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Die Eventbranche nachhaltig gestalten

Immer mehr Unternehmen wünschen umweltschonende Konzepte für die Organisation von Veranstaltungen. Tipps und Maßnahmen für Veranstalter.
Tim Krannich | 17.02.2022
Die Eventbranche nachhaltig gestalten © freepik
 

Für die meisten Unternehmen ist klar, dass sie etwas für den Klimaschutz tun müssen. Daher suchen sie nach nachhaltigen Lösungen für ihre Geschäftsmodelle. Insbesondere in den vergangenen drei Jahren hat sich in Europas Metropolen auch im Eventbereich diesbezüglich viel getan. Messen und Ausstellungen prägen den Wirtschaftsstandort Deutschlands und sollen auch in Zukunft zur internationalen Spitze zählen. Dabei wünschen sich immer mehr Unternehmen umweltschonende Konzepte für die Organisation von Veranstaltungen - auch, um in der Öffentlichkeit als nachhaltig agierende Brand wahrgenommen zu werden.

 

Grüne Events: Nachhaltigkeit findet überwiegend nur in der Planung statt

Nachhaltige Maßnahmen sind in jedem größeren Briefing bzw. Pitch verpflichtend vorgegeben und seit Beginn der Corona-Pandemie weiter in den Mittelpunkt gerückt. Zwar geben Auftraggeber:innen Wünsche für die Umsetzung an, jedoch findet in der Realität immer noch überwiegend Greenwashing statt. Denn für die Umsetzung von nachhaltigen Events, fehlt es oft an Budget oder Zeit bzw. wirklicher Muße. Produktionen made in China sind günstiger, Messebau aus Osteuropa ebenfalls. Als Ausgleich setzen viele Unternehmen dann auf Kompensationen oder Zertifizierungen bzw. pflanzen Bäume, um ihren Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit für ihre Zielgruppe sichtbar zu machen – doch diese verfehlen das eigentliche Ziel. 

 

In den nächsten drei Jahren ist zu erwarten, dass viele Firmen und Betriebe ausschließlich klimaneutral agieren möchten. In Zukunft spielen dann Dienstleistende, Zertifizierungen und Kompensationen eine untergeordnete Rolle und der Fokus wird sich stark auf die Strategie und Leit-Konzeptionen verlagern. Die Veranstaltung nachhaltiger Events muss mit der insgesamt umweltbewussten Ausrichtung des Unternehmens einhergehen. Nachhaltigkeit muss strategisch verortet sein und nicht nur operativ an einzelnen Stellen bedacht werden. Zudem muss die Beratungskompetenz in diesem Bereich zur Chef:innensache erklärt und Nachhaltigkeit ins Zentrum sämtlicher unternehmerischer Aktivitäten gestellt werden.

 

Wie Unternehmen im Digitalbereich durch ein flexibles Messestandsystem 50 Prozent CO2 einsparen können

Wie Nachhaltigkeit in der Umsetzung auf Messen stattfindet, zeigt ein Praxisbeispiel von einem DAX Unternehmen. Insbesondere Unternehmen, die eine hohe Präsenz auf Ausstellungen oder Messen haben, können durch Stände profitieren, die durch ein modularisiertes Baukastensystem kontinuierlich neu dargestellt und angepasst werden können. Dabei entstammen alle Materialien bzw. Ausstellungsgegenstände derselben Produktion. So wird dem unnötigen Verschleiß von Messeständen entgegengewirkt. Diese werden einheitlich konzipiert, die Brandings jedoch individualisiert.

 

 

Für verschiedene Veranstaltungen wird dann ein flexibles Messestandsystem aus Baugerüsten entwickelt und bespielt, das auf den weltweit größten Digital- und Startup-Messen sowie innerhalb des Unternehmens eingesetzt wurde, u. a. Viva Tech Paris, Web Summit Lissabon, re:publica Berlin, MWC Barcelona, Bits & Pretzels Founders Festival München.

 

Durch eine Art Baukastensystem wird ein abteilungsübergreifender Messestand konzipiert: Für jede Messe bzw. Messesaison wird normalerweise für die verschiedenen Abteilungen ein Standkonzept konzipiert, der nach einmaliger Benutzung vernichtet wird. Durch das neue System können zahlreiche Abteilungen auf dieselben Messematerialien zurückgreifen – in diesem Fall setzte das DAX Unternehmen diese im Digitalbereich, im IT, im HR sowie weiteren Konzernmarken das Messestandsystem bereits ein.

 

Die Größe der Ausstellungsfläche variiert dabei zwischen 20 und 400 qm. Bei Standgrößen bis zu 400qm kann bzw. konnten unter Berücksichtigung der genannten Maßnahmen und 25 verschiedenen Einsätzen des Systems bislang 50 Prozent CO2 beim Messebau eingespart werden.  Außerdem bringt der Modulbau eine Zeitersparnis von 80 Prozent.

 

Maßnahmen müssen in allen Handlungsfeldern einbezogen werden

Es ist entscheidend, dass nicht nur in einem Bereich “grün” gedacht wird. Regionale Produkte, Saisonware und Materialien mit FSC-, Bio- oder Fair Trade-Siegel sind bereits im letzten Jahrzehnt immer populärer geworden. Dazu gehört die Zusammenarbeit mit regionalen, lokalen und umweltbewussten Partnern für das Catering. Es rücken außerdem ressourcensparende Veranstaltungsorte in den Vordergrund, die beispielsweise Ökostrom beziehen oder Ausstellungs-Konzepte, bei denen die Messestände anpassbar, wiederverwendbar und somit langfristig nutzbar sind. Hier sind insbesondere die Materialien und Bauten, die multifunktional multipliziert werden können, von großer Bedeutung. Dazu zählen auch Echtpflanzen, gebrauchte und vielseitig einsetzbare Dekorationsartikel, hochwertige Produkte mit langjähriger Nutzungsmöglichkeit und Designs.

 

Denn nur ein Gesamtkonzept führt zu langfristigem Erfolg. Nachhaltige Events, im ökologischen, ökonomischen und sozialen Sinne, sind ein gesamtheitlicher Prozess und müssen zukunftsorientiert geplant werden.  Umweltschonende Maßnahmen müssen in vielen Bereichen eingesetzt werden, denn wer sich nur auf bestimmte konzentriert, verfolgt keine langfristige, nachhaltige Event-Strategie.

 

Nachhaltige Events sind die Zukunft und nicht automatisch teurer
Das Thema Nachhaltigkeit wird immer relevanter, sodass sich in den nächsten drei bis fünf Jahren Agenturen rein darauf spezialisieren bzw. diese Angebote als ihren belastbaren USP einsetzen werden. Hinter ihnen stehen Politik, Konzerne, Share- und Stakeholder sowie die Mehrheit der Gesellschaft – insbesondere auch Mitarbeiter:innen in den Firmen und Agenturen der relevanten Branchen. Schon jetzt werden nachhaltige Konzepte ausschließlich positiv aufgenommen, da sie flexibel einsetz- und gestaltbar sind, grüne Oasen darstellen und sogar als Trojanisches Pferd auf Messen bezeichnet werden. Je nachhaltiger, greifbarer und nachvollziehbarer das Konzept, desto besser. Um nachhaltige Maßnahmen einzubeziehen, ist die (zeit-) intensive Auseinandersetzung mit ihnen im Briefing bzw. Debriefing sowie ein reger Austausch notwendig. Eine strategische Änderung des Konzepts kann sogar zu massiven Kosteneinsparungen führen.