Marketingzukunft
Wohin führt die Zukunft im Marketing? Welche Tendenzen bewegen die künftigen Märkte und KonsumentInnen? Friedhelm Lammoth gab dazu bemerkenswerte Denkanstösse zwischen Vision und Reflexion im Rahmen der 8. Marketingtagung des Instituts für Marketing und Handel an der Universität St.Gallen vom 10. März 2006.
Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, zum Thema Marketing noch einen Werber zu Wort kommen zu lassen. Denn der Zustand der Werbung ist besorgniserregend. Die Agenturen beklagen sowohl den Rotstift der Wirtschaft und die Bevormundung durch Richter und Bedenkenträger als auch einen Vertrauensverlust, der nur noch von dem der Gebrauchtwagenhändler und Anlageberater übertroffen wird. Und es ist kein Wunder, dass mein französischer Kollege Jacques Seguela seine Freunde immer öfter anfleht: «Sagt meiner Mutter bitte nicht, dass ich in der Werbung arbeite. Sie glaubt, ich sei Pianist in einem Bordell.»
Manchmal hab ich das Gefühl, die Kampagneros wären in den Untergrund gegangen. Früher sind sie zu jeder Party der Spassgesellschaft mit dem BMW-Cabrio im Armani-Outfit vorgefahren. Seit Schluss mit lustig ist, kommen sie wie Mormonen- Missionare mit dem Velo, tragen Rucksäcke mit dem Label «Freitag» und wagen sich nur im Dunkeln nach Hause, um ihre milchsauren Körnerkulturen zu giessen.
Dieses Undercover-Verhalten steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass wir im Zeitalter der totalen Kommunikation
leben. Wer kürzlich dieselbe Statistik wie ich gelesen hat, weiss, was heute die drei meistkommunizierten Sätze in der
Schweiz sind:
– Erstens: Haben Sie eine Cumulus-Karte?
– Zweitens: Haben Sie die Supercard?
– Drittens: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Die mediale Wirklichkeit wird immer mehr zur Droge: In Holland musste ein Taxifahrer wegen SMS-Sucht in eine Klinik eingeliefert werden. Im Schnitt verschickte er täglich 367 Nachrichten. In Amerika gibt es seit zehn Jahren den Club anonymer Telefonierer. Ein Mitglied, eine Fotografin, ruft alle drei Minuten ihre Voicebox ab.
Im Netz ist der Papst nur einen Mausklick von Beate Uhse entfernt. Das Zweithandy ist heute ebenso üblich wie Zweitauto, Zweitwohnung, Zweitpartner. Jeder dritte Ehebruch wird über das Handy angebahnt. Und jeder zweite aufgedeckt. Der Handel klagt, dass die Menschen noch nie so wenig gekauft haben. Aber gleichzeitig haben sie auch noch nie so viel kommuniziert.
Und die Stimmung in Wirtschaft und Werbung erinnert an den Sketch von Helmut Qualtinger, wo er im Taxi sitzt und grantig zum Fahrer sagt: «I woas net, wohin i will. Aber foahrns bitte schneller.»
Nicht das Zuwenig ist heute unser Problem, sondern das Zuviel. Die «Zu-vielisationskrankheit» der Informationsgesellschaft heisst Informationsstress. Zum ersten Mal gibt es keine Steigerung mehr: Noch mehr kaufen, lernen, arbeiten, essen, wohnen, Spass haben und lieben geht nicht mehr. Überall gilt das Primat des Tempodroms: Das Essen wird fast, die Liebe quick, der Mittagsschlaf nennt sich jetzt Power-Napping.
Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, zum Thema Marketing noch einen Werber zu Wort kommen zu lassen. Denn der Zustand der Werbung ist besorgniserregend. Die Agenturen beklagen sowohl den Rotstift der Wirtschaft und die Bevormundung durch Richter und Bedenkenträger als auch einen Vertrauensverlust, der nur noch von dem der Gebrauchtwagenhändler und Anlageberater übertroffen wird. Und es ist kein Wunder, dass mein französischer Kollege Jacques Seguela seine Freunde immer öfter anfleht: «Sagt meiner Mutter bitte nicht, dass ich in der Werbung arbeite. Sie glaubt, ich sei Pianist in einem Bordell.»
Manchmal hab ich das Gefühl, die Kampagneros wären in den Untergrund gegangen. Früher sind sie zu jeder Party der Spassgesellschaft mit dem BMW-Cabrio im Armani-Outfit vorgefahren. Seit Schluss mit lustig ist, kommen sie wie Mormonen- Missionare mit dem Velo, tragen Rucksäcke mit dem Label «Freitag» und wagen sich nur im Dunkeln nach Hause, um ihre milchsauren Körnerkulturen zu giessen.
Dieses Undercover-Verhalten steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass wir im Zeitalter der totalen Kommunikation
leben. Wer kürzlich dieselbe Statistik wie ich gelesen hat, weiss, was heute die drei meistkommunizierten Sätze in der
Schweiz sind:
– Erstens: Haben Sie eine Cumulus-Karte?
– Zweitens: Haben Sie die Supercard?
– Drittens: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Die mediale Wirklichkeit wird immer mehr zur Droge: In Holland musste ein Taxifahrer wegen SMS-Sucht in eine Klinik eingeliefert werden. Im Schnitt verschickte er täglich 367 Nachrichten. In Amerika gibt es seit zehn Jahren den Club anonymer Telefonierer. Ein Mitglied, eine Fotografin, ruft alle drei Minuten ihre Voicebox ab.
Im Netz ist der Papst nur einen Mausklick von Beate Uhse entfernt. Das Zweithandy ist heute ebenso üblich wie Zweitauto, Zweitwohnung, Zweitpartner. Jeder dritte Ehebruch wird über das Handy angebahnt. Und jeder zweite aufgedeckt. Der Handel klagt, dass die Menschen noch nie so wenig gekauft haben. Aber gleichzeitig haben sie auch noch nie so viel kommuniziert.
Und die Stimmung in Wirtschaft und Werbung erinnert an den Sketch von Helmut Qualtinger, wo er im Taxi sitzt und grantig zum Fahrer sagt: «I woas net, wohin i will. Aber foahrns bitte schneller.»
Nicht das Zuwenig ist heute unser Problem, sondern das Zuviel. Die «Zu-vielisationskrankheit» der Informationsgesellschaft heisst Informationsstress. Zum ersten Mal gibt es keine Steigerung mehr: Noch mehr kaufen, lernen, arbeiten, essen, wohnen, Spass haben und lieben geht nicht mehr. Überall gilt das Primat des Tempodroms: Das Essen wird fast, die Liebe quick, der Mittagsschlaf nennt sich jetzt Power-Napping.