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So vermeiden CEOs die digitale Transformationsfalle

Die Digitalisierung ist bereits ein alter Hut. Viele Unternemen tappen dennoch in die Digitalisierungsfalle – und verschwenden so Zeit und Ressourcen.
Ralf Haberich | 11.09.2019
Veränderungen und neue Systeme bergen Risiken. © CRM Partners AG
 
Die Digitalisierung ist fast schon ein alter Hut, dennoch hinken viele Unternehmen hinterher. Sie sind gefordert, alle Bereiche zu digitalisieren – ein Umstand, den vor allem der Mittelstand missachtet. Viele tappen nach wie vor in die Digitalisierungsfalle – und verschwenden damit Zeit und Ressourcen. Folgende Fehler gilt es deshalb zu vermeiden.

Fehler 1: Fehlendes Customer Engagement
Kunden sind wichtig. Im Sinne der Customer Centricity müssen Unternehmen diese genau kennen – wofür eine Bestimmung der Buyer Persona notwendig ist. Unternehmen sollten genau wissen, wer die Ansprechpartner sind, mit wem sie zusammenarbeiten und welche Schmerzpunkte die Zielgruppe hat. Um etwa Marketing-Kampagnen entsprechend ausrichten zu können, sollten alle Abteilungen in die Zielgruppen-Definition eingebunden sein. Nicht zu vernachlässigen sind bestehende Kunden. Sie erwarten, dass das Unternehmen sie kennt. Für die personalisierte Bestandskundenbetreuung ist ein CRM-System empfehlenswert: Dort lässt sich die Kundenkontakthistorie abbilden, und Vertriebsmitarbeiter haben Zugriff auf Interessenten und Service-Kunden, Kollegen und Partner. Eine individuelle Kundenbetreuung und -wertschätzung ist unverzichtbar, eine gewissenhafte Pflege der Kundendaten ist essentiell.

Fehler 2: An alten Verhaltensweisen festhalten
An bisherigen Strategien festzuhalten, ist falsch. Vielmehr müssen Unternehmen einen agilen Fahrplan aufstellen, der kurze Entscheidungswege und eine schnelle Reaktion auf neue Anforderungen ermöglicht. Fehler zuzulassen, müssen viele lernen. Doch auch das ist im Sinne der Digitalisierung. Um von Kunden wahrgenommen zu werden, sollten sich Unternehmen als Marke etablieren und sich gegenüber neuen Technologien offen zeigen. Gleichzeitig sollten sie ihren Kunden eine personalisierte Shoppingerfahrung bieten – etwa, indem sie das Shoppingerlebnis im B2B genauso komfortabel gestalten wie im B2C. Nur dann wird aus einem Käufer ein Wiederkäufer – und der Umsatz wächst.

Fehler 3: Das Change Management vernachlässigen
Die Digitalisierung betrifft nicht nur die Geschäftsführung, sondern alle Bereiche, Mitarbeiter und Prozesse. Sie führt zu einer veränderten Wertschöpfungskette und macht es notwendig, neue Systeme zu integrieren. Dabei profitieren Mittelständler vom großen Know-how ihrer Mitarbeiter. Sie zu überzeugen, ist jedoch nicht leicht. Deshalb ist ihnen von Beginn an aufzuzeigen, wie vorteilhaft es sein kann, z. B. repetitive Prozesse automatisieren zu lassen: Sie gewinnen mehr Arbeitszeit für sinnvolle Tätigkeiten. Wenn Mitarbeiter zudem neue Ideen einbringen, können alle gemeinsam die digitale Transformation aktiv voranbringen.

Fehler 4: Sich nicht fokussieren
Um das zu bewerkstelligen, müssen sich Unternehmen auf einzelne Teilschritte fokussieren. Der Versuch, alle Bereiche auf einmal zu digitalisieren, kann nicht gelingen. Ein sukzessives Vorgehen ist empfehlenswert, etwa, indem das Unternehmen zunächst ein neues CRM-Tool implementiert. Eine agile Vorgehensweise erlaubt, das Vorgehen bedarfsgerecht anzupassen und so flexibel auf neue Marktanforderungen zu reagieren.

Fehler 5: Unerwartete Kosten
Gerade wenn es um die Implementierung neuer Systeme geht, sollten Unternehmen niemals das Budget aus den Augen verlieren. Natürlich sind Investitionen notwendig. Vielen Unternehmen geht jedoch das Geld aus, da die Kosten steigen, bevor Einsparungen spürbar sind. Um alle Ausgaben im Blick zu behalten, empfiehlt sich ein Budgetplan. Bringt eine Maßnahme nicht den gewünschten Erfolg, lässt sich im Sinne des Trial-and-Error-Ansatzes eine neue finden – unter der Prämisse, dass Unternehmen den Budgetplan einhalten. Erfolgreiche Unternehmen generieren schnell Einsparungen und Einnahmen, um weitere Investitionen zu tätigen.

Fehler 6: Den Fachkräftemangel unterschätzen
Bestenfalls verantwortet die Digitalisierung ein Verantwortlicher, etwa ein CDO. Doch es genügt nicht, eine Position neu zu besetzen. Es braucht entsprechende Mitarbeiter, um erfolgreich zu sein. Um den Bedarf definieren zu können, müssen Unternehmen die eigenen Herausforderungen genau kennen und wissen, welche Fähigkeiten sie benötigen. Attraktiv für neue Mitarbeiter wird nur, wer exzellente Arbeitsbedingungen schafft; der IT-Markt ist hart umkämpft. Ein Startup-Ansatz fungiert als Vorbild: Unternehmen können informelle Räume etablieren, in denen Mitarbeiter zusammentreffen und gemeinsam Ideen entwickeln.

Fehler 7: Zu langsam sein
Nicht nur in der Natur ist es bittere Realität: Die Schnellen fressen die Langsamen. Wer nicht schnell handelt, flexibel auf Marktanforderungen reagiert und sich nicht an Kundenbedürfnissen orientiert, wird scheitern. „Aber unsere Kunden benötigen keine digitalen Produkte“ ist eine schlechte Ausrede. Schließlich müssen Unternehmen eine Lösung anbieten, nicht die Kunden. Unternehmen müssen die Bedürfnisse der Kunden erkennen und dafür innovative Lösungen bereitstellen. Sich dabei auf Altbewährtem auszuruhen, funktioniert nicht.

Fazit: Risikobereit sein
Veränderungen und neue Systeme bergen Risiken. CEOs sollten dieses eingehen, wenn sie konkurrenzfähig bleiben möchten. Diejenigen, die den Mut aufbringen, werden von der Digitalisierung profitieren. Wer diese Fehler vermeidet und von Beginn an einen Digitalisierungsfahrplan aufstellt, hat in Zukunft die besten Chancen.
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Ralf Haberich, CEO der Shopgate GmbH, verantwortet die Bereiche Business Development, Partnership, Marketing, Sales und HR.