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Vom Kreuzzug gegen Raucher: Fiskalisch geschröpft und moralisch geächtet

Schon jetzt müssen pro Schachtel 60 Prozent an den Fiskus abgedrückt werden.
Gunnar Sohn | 03.05.2011
Am 1. Mai ist wieder einmal die Tabaksteuer erhöht worden. Die Vertreter der fiskalischen Kleptokratie haben es sich diesmal nicht nehmen lassen, bis 2015 noch weitere vier Schritte folgen zu lassen, um die Raucher weiter zu schröpfen. Das schreibt der NeueNachricht-Herausgeber Gunnar Sohn in seiner Kolumne für das Debattenmagazin „The European“. Schon jetzt müssen pro Schachtel 60 Prozent an den Fiskus abgedrückt werden. Pro Jahr sind das satte 14 Milliarden Euro, die der Bundesfinanzminister über die Glimmstengel in den Bundeshaushalt spült und für Dinge ausgeben kann, die mit dem Akt des Rauchens gar nichts zu tun haben. Geringfügige Gegenleistungen über Raucherkabinen oder nette Räumlichkeiten in öffentlichen Gebäuden für den steuerlich so wichtigen Nikotingenuss würden in der Nichtraucherfraktion des politischen Personals sofort einen Sturm der Entrüstung auslösen. Denn „nur“ 25 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind Raucher. Warum sollte man deshalb auf die Bedürfnisse von 21 Millionen Menschen Rücksicht nehmen? Die Mehrheit der Nichtraucher ist jederzeit gegen die Minorität der Raucher mobilisierbar.




Nach der Mehrheit-ist-Mehrheit-Logik müssen schädliche Raucher gemaßregelt werden: fiskalisch und moralisch. Mit dieser bequemen Dialektik kann man ein Viertel der Gesellschaft nach allen Regeln der Kunst schurigeln, kujonieren und schikanieren. Das Hochgefühl, das diesem Tun entspringt, ist umso köstlicher, je mehr es mit dem Bewusstsein des Rechthabens verbunden ist. Das ist der Grund, weshalb die selbst erklärten Moralapostel ständig nach der guten Sache Ausschau halten, in deren Dienst sie treten können – und in deren Dienst sie die anderen treten können. Neben der Verfehlung des Rauchens gibt es eine Vielzahl von weiteren Empörungsspielplätzen: Glücksspiele, Flatrate-Partys, Mülltrennung, Hunde oder Killerspiele. Hier bietet sich eine gigantische Palette von Zurechtweisungs- und Erniedrigungsmöglichkeiten unter dem Horizont polizeilicher Verfolgungsphantasien: „Wenn Argumente fehlen, kommt meist ein Verbot heraus“, so ein Aphorismus des Schriftstellers Oliver Hassencamp (555kandierte Sätze: Aphorismen, 1987) der mit den Burg Schreckenstein-Geschichten bekannt wurde. Wenn man im öffentlichen Diskurs Menschen zur Unperson erklärt, erübrigen sich weitere Diskussionen. Raucher haben gefälligst die Schnauze zu halten.



„Vergessen scheint der Satz des ehemaligen italienischen Staatspräsidenten Alessandro Pertini, wonach man Toleranz von den Rauchern lerne könne – denn noch nie habe sich ein Raucher über einen Nichtraucher beschwert. Mit grenzenloser Aggression äußern selbstberufene Gesundheitsapostel immer neue Schreckensmeldungen über die Schädlichkeit des Tabakgenusses und insbesondere des Passivrauchens; keine pragmatische Regelung welcher Art auch immer erschein ihnen gangbar. Sie wollen ein Kulturphänomen total aus der Öffentlichkeit vertilgen und liquidieren“, kritisiert der Philosoph Robert Pfaller in seinem Buch „Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft“. Der Tabakrausch werde als etwas Exkrementelles herabgewürdigt. Die Anwesenheit von Nichtrauchern mit einem Raucher im selben Wohnzimmer gleiche dem Schwimmen in einem Pool, in den jemand pinkelt. Dabei sei die Politik der Rauchverbote ein typisches Beispiel einer Pseudopolitik. „Eine Politik, die ihre entscheidenden Aufgaben verabsäumt, wird, um davon abzulenken, gerne auf einem Nebenschauplatz hyperaktiv“, meint Pfaller.



Mit den inflationären Präventionsmaßnahmen erteilt sich der Staat eine Blankovollmacht für Eingriffe ins Privatleben. Egal, ob es um Datenschutz, Rauchverbote, Ernährung, Energieverbrauch oder Bildung geht.



Komplette Story hier: http://www.theeuropean.de/gunnar-sohn/6533-vom-kreuzzug-gegen-raucher

















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Über Gunnar Sohn

Gunnar Sohn ist Freiberufler und u.a. Wirtschaftspublizist, Buchautor, Blogger, Medienberater, Moderator und Kolumnist.