden erreichen. Entweder über Suchen aus der Kategorie „Near Me“ oder aber über klassisches SEO und SEA. All diese Schritte sorgen für eine automatisierte und ständige Reichweite, auf der man aufbauen kann.

Professionelle und kompetente Partner sind generell ein wichtiger Baustein auf dem Weg in die Zukunft. Denn auch die Ansprüche an Software steigen ständig und nur wer auf Lösungen zurückgreift, die auf der einen Seite einfach zu bedienen, gleichzeitig aber mächtig genug sind, um auf die Bedürfnisse von Morgen und Übermorgen zu reagieren, kann beruhigt an wirklichen Innovationen arbeiten und diese umsetzen. Die Digitalisierung und Automatisierung des Marketings und des Handels sind keine Fahrstuhlfahrt zum Gipfel, sondern ein langwieriger Aufstieg.

Und dabei gilt: Schritt für Schritt stellen sich imposante Verbesserungen ein. Zumindest dann, wenn alle Multiplikatoren zusammen in eine Richtung gehen. Technologie genau wie die Menschen, die sie nutzen und von ihnen profitieren. Jedoch: Digitalisierung wird nie wieder so langsam voranschreiten wie heute. Nie wieder.

 

Literatur:

[1] Haberich, (2012): Future Digital Business, 256 Seiten, mitp Verlag.

[2] uberall (2020): Studie „Wie Sie eine global-lokale Marke aufbauen“ – https://uberall.com/de/ resources/blog/Wie-Sie-eine-global-lokale-Marke-aufbauen – Zugriff 24.09.2021

[3] red Homepage: https://retail.red/omnichannel-suite