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Diese Retail-Trends sollten Händler im Blick behalten

Digitalisierung, gestiegene Kundenerwartungen und wirtschaftlicher Druck zwingen Händler sich zukunftsfähig aufzustellen. Diese Trends helfen dabei.
Alexander Süßmann | 27.02.2023
Diese Retail-Trends sollten Händler im Blick behalten © Freepik / rawpixel.com
 

Omnichannel, Künstliche Intelligenz (KI) und Co. – mit der zunehmenden Digitalisierung verändern sich die Möglichkeiten im Einzelhandel, aber auch die Erwartungen der Kunden. Hinzu kommt der unsichere wirtschaftliche Ausblick, der weiterhin große Anpassungsfähigkeit von Händlern verlangt.

1. Omnichannel wird Realität und verbessert das Kundenerlebnis

Omnichannel ist schon seit einigen Jahren das erklärte Ziel vieler deutscher Retailer. Doch bisher gelingt es noch keinem, das Konzept des nahtlosen, kanalübergreifenden Einkaufserlebnisses tatsächlich umfassend umzusetzen. Das zeigt auch die Google Omnichannel Excellence Study 2022: Sie attestiert ihnen gerade im Vergleich zu Händlern aus den Benelux-Staaten oder Skandinavien noch Ausbaupotenziale.

In diesem Jahr werden Einzelhändler daher weitere Lücken schließen, um ihren Online- und Offline-Auftritt konsequenter zu harmonisieren. Nur so werden sie im aktuell schwierigen Marktumfeld bestehen können. Dafür müssen sie existierende Lösungen besser aufeinander abzustimmen. Das heißt auch, gezielt dort zu investieren, wo fehlende Funktionalitäten die effiziente Nutzung von Daten noch verhindern und somit Umsatzpotentiale liegen bleiben.

Das Ziel muss es sein, die Daten aller Touchpoints miteinander zu verknüpfen. So lassen sich beispielsweise die On- und Offline-Verfügbarkeit von Waren anzeigen, Warenkörbe über verschiedene Geräte hinweg darstellen oder flexible Liefer- und Abholoptionen von Produkten bieten. Marken werden darüber hinaus ausgefeiltere Ansätze entwickeln, um die persönliche Bindung zu ihren Kunden weiter zu vertiefen. Dazu könnten etwa personalisierte Empfehlungen, gezielte Kaufanreize und -anlässe oder individuelle After-Sales-Services zählen.

2. Die wirtschaftliche Situation erfordert ein Umdenken

Wie bereits erwähnt, agieren Einzelhändler derzeit in einem schwierigen Umfeld. Dies ist vor allem eine Folge der drei letzten Krisenjahre und dem unsicheren Ausblick für dieses Jahr. Die Inflation mag nicht mehr so hoch sein wie im vergangenen Oktober, bleibt jedoch auf hohem Niveau. Und auch wenn die Rezession nach aktuellem Stand eher milde ausfallen wird, hat die jüngste Vergangenheit gezeigt, wie schnell sich eine Situation drehen kann.

Retailer müssen mit dieser Unsicherheit weiter umgehen. So prognostiziert zum Beispiel McKinsey in seiner Studie The State of Fashion 2023, dass die Modebranche in Europa in diesem Jahr zwischen einem und vier Prozent schrumpfen wird. Ausgenommen ist hiervon das Luxus-Segment. Dementsprechend werden Händler Kosten senken müssen, zum Beispiel durch die Automatisierung von Prozessen. Im Kundenservice können dafür intelligente Chatbots zum Einsatz kommen, die immer wiederkehrende Fragen beantworten. In der Lieferkette kann die automatisierte Veranlassung von Bestellungen helfen. Womöglich werden manche Händler auch ihr Sortiment verkleinern. Das senkt die Kosten für Lagerhaltung und Logistik und ermöglicht gleichzeitig, die Verfügbarkeit der angebotenen Produkte zu optimieren.

3. Dynamische Preisanpassungen mithilfe von KI

Im deutschen Einzelhandel wird das „Dynamic Pricing“ noch eher verhalten eingesetzt. Erst wenige Händler experimentieren damit. Hierbei geht es darum, die Kundennachfrage zu antizipieren, statt nur auf sie zu reagieren. Das kann zum einen Umsätze steigern und zum anderen Kunden zeigen, dass man ihre Bedürfnisse besser antizipiert und erfüllt.

KI-Systeme sind dafür ein probates Mittel. Sie analysieren die verschiedenen Indikatoren, um den optimalen Preis zu bestimmen. Dazu zählen zum einen eigene Daten wie Produkte, die sich gerade gut verkaufen, auf der Webseite gesucht werden oder über Social Media angefragt werden. Zum anderen gehören dazu Informationen von Dritten, wie Wetterdaten oder die Auslastung der Produktion.

Dafür braucht es jedoch nicht unbedingt proprietäre KI-Lösungen: Große Tech-Unternehmen wie  Amazon, Meta oder Microsoft stellen entsprechende Plattformen als Open-Source-Code bereit. Diese werden auch von ihnen selbst genutzt. Mit diesen Lösungen können Händler eigene Modelle für Deep Learning auf Basis neuronaler Netze erstellen und trainieren, um zum Beispiel bereits mit wenigen Daten Handlungsempfehlungen für die Preisgestaltung zu erhalten

Fazit

Angesichts des IT-Fachkräftemangels in Deutschland werden sich Einzelhändler womöglich die Frage stellen, wie sie mit diesen drei Entwicklungen Schritt halten können. Doch nicht jede Lösung muss selbst entwickelt werden. Angesichts begrenzter finanzieller, personeller und zeitlicher Ressourcen kann es für Retailer eine effiziente und effektive Alternative sein, bereits existierende Tools zu nutzen oder mit Partnern zusammenzuarbeiten. Letztere bringen das technische Know-how und Branchenwissen mit, um Lösungen schnell zu implementieren. Denn Einzelhändler können es sich in der derzeitigen Situation nicht leisten, Zeit – und damit Kunden – zu verlieren.