Auf First-Party-Daten setzen
Die MarTech-Welt ist immer in Bewegung und spürt den neuesten Trends nach. Sie steht darum immer wieder vor neuen spannenden Herausforderungen. Aktuell ist eines der wichtigsten Themen das Ende der Cookie-Ära. Diese Methode, Kundendaten zu sammeln und für datenbasiertes Marketing zu nutzen, verliert rapide an Bedeutung.
Damit stehen Marketer vor der Herausforderung, neue Möglichkeiten zu finden, um mehr über ihre Kunden zu erfahren und sie so besser kennenzulernen und zu verstehen. Hinzu kommen die erschwerten äußeren Umstände, wie eine hohe Inflation und eine unsichere weltpolitische Lage, die es erforderlich machen, möglichst kosteneffizient zu arbeiten – auch im Marketing.
Wie gelingt also eine zuverlässige, personalisierte Kundenansprache? Die kurze Antwort lautet: Mit First-Party-Daten. Die lange, ausführliche und hoffentlich erkenntnisreiche Antwort gibt es in diesem Beitrag.
Verschiedene Wege, die eigenen Kunden kennenzulernen
Aktuell existieren noch mehrere Informationsquellen [1] für Kunden-daten. Wenn es in diesem Text um Daten geht, dann sind immer Informationen über potenzielle, zukünftige oder bereits bestehende Kunden gemeint. Third-Party-Daten sind Auskünfte, die extern durch Web-Cookies gesammelt werden und die aus ganz verschiedenen Quellen stammen können, wie beispielsweise Browsing und Werbung. Diese werden mithilfe von Cookies gesammelt und gespeichert. Der Google-Konzern Alphabet hat angekündigt, dass diese Cookies im Jahr 2023 abgeschafft werden. Stattdessen will Google selbst in Systeme investieren, die Daten von Erstanbietern sammeln. Andere Browser (Safari, Mozilla Firefox) haben schon jetzt einen Schlussstrich gezogen und erlauben keine Cookies mehr, die Third-Party-Daten liefern.
Second-Party-Daten werden von diesem Cookie-Aus nicht beeinflusst. Hierbei handelt es sich um gesammelte Daten direkt von der Zielgruppe, die angesprochen werden soll. Diese Daten werden jedoch nicht selbst erhoben, sondern stammen von strategischen Partnern oder Agenturen beziehungsweise Werbeagenturen. Das bedeutet, diese Daten gehören nicht dem eigenen Unternehmen, datenschutzrechtlich kann das problematisch werden. Außerdem fehlen wichtige Kontextdaten, wie vorherige Käufe, Customer Lifetime Value oder mit welchen Kanälen der Kunde interagiert hat. Segmentierung und damit die gezielte Ansprache der Kunden mit Second-Party-Daten ist dadurch sehr ungenau.
First- und Zero-Party-Daten sind die Zukunft
Bei First-Party-Daten handelt es sich um Daten, die vom eigenen Unternehmen erfasst werden und deren Nutzungsrechte darum in der eigenen Hand liegen. Gemeint sind Daten aus CRM, DSP, E-Commerce, POS, CMS, Treueprogrammen und vielem mehr. Standardmäßig ist diese Datenquelle zuverlässig, qualitativ hochwertig und kostengünstig. Ein weiterer, entscheidender Vorteil ist, dass sie unanfechtbar DSGVO-konform sind – da man selbst der Eigentümer dieser Daten ist.
Die einzige weitere sichere Datenquelle werden in Zukunft Zero-Party-Daten sein. Hierbei handelt es sich um Daten, die Kunden freiwillig und direkt mitteilen. Beispiele sind thematische Präferenzen, die E-Mail-Adresse oder die Anschrift des Kunden. Wenn Kunden angeben, welche Sprache sie beim Besuch des Webshops bevorzugen oder wie ihr Name lautet, zum Beispiel bei der Newsletter-Anmeldung, dann sind das Zero-Party-Daten, die Unternehmen dabei helfen, ihre Kunden und deren Bedürfnisse besser kennenzulernen.
Warum setzen Marketer heute auf First-Party-Daten?
Der wichtigste Vorteil von First-Party-Daten besteht darin, dass diese Form der Informationen vom eigenen Unternehmen erhoben und gespeichert werden. Sie sind aktuell ein großer Wettbewerbsvorteil und die Basis aufschlussreicher Kundenerlebnisse [2]. Durch sie erhalten Unternehmen viele Informationen über die eigenen Kunden, können diese besser kennenlernen und erfahren, wie sie mit den eigenen Inhalten interagieren. Sie helfen, Schwachstellen und Chancen in der Customer Journey zu identifizieren und sie zu optimieren, um ein einheitliches Kundenerlebnis über alle Kanäle und digitalen Touchpoints hinweg zu schaffen.
Aufgrund ihrer effektiven Wirkung setzen Marketer auf eine First-Party-Data-Strategie. Aktuell stellen viele Unternehmen ihr digitales Marketing um und ändern die eigene Marketingstrategie. Auslöser ist unter anderem eine strengere Datenschutzverordnung und deren immer genauere Überprüfung sowie das sich anbahnende und hier bereits erwähnte Cookie-Aus.
Die DSGVO und ihr Einfluss auf das digitale Marketing
Ganz generell: Die DSGVO [3] ist ein Gesetz auf der Ebene der Europäischen Union (EU). Sie gewährleistet eine angemessene sowie sichere Nutzung personenbezogener Daten durch Organisationen und Unternehmen. Enthalten sind viele Vorschriften in Bezug auf die Erhebung, die Nutzung und die Speicherung von Daten. So müssen erhobene Daten beispielsweise einvernehmlich erworben und sicher auf einem Server gespeichert werden, der sich innerhalb eines Mitgliedslandes der EU befindet. Diese einvernehmlich erworbenen Daten dürfen die EU im Hinblick auf ihren Speicherort nicht verlassen. Die DSGVO kann mit der (deutlich schwächeren) CCPA-Verordnung der Vereinigten Staaten (bald: CPRA) verglichen werden, auch wenn sich die CCPA und GDPR unterscheiden.
Die DSGVO gibt entsprechend den rechtlichen Rahmen vor, in dem Online-Marketing mithilfe von Daten durchgeführt werden kann. Um ihr gerecht zu werden, dürfen in der EU erfasste Daten nur in Ländern genutzt werden, in denen der Datenschutz auf EU-Niveau gewährleistet werden kann. Dazu gehören alle Länder innerhalb der EU sowie von der EU zugelassene Länder wie das Vereinigte Königreich, Argentinien, die Schweiz oder Japan. Auch wenn die Datenverwendung und -abwanderung in diese Länder grundsätzlich erlaubt ist, birgt sie dennoch weiterhin rechtliche Risiken.
Die Datenschutzbehörden Österreichs und Frankreichs kamen beispiels-weise zu dem Schluss, dass die Verwendung von Google Analytics rechtswidrig sei, da sie die Übermittlung von IP-Adressen an Google-Server erfordert. Auf diesen Servern ist die Information zur IP-Adresse jedoch nicht ausreichend gegen eine unrechtmäßige Weitergabe an US-Vollzugsbehörden geschützt. Bei der Nutzung des Google-Dienstes in Frankreich und Österreich riskiert man also inzwischen entsprechend hohe Geldstrafen.
Die DSGVO beeinflusst das datengestützte Marketing also schon bei der Auswahl der passenden Customer Data Plattform (CDP). Die Server dieser Plattform sollten sich mindestens in Europa, besser noch direkt in Deutschland befinden, um die Datenschutzvorschriften zu wahren. Da sich die DSGVO auch weiterentwickelt und ihre Bestimmungen sich in den kommenden Jahren ändern können, ist ein zuverlässiger Support von europäischen Standorten aus wichtig. Darüber hinaus muss langfristig gewährleistet sein, dass die gespeicherten Kundendaten in den Händen des eigenen Unternehmens bleiben und man somit immer selbst bestimmen kann, welche Daten innerhalb der CDP verarbeitet werden sollen. Personenbezogene Daten dürfen nicht einer bestimmten Person zugeordnet werden können.
Das Cookie-Aus inspiriert zu neuen innovativen Marketingwegen
Bislang haben sich viele Marketer im Online-Marketing auf die von Cookies erhobenen Daten verlassen. Diese bringen aber einige Nachteile mit sich. Cookie-Daten führen zu Informationssilos, denn es ist unmöglich, die Daten aus den Bereichen E-Commerce/CRM, Earned Media, Paid Media oder aus Analyse-Tools in ein vollständiges Kundenprofil zusammenfließen zu lassen. Sie lassen sich nicht verknüpfen, die Daten aus den einzelnen Quellen stehen daher für sich. Eine ganzheitliche Sicht ist nicht möglich. Das erschwert eine genaue Segmentierung der Kundendaten, um Kampagnen mit personalisierter Ansprache zu entwickeln.
Darüber hinaus werden Cookies in den kommenden Monaten mehr und mehr an Bedeutung verlieren – das Cookie-Aus ist gesetzt. Schon jetzt werden sie stark ausgeschlossen, vor allem von Browsern im Apple-Betriebssystem Mac OS. Google gab Anfang 2022 bekannt, dass die Browser-Cookies mit der neuen Version von Google Analytics nicht mehr verwendbar sein werden [4].
Cookies waren noch nie eine besonders zuverlässige Informationsquelle, aber sie lassen sich günstig leicht implementieren und liefern schnelle Ergebnisse – auch wenn diese nicht so gut sind, wie die einer sorgfältig aufgesetzten Datenstrategie.
Personalisierte Inhalte datenschutzkonform gestalten
Die Kundenakquise wird aufgrund der steigenden Ansprüche der Kunden in Bezug auf die Customer Journey online wie offline immer kostspieliger. Auch die vielen zu berücksichtigenden Kanäle tragen hierzu bei. Die eigene Marketingkampagne muss sich jedoch möglichst kosteneffizient von den Kampagnen der Mitbewerber abheben. Personalisierte Erlebnisse und individualisierte Inhalte, die auf die Vorlieben und Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sind, werden heute von vielen Kunden wie selbstverständlich erwartet.
Um diese personalisierten Inhalte bereitstellen zu können, ist eine solide Datenlage notwendig. Darum ist die Erfassung von Daten Dreh- und Angelpunkt eines effektiven CX-Zyklus. Zielgruppensegmente erstellen, Verhalten und Bedürfnisse der Kunden verstehen, Trends auf Grundlage der Marketingerkenntnisse vorhersagen können und die beliebtesten Touchpoints für ein personalisiertes Kundenerlebnis optimieren – all diese umsatzsteigernden Maßnahmen sind viel einfacher und effizienter durchführbar mit einer soliden und zuverlässigen Datengrundlage.
Diese Datengrundlage ist auch die Basis für die Entwicklung eines lang-fristigen Brand Relationships. Und wie in anderen Beziehungen erfordert diese Zeit. Am Anfang einer Beziehung weiß man noch nicht viel über den Kunden, aber mit jeder Interaktion lernt man ihn mehr kennen und erfährt mehr über ihn. Wenn diese Daten aus direkten Interaktionen mit Kanälen des Unternehmens stammen, können sie unproblematisch erfasst und gespeichert werden und zeigen ein immer umfassenderes Bild des Kunden.
Je nach Branche stehen viele Unternehmen noch am Anfang mit ihrer Datenstrategie. Wer jetzt einsteigt und sich in diesem Bereich gut aufstellt, sorgt für einen langfristigen Wettbewerbsvorteil, denn personalisierte Inhalte, abgestimmt auf spezifische Interessen oder Bedürfnisse der Kunden, sind künftig auf allen Märkten der Schlüssel zum Erfolg.
Mit First-Party-Daten das Marketingbudget unter Kontrolle halten
Studien belegen immer wieder, dass in den meisten Branchen ungefähr 80 Prozent des Umsatzes von etwa 20 Prozent der Kunden generiert wird. Bereits bestehende Kunden verdienen darum eine besondere Behandlung, denn sie sind zu einem Großteil der Grund des unternehmerischen Erfolges.
Wenn ausreichend Wissen über die eigenen Kunden vorhanden ist, ist dies leichter zu bewerkstelligen und Kosten können eingespart werden. Denn durch die zielgenaue Segmentierung der Kundendaten können Segmente identifiziert werden, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für Folgekäufe zeigen. Als Dankeschön für diese Kundentreue kann an dieser Stelle ein Gutschein im Rahmen eines Treueprogramms für personalisiertere, aber geringer ausfallende Rabatte ausgespielt werden, denn diese Kunden würden sehr wahrscheinlich auch ohne Rabatt erneut einen Einkauf tätigen – nur vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt oder weniger häufig.
Kunden, die schon lange nicht mehr eingekauft haben, erhalten als zusätzliche Motivation einen Rabatt, um sie auf diese Weise an das positive Einkaufserlebnis zu erinnern und einzuladen, wieder zurückzukehren [5].
Um das Marketingbudget so kosteneffizient wie möglich zu gestalten, sind die „eigenen“ Kanäle, also Website, App oder E-Mail-Newsletter, essenziell. Neben der signifikant geringer ausfallenden Cost per Order ist das Unternehmen mit seinen eigenen Kanälen unabhängig von Advertisern und anderen Drittanbietern, die ihre eigenen Interessen immer an erster Stelle vertreten und an jedem eingenommenen Euro mitverdienen.
Mit eigenen digitalen Touchpoints kann eine 360-Grad-Ansicht von Kunden erstellt werden und Informationen wie soziodemografische Angaben, Transaktionen sowie Interaktionen zu einem umfassenden Profil (zum Beispiel in einer CDP) zusammengefügt werden. Für zielgerichtetes Marketing ist diese Datenauswertung essenziell, um zusätzliche Services anzubieten, die Kunden einen wirklichen Mehrwert bieten und durch die zusätzliche Interaktion wieder eine Möglichkeit bieten, den Kunden besser kennenzulernen [6].
Literatur
[1] von Plate, Th. (o. J.): Warum Marketer Wert auf First-Party-Daten, die DSGVO und den Datenschutz legen. Mapp Germany – https://mapp.com/de/blog/warum-marketer-wert-auf-first-party-daten-die-dsgvo-und-den-datenschutz-legen/ – Zugriff 11.09.2022
[2] von Plate, Th. (o. J.): Insight-led Customer Experiences: What Are They and How Do You Achieve Them? Mapp Germany – https://mapp.com/blog/insight-led-customer-experiences-what-are-they/ – Zugriff 11.09.2022
[3] edpb (o. J.): Guidelines. European Data Protection Board – https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/publication-type/guidelines_en – Zugriff 11.09.2022
[4] Ketchum, R. (2022): Prepare for the future with Google Analytics 4. Google Marketing Platform – Prepare for the future with Google Analytics 4 – Zugriff 11.09.2022
[5] Dageroth, B. (o. J.): Smart Alerts: Use AI to Detect Data Anomalies When They Occur. Mapp Germany – https://mapp.com/blog/smart-alerts-use-ai-to-detect-data-anomalies/ – Zugriff 11.09.2022
[6] Mapp/Odicci. The Cookie Conundrum: What’s the big issue and how brands can adapt. Webinar YouTube – The Cookie Conundrum: What’s the big issue and how brands can adapt – Zugriff 11.09.2022