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Mehr Intelligenz: Wie digitale Lösungen den Supermarkt verändern

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Fläche im Markt und in den Regalen effizienter zu nutzen und das Einkaufserlebnis insgesamt zu optimieren.
Alexander Hahn | 08.08.2023
© freepik / gpointstudio
 

Künstliche Intelligenz (KI) mag in den letzten Monaten die Schlagzeilen beherrscht haben, doch gibt es bereits seit Jahren zahlreiche theoretische Anwendungsfälle für die Technologie, auch im Einzelhandel. Das Problem, warum diese nicht umgesetzt werden, liegt an anderer Stelle: Zum einen fehlen die notwendigen Daten, zum anderen werden externe Datenquellen noch nicht ausreichend genutzt. Dabei können zum Beispiel Supermärkte diese Daten nutzen, um mit KI-Tools Analysen durchzuführen. Was sie damit erreichen können und wie Händler künftig die richtigen Daten erheben, erklärt Alexander Hahn, Vice President und Country Manager DACH bei SES-imagotag.

Auch an den Supermärkten geht die Inflation nicht spurlos vorbei. Der reale Umsatz ist beim Verkauf von Lebensmitteln laut Statistischem Bundesamt [1] seit 22 Monaten rückläufig. Grund dafür sind vor allem die hohen Preise, die Verbraucher gleichermaßen zu weniger und günstigeren Waren greifen lassen. Und auch wenn die Inflation langsam wieder abnimmt [2], ist zu befürchten, dass Kunden im Supermarkt weiterhin preisbewusst einkaufen. Umso wichtiger ist es für Händler, ein attraktives Einkaufserlebnis zu bieten, um möglichst viele Kunden dauerhaft an ihren Markt zu binden.

Investitionen in den modernen Supermarkt

Der Weg dorthin führt über die Digitalisierung des Ladengeschäfts. Durch den Einsatz von Internet of Things (IoT)-Geräten, die kontinuierlich Daten sammeln und in Echtzeit bereitstellen, sowie der anschließenden Analyse dieser Daten erhalten Supermarktbetreiber essenzielle Erkenntnisse zu ihrem Geschäftsbetrieb. Wenn sie daraus die richtigen Handlungen ableiten, können ihnen diese  verschiedene Vorteile im Wettbewerb um die Kundschaft verschaffen. Darüber hinaus sind sie dadurch in der Lage, intelligente Automatisierungen einzuführen, um den manuellen Aufwand, etwa bei Preisänderungen, zu reduzieren. Dies erfordert zunächst Investitionen, die sich aber langfristig auszahlen werden.

Benötigt werden dabei vor allem Sensoren, die den Warenbestand in den Regalen überwachen, und digitale Beschilderungen und Preisschilder, um eine effiziente und dynamische Werbung und Preissetzung zu ermöglichen. Darüber hinaus brauchen Supermärkte intelligente Datentools, die alle verfügbaren Daten, also auch bereits vorhandene Daten beispielsweise aus den Kassensystemen, miteinander verknüpfen und sie auswerten. Zudem sollten die Verantwortlichen prüfen, ob und welche weiteren Datenquellen nützliche Erkenntnisse liefern könnten. Dazu zählen gleichermaßen interne wie externe Daten, etwa Informationen über die Lieferketten, Wetterprognosen oder Feiertage. Des Weiteren können auch Informationen zu den Waren, die per Kameras erfasst werden, in die Analysen eingespeist werden. Das Ziel ist es, möglichst viele Daten zu Warenbestand, -nachfrage und -verfügbarkeit sowie dem Interaktions- und Einkaufverhalten der Kunden zu erheben.

Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, um die Fläche im Markt und in den Regalen effizienter zu nutzen und das Einkaufserlebnis insgesamt zu optimieren:

  • Intelligentere Planung

Der Aufbau eines Supermarkts und das Category Management folgen seit jeher bestimmten Regeln und bauen auf den bekannten Verhaltensmustern von Verbrauchern auf. Doch inwieweit stimmen diese noch mit der Realität überein und ließe sich der Umsatz durch Veränderungen – sei es im Sortiment, bei der Warenpräsentation oder dem Geschäftslayout – steigern? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, sind Daten notwendig. Zum einen müssen Supermärkte den Ist-Zustand genau betrachtet, KI-Analysetools können ihnen dabei helfen, ungenutzte Potenziale zu identifizieren.

Anschließend geht es darum, in einem Testballon Maßnahmen umzusetzen, um diese Potenziale zu nutzen. Nach einem vorher definierten Zeitraum wird dann wieder analysiert, ob das im Vorfeld definierte Ziel erreicht wurde – hat sich der Abverkauf bestimmter Produkte erhöht, verbleiben Kunden länger im Geschäft, etc.

Gleichzeitig können Supermärkte ihre Daten auch nutzen, um Waren schneller und gezielter nachzufüllen. Dafür kommen vor allem Sensoren in den Regalen zum Einsatz, mit denen sich jederzeit nachvollziehen lässt, wie viele Produkte noch vorhanden sind. So lässt sich sicherstellen, dass insbesondere Waren mit hohem Wert, hoher Marge oder die stark nachgefragt sind, für Kunden jederzeit zum Kauf zur Verfügung stehen.

  • Weniger Lebensmittelverschwendung

Jedes Jahr landen alleine in Deutschland 12 Millionen Tonnen [3] Lebensmittel im Abfall. Supermärkte können einen großen Beitrag leisten, um diesen Wert zu reduzieren, was sich zudem positiv auf ihre Rentabilität auswirkt. Schließlich bringen Waren, die weggeschmissen werden müssen, keinen Umsatz. Gerade die dynamische Preisgestaltung mittels digitaler Preisschilder bietet hier die Möglichkeit, Waren, bei denen sich das Ablaufdatum nähert, gezielt abzuverkaufen. Dabei können Supermärkte mithilfe von KI-Analysen einen Preis berechnen, der für die Kunden trotz kurzer Haltbarkeit des Produkts attraktiv ist und sie sich über ein Schnäppchen freuen, dabei aber Verluste für den Markt verhindert.

  • Wirkungsvollere Kundenansprache

Digitale Schilder können darüber hinaus genutzt werden, um Angebote und Promotionen tagesaktuell auszuspielen. Dies ist selbstverständlich auch mit herkömmlichen Aufstellern schon möglich, allerdings ist dies mit größerem Aufwand für die Mitarbeiter verbunden. Und auch hierbei können KI-Analysen unterstützen. Beispiel Regen: Werden externe Wetterdaten in die eigenen Analysetools eingespeist, wissen Märkte, an welchen Tagen es regnen soll. Sie können darauf reagieren und Regenschirme durch ihre digitale Beschilderung (und den digitalen Preisschildern) günstiger anbieten, um Kunden zu einem spontanen Kauf zu motivieren.

Die Digitalisierung bezieht sich im Einzelhandel nicht nur auf die Einrichtung und den Ausbau von Onlineshops. Auch Ladengeschäfte können erheblich von verschiedenen digitalen Lösungen profitieren – sowohl im Hinblick auf die eigenen Umsätze als auch die Kundenerfahrung. Deshalb geht es jetzt darum, entsprechende Investitionen zu tätigen, noch fehlende Daten zu erheben und sich von Technologien wie KI bei Planung und Verkauf unterstützen zu lassen.

 

[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_212_45212.html#:~:text=Im%20April%202023%20stieg%20der,R%C3%BCckgang%20von%204%2C4%20%25

[2] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_224_611.html#:~:text=Harmonisierter%20Verbraucherpreisindex%2C%20Mai%202023&text=WIESBADEN%20%E2%80%93%20Die%20Inflationsrate%20in%20Deutschland,%3A%20%2B7%2C2%20%25)

[3] https://de.statista.com/infografik/25875/geschaetzte-menge-der-jaehrlichen-lebensmittelabfaelle-in-deutschland/?kw=&crmtag=adwords&gclid=EAIaIQobChMIlqrJiOLH_wIVhex3Ch1LXgk9EAMYASAAEgLOifD_BwE