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Jetzt ist die Zeit, die Zukunft vorzubereiten

Die Begleiterscheinungen der Corona-Pandemie stellen Marketer vor neue Herausforderungen. Handlungsempfehlungen für digitales Marketing.
Bernd Wagner | 14.05.2020
Jetzt ist die Zeit, die Zukunft vorzubereiten © Freepik / senivpetro
 

Naturgemäß richten Unternehmen in den ersten Wochen einer Krise ihren Fokus darauf, die unmittelbaren Folgen in den Griff zu bekommen. Und für viele bringt allein diese Aufgabe reichlich an Arbeit mit – zumal es kein Patentrezept für die gegenwärtige Situation gibt und vieles neu entstehen muss.

Die Zeit danach ist entscheidend

Gleichzeitig zeigt sich, dass die aktuelle Situation sich auf absehbare Zeit verstetigen wird, je nach Branche mit mehr oder weniger großen Auswirkungen. Deshalb gilt es, für diese Zukunft zu planen und entsprechend zu handeln. Und, frei nach dem oft bemühten Sprichwort, die Krise als Chance zu nutzen, um sich für die „Zeit danach“ besser aufzustellen; sprich: als Unternehmen und als Marke zu lernen und zu wachsen.

 

Da alle Unternehmen ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen, lautet der Imperativ mehr als je zuvor, die Kundenerwartungen zu übertreffen. In Zeiten des Social Distancing und – auch nach der Wiedereröffnung von Ladengeschäften – damit reduzierten Möglichkeiten der persönlichen Begegnung, bildet das digitale Marketing die Speerspitze der Kundenerfahrung, und zwar mehr als je zuvor.

Der Weg zur „neuen Normalität“

Die erste Reaktion der meisten Unternehmen war, per E-Mail oder Newsletter mit ihren Kunden Kontakt aufzunehmen und sie zu informieren: im ersten Schritt über Kontaktmöglichkeiten und den Geschäftsbetrieb, über Liefermöglichkeiten und ähnliche geschäftsbezogene Inhalte. Dann haben Unternehmen schnell aktiv an Zusatzangeboten für ihre Kunden gearbeitet, die zur aktuellen Situation passen, wie beispielsweise Online-Trainingskurse von Sportartikelherstellern. Salesforce hat beispielsweise über Salesforce Care spezielle Angebote, für 90 tage kostenfrei, zur Verfügung gestellt. Einige digitale Dienstleister haben Services aufgesetzt, um lokalen und regionalen Betrieben ohne Onlinekanal eine Stimme zu verleihen.

Verlagerung in den digitalen Raum

Diejenigen, die vieles schon richtig machen, aber noch besser werden möchten, fühlen durch die aktuelle Situation motiviert, zu handeln. Noch auf unabsehbare Zeit wird der Online-Handel ein höheres Gewicht als der stationäre Handel haben, aufgrund der Schwierigkeiten, uneingeschränkte und unbeschwerte persönliche Einkaufserlebnisse im Ladengeschäft zu gestalten. 

 

Dann gibt es natürlich Branchen, die fast ausschließlich von Events leben. Zu diesen zählt etwa der Profifußball. Immer mehr Vereine der oberen Ligen haben in den vergangenen Jahren ihr digitales Standbein gestärkt, ob mit verbesserten Ticketing- und Fanartikel-Kanälen oder digitalen Zusatzinhalten, um ihre Fans weltweit zu erreichen und zu binden. Sie alle verzeichnen seit dem Aussetzen des Spielbetriebs erhöhten Zulauf zu ihren Online-Angeboten und stehen mangels aktueller Anlässe unter Druck, spannende, relevante und abwechslungsreiche Inhalte anzubieten. Zusätzlich müssen sich alle Unternehmen auf die nächste Phase vorbereiten und einen detaillierten Plan für Logistik und Kommunikation entwickeln. Sie brauchen ein Konzept, um ihre Mitarbeiter und Kunden  sicher zurück in die Normalität zu begleiten.

Wege zur Umsatzstabilisierung

Zugegeben ist die Welt des Profisports kaum mit anderen Branchen vergleichbar. Doch alle stehen vor der Herausforderung, ihre Umsätze nachhaltig zu sichern. Dabei setzen sich Abomodelle immer mehr durch, wie sie etwa von Autoherstellern zunehmend auf den Markt gebracht wurden: mit All-Inclusive-Paketen, die über herkömmliches Leasing hinausgehen und auch Versicherung, Steuer und sämtliche Services rund um das Auto in den monatlichen Fixpreis einbeziehen. Auch in der Industrie werden immer mehr derartige Ansätze sichtbar, etwa das Contracting von Heizungsanlagen auch für Privathaushalte oder im B2B-Bereich für Produktionsmaschinen. All diese Modelle sind sehr servicegetrieben und funktionieren nur auf Basis digitaler Infrastrukturen. Der Vorteil der neuen Gewichtung von Services anstelle von Produktvertrieb liegt auf der Hand: Umsätze und Ressourcen sind besser planbar, Spitzen und Tiefen reduzieren sich.

Was jetzt wichtig ist

Wie aber sollten sich Unternehmen dem Ausbau ihrer digitalen Aktivitäten nähern? Unabhängig von Branche, Größe, Zielgruppe oder aktuellem Status-quo des digitalen Business, müssen Unternehmen sich einige grundsätzliche Fragen beantworten und vor allem Möglichkeiten suchen, eine 360 Grad-Sicht des Kunden zu gewinnen und damit zu arbeiten. 

 

  • Fragen Sie sich, wie und womit Sie Ihren Kunden am besten helfen können. Das gilt nicht nur in der aktuellen Situation, sondern sollte generell ihr Handeln leiten. Steigt der Bedarf nach Service? Nach genaueren, zusätzlichen Informationen? Liegen einzelne Kontakt- und Kommunikationskanäle noch brach? Berücksichtigen Sie beispielsweise die sozialen Medien und die Aktivitäten ihrer Kunden dort?

  • Nehmen Sie sich trotz allen Drucks und des Gefühls, akute Lösungen anbieten zu müssen, die nötige Zeit, um Ihre strategischen Schwerpunkte zu bestimmen und ihre Roadmap zu definieren.

  • Denken Sie gründlich durch, wie ihr Geschäftsmodell oder Teile davon in der digitalen Welt umsetzbar oder verbesserbar sind. Im Zentrum steht wieder der Kunde: Wie und womit erreichen Sie ihn am besten?

  • Der Erfolg Ihrer digitalen Strategie steht und fällt mit der Qualität und Struktur Ihrer Daten: Welche Kundendaten haben Sie, wie aktuell sind Sie, wie gut sind Sie zugänglich? Je mehr Informationen Sie haben, desto schneller werden Ihre zielgerichteten Aktivitäten sichtbare Erfolge bringen. Und sobald Sie eine klare Struktur geschaffen haben, können Sie auch KI-basierte Funktionen wie Empfehlungen nutzen, die unter anderem nachweislich den Wert von Warenkörben im Onlinehandel erhöhen.

  • Denken Sie ganzheitlich: Falls Ihre Kundendaten isoliert in verschiedenen Anwendungen für unterschiedliche Abteilungen oder Mitarbeitergruppen vorliegen, ist ein erster Schritt deren Zusammenführung in eine einheitliche Sicht für alle im Unternehmen: vom Vertrieb über den Service bis hin zum Marketing und dem E-Commerce. Sie alle sind verantwortlich dafür, wie Kunden Ihr Unternehmen wahrnehmen.

  • Setzen Sie konsistente Maßnahmen auf und berücksichtigen einige Faustregeln: ‚Keine Aktion ohne Follow-up‘ ist die erste. Messen Sie die Reaktion, verfeinern Sie darauf basierend kontinuierlich ihre Kommunikation und Kampagnen. Beobachten Sie die sozialen Medien. Reichern Sie Ihre Kundendaten laufend mit all diesen Informationen an. Je mehr Sie wissen, desto zielgerichteter können Sie agieren und ihr digitales Geschäftsmodell zum Erfolg führen.