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Der Depot-Effekt im E-Mail-Marketing

Kunden von E-Mail-Marketing-Dienstleistern erwarten häufig zu unmittelbare Erfolge einer Kampagne. Ein realistischer Blick hilft.
Karsten Hölck | 17.12.2018
© Shutterstock
 

Oft ist die Enttäuschung groß, wenn bei einer E-Mail-Kampagne nicht sofort Umsätze generiert oder gigantische Öffnungsraten erreicht werden. Die klassischen Kundenaussagen gegenüber den Versendern sind dann: • „E-Mail funktioniert halt bei uns nicht!“ • „Der Verteiler taugt nichts. Zu wenig Öffner und viel zu wenig Klicks!“ • „...die Conversion ist unter aller Kanone - da stecken wir unser Werbe Budget lieber in andere Kanäle“ Das Problem ist weniger, dass dieser Kommunikationsweg nicht erfolgreich ist. Vielmehr ist die Bewertung der Ergebnisse durch die zu einseitige Betrachtung der Kennzahlen irreführend. Aber warum ist das so?

Irreführende Betrachtung der Kennzahlen

Unternehmen messen und bewerten den Erfolg einer E-Mail-Kampagne in der Regel nur anhand der folgenden drei Faktoren und Mischformen daraus: 1. Gesendete E-Mails, Öffnungs- und Klickrate 2. Umsatzzahlen in einem bestimmten Zeitrahmen 3. Reaktionen innerhalb der Zeit vom ersten bis zum letzten Öffner einer Kampagne Die beliebtesten Maße sind Öffner und Klicker in Kombination mit direkten Bestellungen; das aber nur bezogen auf den engen Zeitraum der Kampagne. Und so kommt es zu Fehlbewertungen. Gerade im B2B-Marketing werden oft Produkte beworben, für die es keinen aktuellen Bedarf gibt oder bei denen die Entscheidungszyklen sehr lang sind. Die während der Kampagne gemessenen Zahlen berücksichtigen nicht den nachweisbaren Depot-Effekt. Bei interessierten Entscheidern ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die E-Mail ausgedruckt oder auf Wiedervorlage gelegt wird. So wird, wenn der Bedarf an einem Produkt und somit ein direktes Kaufinteresse besteht, die Website direkt besucht oder die alte E-Mail angeklickt. Keine Standard-Statistik wird diese Käufe erfassen.

Ein Praxis-Beispiel aus den B2B E-Mail Marketing

Einer unser Unternehmenskunden hatte Anfang 2017 seine E-Mail-Kampagne mit einem hohen Rabatt incentiviert. Die Öffner und Klicker waren „unterirdisch“, obwohl alles passte: Attraktives Incentive, schickes, gut durchdachtes Werbemittel, eine top definierte Zielgruppe. Aber nicht eine Bestellung wurde realisiert. Alle weiteren Bemühungen halfen nichts. Es hat nicht funktioniert. Weitere E-Mail-Promotions wurden sofort vom Kunden gestoppt. Rund zwölf Monate später passierte es dann: Über Monate verteilt gingen plötzlich Faxe, Anrufe und Nachrichten über das Kontaktformular ein, die sich auf das damalige Rabattangebot bezogen. Im Unternehmen hatte man diese Rabattaktion gar nicht mehr auf dem Plan. Da dieses Angebot aber nur einmalig verschickt wurde, konnte der so entstandene Rücklauf der alten E-Mail-Promotion zugeordnet werden. Trotz der anfangs sehr schlechten Öffnungs- und Klickquoten wurde diese E-Mail Promotion mit Abstand zur besten Online-Abverkaufskampagne des Unternehmens.

Fazit

Unternehmen sollten alternative Messverfahren entwerfen und E-Mail-Kampagnen längerfristig betrachten, um eine realistische Einschätzung der Effekte zu erhalten. Der Depot-Effekt kann sehr mächtig sein, geht aber in der klassischen Statistik verloren. Unternehmen sollten dies bei der Ausgestaltung Ihrer Kampagnen berücksichtigen. Vom Glauben das E-Mail-Aktionen kurzfristig, schnellen und leichten Umsatz bringen, muss man sich leider verabschieden. E-Mails gehören unbedingt in den Marketing-Mix und können die Brücke von online zu offline schlagen. Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass E-Mails zum Umsatz im Unternehmen beitragen und dies auch langfristig messbar ist. Autoren: Karsten Hölck und Ole Albers