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Corporate Language: Wie spricht Ihr Unternehmen?

Wie die Sprache ein Unternehmen unverwechselbar macht und worauf es dabei ankommt.
Doris Doppler | 31.12.2008
Unternehmen unterscheiden sich nicht nur durch Logo, Farben und Design. Sie sprechen auch unterschiedlich. Hören Sie mal genau hin: BMW klingt anders als Mercedes. Da, wo BMW von der „Freude am Fahren“ spricht, ist bei Mercedes-Benz von der „neuen Form, Größe zu zeigen“ die Rede. Damit transportieren die beiden Autohersteller verschiedene Inhalte und wenden sich an unterschiedliche Zielgruppen. Sie nutzen die Unternehmenssprache, um sich unverwechselbar zu machen.


Vom Slogan bis zum Mahnschreiben

Die Corporate Language zeigt sich aber nicht nur in Slogans, Anzeigen und Broschüren. Sie prägt ebenso – und das wird gern vergessen – ganz alltägliche Angebotsschreiben oder Antworten auf Beschwerdebriefe. Hier reißt der rote Faden der Unternehmenssprache oft abrupt ab: Die Firma, die sich mit flott getexteten Werbesprüchen präsentiert, versendet gleichzeitig hölzern formulierte Kundenbriefe.

Die Folge: Der Kunde nimmt diesen Bruch in der Kommunikation wahr und ist verwirrt. Wieso spricht ein und dasselbe Unternehmen plötzlich verschiedene Sprachen? Der Firmenauftritt ist nicht mehr wie aus einem Guss, die Glaubwürdigkeit leidet.

Hier kann eine durchdachte Corporate Language helfen. Sie sorgt für charakteristische Kommunikation, die ein Unternehmen überzeugend und unverwechselbar macht. Doch Vorsicht: Die Sprache ist etwas sehr individuelles. Jeder Mitarbeiter spricht anders und schreibt anders. Deshalb ist die Unternehmenssprache auch kein Korsett, sondern ein Leitbild.


Erste Schritte zur Unternehmenssprache

Wie entwickelt man nun eine Corporate Language? Hier lässt sich zwischen „Pflicht“ und „Kür“ unterscheiden.

Zur Pflicht gehört es, klar und einfach zu schreiben. Denn solche Texte versteht der Leser schneller und speichert sie besser ab. Nichts ärgert den Kunden mehr als unverständliche Technikersprache und sperriges Bürokratendeutsch. Und das gilt für alle Schriftstücke, die das Unternehmen verlassen – von der Bedienungsanleitung bis zum Mahnbrief.


Regeln für gute Texte

Gut und verständlich zu schreiben ist gar nicht so schwierig. Hier einige Tipps für leicht lesbare Texte:
- Verwenden Sie Zeitwörter statt Hauptwörter. Das macht den Text lebendiger. Also statt: Wir werden die Lieferung termingemäß ausführen. Besser: Wir liefern pünktlich.
- Schreiben Sie in der aktiven Form und vermeiden Sie das Passiv. Das wirkt sympathischer und selbstsicherer. Statt: Die Lieferung wurde am 25. Mai veranlasst. Besser: Wir haben am 25. Mai geliefert.
- Ersetzen Sie Fremdwörter durch den deutschen Ausdruck. Das macht den Text verständlicher und lässt Bilder im Kopf des Lesers entstehen. Statt: Prinzip. Besser: Grundsatz.
- Verwenden Sie kurze Wörter. Das macht den Text leichter lesbar. Statt: Versandabwicklung. Besser: Versand.
- Schreiben Sie bildhaft und bringen Sie Beispiele. So wird der Text ansprechend und anschaulich. Statt: Das Ablagerungsverhalten in den Leitungsrohren verbessert sich. Besser: Es lagert sich weniger Kalk in den Leitungsrohren ab.


Einen Sprachstil entwickeln

Nach der Pflicht kommt die Kür. Es wird ein Sprachstil entwickelt, der das Wesen des Unternehmens widerspiegelt und die Emotionen und Erfahrungen der Zielgruppen anspricht. Die Frage ist: Wie können wir die Marke und die Unternehmensphilosophie in Sprache umsetzen? Wie treffen wir den sprachlichen Nerv unserer Kunden? Sollen wir einen gefühlsbetonten oder einen nüchternen Sprachstil anwenden?

Ein Hotel wird sich eher für einen gefühls- und sinnesbetonten Stil entscheiden, der die Leser dazu bewegt, einen Aufenthalt zu buchen. Die Website wird warm und bildhaft getextet, ebenso wie Emailings und Buchungsbestätigungen.

Ein technisches Büro hingegen wird eine eher vernunftbetonte und lösungsorientierte Sprache wählen. Es werden klare Wörter verwendet, die eindeutig und leistungsbeschreibend sind. Hier geht es um Informationen und Nutzen.


Love-Words und No-Words

Ein praktisches Werkzeug zur Umsetzung des erarbeiteten Sprachraumes ist eine Liste mit „Love-Words“. Das sind Wörter, die das Unternehmen oder die Marke treffend abbilden und die daher immer wieder in der Kommunikation eingesetzt werden. Diese Wörter verstärken – ähnlich wie ein Logo – die Marke, sie zahlen auf den Markenkern oder auf die Unternehmensstrategie ein.

Ein Beispiel: Ein Hersteller von Mineralwasser möchte Werte wie Reinheit und Ursprünglichkeit verkörpern. Also nimmt er die entsprechenden Wörter in seine „Love-Words“-Liste auf, wie „natürlich“, „kostbar“, „rein“, „frisch“, „pur“, „echt“, „kräftig“ und „belebend“. Diese Wörter setzt er immer wieder gezielt ein, in PR-Artikeln ebenso wie in Werbebriefen und anderen Verkaufsunterlagen.

Umgekehrt können Sie auch eine Liste mit Wörtern erstellen, die Sie nicht verwenden möchten, so genannte „No-Words“. Beispielsweise, weil diese Bezeichnungen nicht Ihrem Image entsprechen oder falsche Inhalte transportieren.

Beispiel: Ein Unternehmen, das sich mit der Belebung von Wasser beschäftigt, will seine Methode nicht mehr als „Technologie“ bezeichnen – das klingt zu technisch und entspricht nicht dem Markenkern. Stattdessen wird nur mehr das Wort „Verfahren“ verwendet, auf der Website ebenso wie bei der Beantwortung von Kundenanfragen.


Ein Leitfaden für die Sprache

All diese unternehmensspezifischen Erkenntnisse zur Corporate Language werden in Workshops erarbeitet und vermittelt. Außerdem werden sie in einem Sprach-Handbuch festgehalten, ergänzt durch Formulierungsbeispiele und Textbausteine für die tägliche Korrespondenz. So entsteht ein Leitfaden, der den Mitarbeitern – ähnlich wie ein Design Manual – eindeutige Regeln an die Hand gibt. Damit können sie die Unternehmenssprache richtig anwenden und machen den sprachlichen Auftritt unverwechselbar. Die Unterscheidung zu den Wettbewerbern gelingt dann auch auf dieser Ebene.


Ein Tipp zum Schluss:

Überprüfen Sie doch mal, wie sich Ihr Unternehmen verabschiedet. Verwenden Sie in Ihren Briefen immer noch ein steifes „Mit freundlichen Grüßen“? Oder wagen Sie sich schon an eine individuelle Grußformel, wie etwa der Solaranlagen-Hersteller, der seine Briefe mit „sonnigen Grüßen“ abschließt?

Spielen Sie ein wenig mit der Sprache. Sie sorgt für die feinen Unterschiede, die sich der Kunde merkt.





Zur Autorin:

Dr. Doris Doppler arbeitet als freie Texterin und Wirtschaftsjournalistin in Innsbruck (A). Die promovierte Betriebswirtin verfasst Broschüren, Webseiten und PR-Artikel, optimiert bestehende Texte und entwickelt Konzepte zur Corporate Language. Sie ist für Direktkunden und Agenturen im gesamten deutschsprachigen Raum tätig.

mail: doppler@ddoppler.com
web: www.ddoppler.com
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Die Betriebswirtin Dr. Doris Doppler arbeitet als freie Texterin und Wirtschaftsjournalistin in Innsbruck sowohl für Agenuren als auch Privatkunden.