Marketing-Börse PLUS - Fachbeiträge zu Marketing und Digitalisierung
print logo

Der Einsatz von Codes im Mobile Marketing

Tickets, Eintrittskarten, Coupons, Fahrpläne, Preis- oder Produktauskünfte und noch vieles mehr können auf Mobiltelefonen abgebildet werden....
Heike Scholz | 10.10.2006
Japan und Korea sind Europa hier weit voraus. Dort gehören die hierfür benötigten 2D-Codes zum Alltag. Einer neuen Umfrage in Japan zufolge erwarten dort die Handynutzer ganz selbstverständlich, dass ihr Mobiltelefon 2D-Codes lesen kann.

Jeder kennt die 1D-Codes, auch Strich- oder Barcodes genannt. Sie sind auf nahezu allen Produkten des täglichen Lebens. 2D-Codes kennen wir im Grunde auch, nur haben wir sie noch nicht so häufig gesehen. Vielen sind sie von der Deutschen Post bekannt. Dort werden sie für die Portoaufkleber genutzt. Die Deutsche Bahn verwendet sie auf ihren Tickets, usw. usw.

Die Nutzung von 2D-Codes auf Mobiltelefonen ist heute bereits erprobt. Hierbei sind zwei unterschiedliche Wege möglich:

1. Lesen eines 2D-Codes von einem Handydisplay mit Hilfe eines Scanners
2. (Ein-)Lesen eines 2D-Codes mit einem Kamerahandy


1. Lesen eines 2D-Codes von einem Handydisplay mit Hilfe eines Scanners

Hier wird dem Nutzer der Code per SMS, Bild-SMS, MMS, Download oder Email zur Verfügung gestellt. Natürlich ist es auch möglich, dass der Nutzer den Code mit seinem Kamerahandy abfotografiert, hierzu weiter unten mehr. Da der 2D-Code ein großes Speichervolumen hat, können hier umfangreiche Daten codiert werden. So könnte sich hinter den Codes folgendes verbergen:

• Coupons mit beliebigem Inhalt (Cash Coupons, Free Offer Coupons, Shopping Coupons, Treue Coupons etc.)
• Eintrittskarten / Tickets
• Kundenkarten / Bonussysteme
• Persönliche Daten des Nutzers
• Zugangsdaten zu gesicherten Gebäuden

Am POT (Point of Transaction), z.B. an der Kasse im Geschäft, am Einlaß zum Kino, hält der Nutzer sein Handydisplay mit dem sichtbaren Code an einen Scanner. Um alle Mobiltelefone nutzen zu können, ist darauf zu achten, dass der Scanner eine eigene Beleuchtung für den Scanvorgang besitzt, die keine einschränkenden Spiegelungen auf dem Handydisplay hervorruft. Ist keine entsprechende Beleuchtung am Scanner vorhanden, können nur Mobiltelefone mit ausreichender Hintergrundbeleuchtung genutzt werden. Der Scanner übermittelt die Daten an das dahinter liegende System, welches den Code mittels einer Datenbank prüft und je nachdem den Vorgang frei gibt oder sperrt.

Hier zeigen sich die Vorteile: Einerseits kann dem Nutzer erlaubt werden, den Code (z.B. einen Gutschein) beliebig oft an Freunde, Bekannte und Verwandte weiterzuleiten. Diese Personen erhalten die gleiche Vergütung vor Ort. Virales Marketing zur Neukundengewinnung at its best. Andererseits kann die Verteilung auch vollständig (z.B. bei Tickets) oder teilweise unterbunden werden. So ist die räumliche und zeitliche Verwendung einschränkbar. Käuferströme sind so gezielt in beiden Dimensionen zu beeinflussen.

Man könnte sogar soweit gehen, die Kreditkartendaten in einem 2D-Code zu hinterlegen. So braucht der Kunde nicht seine Karte aus dem Portemonnaie zu fummeln, sondern kann elegant und schnell mit seinem Handy und Unterschrift zahlen. Analoges ist für Lastschriften auf Basis der ec-Karte denkbar. Heute lassen insbesondere junge Leute eher ihr Portemonnaie als ihr Mobiltelefon zu Hause liegen.

Für solche Lösungen können Kosten in unterschiedlicher Höhe entstehen:
• Für die Scanner, je nach Ausprägung, mit/ohne GPRS-Modul, mit/ohne Bondrucker, indoor/outdoor, Stand-alone/Einbaukomponente inkl. Installation vor Ort.
• Für Kommunikationsentgelte zwischen Scanner und Backend (z.B. GPRS), wenn nicht die hausinterne Infrastruktur genutzt wird.
• Für Kommunikationsentgelte bei Versand des Codes per SMS, MMS etc.
• Für Adressgenerierung und Kampagne je nach Größe, Komplexität und Ausgestaltung.
• Für Customizing von Hintergrundsystemen und Schnittstellen.
• Für Service (vor Ort), Schulung von Mitarbeitern, Hotlines etc.
• Für Werbung und Promotion.


2. (Ein-)Lesen eines 2D-Codes mit einem Kamerahandy

Das Tippen am Mobiltelefon ist, trotz des Trainings, das wir in den vergangenen Jahren durch den Versand von SMS erfahren haben, eine mühselige Angelegenheit. Bevor man auf den kleinen Tasten durch Einfach- oder Mehrfachtippen halbwegs wieder erkennbare Worte geformt hat, lässt man es meist einfach sein.

Diese Hürde möchten Marketers gern überspringen. Hierfür bieten sich 2D-Codes an, die kostengünstig und unkompliziert auf Waren, Plakaten, Visitenkarten oder wo auch sonst noch angebracht werden können. Mit einem Kamerahandy abfotografiert erspart es uns das nervenaufreibende Eintippen von URLs oder leitet uns mit unserem internetfähigen Handy gleich auf weiterführende Inhalte.

Hierfür ist neben der obligatorischen Kamera eine Applikation auf dem Mobiltelefon notwendig. Diese Software steuert die Codeerkennung und führt die im Code hinterlegten Befehle aus. Der Nutzer muß lediglich mit der Kamera seines Mobiltelefons den Code fixieren. Je nach hinterlegter Funktion steht ihm jetzt ein Service zur Verfügung.

In Codes können sowohl Inhalte als auch Funktionen codiert sein:
• Fahrpläne
• Zusätzliche Produktinformationen
• URLs, d.h. der Nutzer wird direkt auf eine Website geleitet
• Persönliche Daten, z.B. auf Visitenkarten
• Übermittlung von Videos, Klingeltönen, Wallpapers u.ä.
• Preisvergleiche
Aufgrund der Qualität der Kameras in den meisten Mobiltelefonen, insb. die mangelhaften Makro-Funktionen, sollten die Codes heute noch eine gewisse Mindestgröße einhalten. Japan, wo codebasierte Fahrplanauskünfte an Haltestellen und das Einlesen von Visitenkarten heute bereits gang und gäbe sind, zeigt, dass es technologisch möglich ist.

Kosten für diese Art des Mobile Marketing entstehen in erster Linie
• für die Applikation auf dem Mobiltelefon (Lizenzen)
• für die Hintergrundsysteme und deren Anpassung inkl. Service.
• Für Kommunikationskosten in den Fällen, dass für den Nutzer kostenlose Push-Dienste angeboten werden sollen.
• Für die Anbringung der Codes.
• Für Werbung und Promotion.

Aus diesen beiden Formen des Code-Handlings sind natürlich auch Mischformen denkbar, wie z.B. der Email-Versand eines Codes mit einer URL, die den Nutzer direkt auf die gewünschte Website leitet.

In vielen Foren und Blogs wird sehr angeregt über diese Technologien diskutiert. Dies reicht vom Denkmalschutz bei Semapedia bis hin zum Datenschutz im Businessbereich bzgl. des Einsatzes von Kamerahandys. Diese Diskussionen sind wichtig und zeigen, dass solche Technologien die Menschen bewegen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich der Einsatz von 2D-Codes auf Mobiltelefonen, neben anderen Technologien wie z.B. Near Field Communication (NFC), auch in Europa durchsetzen wird. Sicherlich in anderer Form als in Japan oder Korea. Derzeit warten leider hier bei uns wieder einmal zu viele auf die „Killerapplikation“ und verpassen die Chancen, die in dieser Form des Mobile Marketings stecken.


Technik

Die verschiedenen Typen von Barcodes wurden zu verschiedenen Zeiten und Zwecken entwickelt, unterschiedlich nach Benutzergruppen und vor allem auch nach den jeweiligen Herstellungsmöglichkeiten. Je nach Anwendung werden die Strichcodes mit konventionellen Druckverfahren (wie Offset, Flexo- oder Tiefdruck) oder nach Bedarf (unter anderem Laser-, Thermodirekt-, Thermotransfer-, Tintenstrahldruck) hergestellt. Nadel-Matrixdrucker sind aufgrund ihres Druckbildes eher schlecht geeignet, weil ihre Ausdrucke die erforderlichen Standards zum Lesen oft nicht einhalten können. Obwohl auch heute noch die verbreitetsten Barcodes eindimensional (1-D-Codes) sind, wurden schon Ende der 1980er zweidimensionale (2-D-Codes) entwickelt. Diese können aus gestapelten 1-D-Codes bestehen (stacked), in Zeilen angeordnet sein oder als echter Flächencode (Matrix) hergestellt werden. Bei 3-D-Codes stellt Farbe die dritte Dimension dar.



1D-Codes oder Strichcodes


1D-Codes enthalten keine beschreibenden Daten sondern lediglich eine Nummernfolge, die auf einen bestimmten Datensatz, z.B. ein Produkt, verweist. In dieser Datenbank sind alle weiteren Informationen hinterlegt.

Ein Strichcode besteht aus Balken und Zwischenräumen. Wird ein Barcode-Scanner über den Barcode gezogen, wird die Lichtquelle des Scanners von den dunkeln Balken absorbiert, während sie von den hellen Zwischenräumen reflektiert wird. Ein Fotosensor im Scanner empfängt das reflektierte Licht und konvertiert es in ein elektrisches Signal.

Strichcode und Inhalt sind normiert:
• Zeichenvorrat 0-9
• Je nach Code 2-13 Stellen inklusive Prüfziffern
Wer mehr über Barcodes wissen möchte findet hier ausführliche Informationen, u.a. zu Technologie, Lesegeräten und Druckern.


2D-Codes bieten mehr

Gegenüber den klassischen Barcodes können 2D-Codes wesentlich mehr Informationen auf einer viel kleineren Fläche codieren. In dem kompakten Symbol eines 2D-Codes können mehrere tausend Zeichen verschlüsselt sein.

In der Dokumentenverwaltung, der industriellen Fertigung und der Elektroindustrie hat sich der Matrixcode bereits durchgesetzt. Auch in der Pharma- und Filmindustrie finden normierte 2D-Codes eine immer breitere Anwendung.

Die hohe Lesesicherheit spricht für den Einsatz der 2D-Codes in prozesskritischen Anwendungen. In Abhängigkeit vom Kodierungsverfahren kann bis zu einem Viertel der Codefläche verschmutzt oder beschädigt sein, dank Fehlerkorrektur-Algorithmen und umfangreichen Prüfzifferberechnungen können die Informationen immer noch vollständig erfasst werden.

Beim Matrixcode werden die Codeelemente in einer definierten Matrix entsprechend der Codierungsregel platziert. Als Codeelemente kommen unterschiedliche geometrische Formen zum Einsatz, überwiegend Punkte, Rechtecke (Quadrate) oder Sechsecke. Matrixcodes können omnidirektional gelesen werden, da das Lesesystem ein Gesamtbild erzeugt und auswertet. Matrixcodes bieten eine sehr hohe Informationsdichte und Lesesicherheit.

Zu den am meisten verbreiteten Matrixcodes zählen:
• Data-Matrix (z.B. Dt. Post, T-Mobile Rechnungen)
• Maxi-Code (z.B. UPS)
• Aztec Code (Europäischer Standard Code im ÖPV)
• QR Codes (Japan, Korea)

Darüber hinaus verwenden verschiedene Hersteller und Organisationen zahlreiche weitere Codes mit unterschiedlichen Eigenschaften für spezielle Einsatzzwecke.

Mit dem Data Matrix Code lassen sich bis zu 1558 Byte mit 8 Bit/Byte, mithin 3116 Ziffern (3,5 Bit)oder 2335 ASCII-Zeichen und Sonderzeichen (erweiterter Zeichensatz 7 Bit) codieren.

Im Unterschied zum 1D-Code wird beim 2D-Code vorteilhaft stets eine digitale Kamera verwendet. Zeilenscanner sind ungebräuchlich und nicht so sicher in der Erkennung des Codes. Die Kamera erfasst die Information zweidimensional und eine Software wertet das Bild aus. Daher müssen 2D-Barcodes mit einer Lichtquelle flächig beleuchtet werden. Das vom 2D-Code reflektierte Licht wird dann in einer "Bildebene", zum Beispiel einem CMOS-Sensor, scharf abgebildet.

Zum Ausprobieren kann man hier einzelne Codes erstellen:
1D-Code generieren
Data Matrix-Creator der Gavitec
Data Matrix-Creator von semacode


Die Autorin:

Heike Scholz (40)

Nach ihrem Abschluß an der Universität Hamburg als Diplom-Kauffrau war Heike Scholz mehr als zehn Jahre als Marketer und Produktmanagerin in sehr großen, großen, mittleren und kleinen Unternehmen tätig. Als Spezialistin für Mobile Business berät sie heute Unternehmen, Agenturen und Dienstleister und übernimmt als Interim Managerin ebenfalls operative Aufgaben. Darüber hinaus hat sie den neuen Informationsdienst zum Mobile Business, MQ Mobile Quality, mit aus der Taufe gehoben und ist dort als Redakteurin tätig.
Img of Heike Scholz

Heike Scholz gründete 2006 mobile zeitgeist und begleitet seitdem die Entwicklungen rund um das Mobile Business als Speaker, Herausgeberin & Autorin.