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Intelligentes One-to-One-Marketing im Einzelhandel

Hyperpersonalisierung, intelligente Sortiments- und Abverkaufsplanung sowie intelligentes Pricing – so setzen Sie KI im Retail ein.
Gerrit Heinemann | 08.08.2022
Intelligentes One-to-One-Marketing im Einzelhandel © Freepik / BillionPhotos
 

Das Thema KI (Künstliche Intelligenz) ist derzeit das große Thema in Industrie und Handel. Vor allem die großen Plattformen, also alle GAFA-TAB‘s, sind Treiber dieser Entwicklung. Nicht nur im Backoffice und in der Supply Chain, sondern auch im Frontend werden enorme Forschungsaufwendungen getätigt, um Kundendaten intelligenter nutzen zu können. Damit der stationäre Einzelhandel nicht auch in der intelligenten Kundenberatung endgültig den Anschluss verliert, sollte er sich auch diesem Thema widmen. KI ermöglicht auch im Laden ein kundendatenbasiertes One-to-One-Marketing und einen intelligenten Kundenservice mit KI. Zugleich können die Kundendaten auch für eine intelligente Sortiments- und Abverkaufsplanung genutzt werden.

KI versus Machine Learning im Einzelhandel

Im Einzelhandel wird das Thema KI (Künstliche Intelligenz) derzeit regelrecht gehypt. Diesbezüglich wird allerdings in der Regel verkannt, dass KI in den meisten Fällen für Automatisierung und Algorithmen steht, jedoch häufig nichts mit intelligenten Abläufen zu tun hat. Geht es also um echte Intelligenz, sollte besser über Machine Learning gesprochen oder gar Deep Learning werden [1, 2, 3]. Diese Begriffe umschreiben den intelligenten Umgang mit Big Data und die Fähigkeit, zu lernen und sich eigenständig weiterzuentwickeln. Die Begriffe wie KI, maschinelles Lernen und Deep Learning werden oft synonym verwendet. Dabei sind maschinelles Lernen und Deep Learning beide unter dem Schirm der Künstlichen Intelligenz angesiedelt, denn ohne Künstliche Intelligenz wäre maschinelles Lernen nicht möglich und beides ist Voraussetzung für das Deep Learning [2, 3, 4].

Hyperpersonalisierung

Das Sammeln und Nutzen relevanter Daten, um bewusste Entscheidungen zu treffen und strategische Ziele zu erreichen, ist für Onlinehändler nicht neu, die jetzt auch bei KI voranschreiten. Machine Learning soll dabei unter anderem zur Personalisierung von Produktempfehlungen, Prognostizierung von Kundenpräferenzen sowie Sortimentskuratierung eingesetzt werden [7]. Dabei wird KI bereits vielfältig im Marketing eingesetzt, beispielsweise um Werbebotschaften zu optimieren. So nutzt Persado seit 2012 Systeme, die natürliche Sprache erkennen, um Abläufe und Inhalte zu optimieren. Es ist erwiesen, dass KI-optimierte Werbebotschaften effektiver und effizienter sind, als es „normale“ Werbeinhalte jemals sein können. Chatbots beziehungsweise Social Bots sind ohne Künstliche Intelligenz gar nicht einsetzbar und das Hyper Targeting gäbe es sonst gar nicht. Dieses ermöglicht verhaltensbasierte Vorhersagen, die sich für die Platzierung von Werbebotschaften, personalisierte Content-Erstellung sowie verbesserte Preisermittlung nutzen lassen [8].

Im E-Commerce ist bisher das große Thema aber zweifelsohne der Chatbot, eine Wortzusammensetzung aus Chatten und Roboter. Bereits heute existieren höhere Reifegrade der Chatbot-Entwicklung, die Deep Learning nutzen. Damit können Gesprächsmuster in Echtzeit mit anderen Gesprächsmustern aus vergangenen Dialogen verglichen und entsprechende Ableitungen getroffen werden. Zusätzlich können dabei noch andere Informationsquellen wie Daten aus der CRM-Datenbank ausgewertet werden. Dieses ermöglicht ein lupenreines „One-to-One“- Marketing, das sowohl im Hinblick auf den Kundenwert als auch die Kundenbedürfnisse als extrem ausdifferenziert anzusehen ist (Abb. 1). Dabei werden alle Kundendaten zu Präferenzen sowie Kundenverhalten für ein regelrechtes Profiling, also einer detaillierten Kundenbeschreibung, genutzt. Mit einer permanenten Interaktion ist eine Erweiterung und Vertiefung des Individualisierungsgrades im Zeitverlauf, also ein dynamisches Profiling, möglich [3, 5]. Auch im Onlinehandel naht das Ende der Startseite, die für alle Besucher identisch war [9].

Die Zukunft sind insofern hyperpersonalisierte Webshops, die im Fachjargon Applied AI Webdesign genannt werden [3, 11]. Diese setzen Algorithmen und Nutzerdaten ein, um dynamische Anpassung von Inhalt und Gestaltung in Echtzeit zu ermöglich. Dazu können Layout-Änderungen (unter anderem Anordnung von Elementen, Menüs, Bannern) vollautomatisch oder auf Basis von Vorlagen generiert und getestet werden. So lassen sich für den User optimale Darstellungsformen finden, um ihm die angemessenste Customer Journey zu bieten [11].

 

Abb. 1: Einordnung des Ont-to-One-Marketing [in Anlehnung an 10; 3]

 

Deswegen verwundert nicht, dass auch immer mehr Einzelhändler die Möglichkeit nutzen, um mithilfe fortschrittlicher Analysen von Kundendaten sowie Künstlicher Intelligenz Einblicke in Echtzeit zu gewinnen und darauf basierend hyperpersonalisierte Erlebnisse zu kreieren. Dieses hilft dabei, differenzierte und hochindividuelle Nutzer- und Kundenprofile zu erstellen. Diese können mit Handlungs- mustern assoziiert werden oder vollkommen neue Handlungsmuster erkennen. Damit wird eine dynamische Personalisierung von Inhalten und Angeboten möglich, die in Echtzeit generiert und über die relevanten Touchpoints zur Verfügung gestellt werden. Einer der wichtigsten Touchpoints bleibt dabei der Store. Deswegen gehört der individualisierten Kundenansprache im stationären Einzelhandel die Zukunft, zumal KI-gestützte Systeme dies auch technisch ermöglichen. Dabei unterstützt das KI-basierte One-to-One-Marketing nicht nur eine Marktsegmentierung auf Mikroebene, sondern eröffnet in Kombination mit KI auch hyperpersonalisierte und granularisierte Angebote. Am Anfang stehen in der Regel personalisierte E-Mails. Der nächste Schritt sollte schnell zu personalisierten Websites und Landingpages führen, wo der Besucher den Eindruck bekommt, dass diese Seite nur für ihn persönlich da ist. Wird das richtig umgesetzt, wecken Unternehmen damit ein größeres Interesse an ihren Angeboten, steigern die Aufmerksamkeit für Call-to-Action, erhöhen die Verweildauer auf der Website und bieten Stammkunden einen Mehrwert [12]. Folgt nach dem Onlinebesuch der Offlinegang in den Laden, geht es darum, nahtlos vor Ort anknüpfen zu können.

Intelligente Sortiments- und Abverkaufsplanung

Vor allem im beratungsintensiven Fachhandel und Modehandel ergeben sich vielfältige KI-Einsatzmöglichkeiten. Während derartige Systeme bereits entlang der kompletten Wertschöpfungskette eingesetzt werden und in der Logistik bereits gang und gäbe sind, beginnt jetzt erst das KI- Zeitalter an der Kundenfront. Intelligente Techniken werden eigentlich erst richtig für das Größen- und Passformproblem eingesetzt, nicht jedoch für komplexere Sortimentsthemen. Sie ist vor allem im Onlinehandel mit Mode das wohl größte Problem, dass die Größen bei den einzelnen Marken sehr unterschiedlich ausfallen [13].

Deswegen finden Kunden auf Anhieb häufig nicht die richtige Passform und bestellen sich online oft mehrere Größen, was die Retourenquoten treibt. Deswegen nutzt Bonprix beispielsweise einen Fit-Finder, der auch bei zahlreichen anderen Modeunternehmen, wie Boss, Peek & Cloppenburg, Puma oder Esprit, zum Einsatz kommt. Dieser wertet mithilfe von KI die Angaben der Kunden sowie die Kauf- und Produktdaten aus, um dann gezielte Größenempfehlungen zu geben [13]. Verlässliche Größenlots sind aber nur ein Teil der Sortimentsplanung. Umfassenderer KI-Einsatz findet eher im „Curated Shopping“ statt. Bereits heute nutzen alle großen Online Pure Players, wie zum Beispiel Zalando, Algorithmen, die ständig dazulernen (Machine Learning), um Bedarfe wiederzuerkennen, ähnliche und ergänzende Produkte zu finden oder auch um Bewertungen zu klassifizieren.

KI ebnet dabei den Weg vom deskriptiven hin zum prediktiven Kuratieren, also individuelle Bedarfsprognosen. Das erwarten die Kunden auch, denn sie wünschen sich zunehmend, dass Unternehmen ihnen persönlich relevante Inhalte wie unter anderem Produktempfehlungen in Echtzeit über den in diesem Moment relevanten Kanal bereitstellen. Dieses kann allerdings nur funktionieren, wenn Einzelhändler die gesammelten Daten verstehen und effektiv für die Sortimentsplanung nutzen. Es reicht schon lange nicht mehr, nur das Gesicht des Kunden zu kennen. Nur wer die Daten seiner Kunden und ihre individuellen Bedürfnisse nutzt, kann sie durch situativ passende, persönliche Empfehlungen, Tipps oder Rabatte begeistern.

Positive, überzeugende, konsistente und personalisierte Einkaufserlebnisse lassen sich nur noch datenbasiert schaffen [12]. Neben dem Curated Shopping können KI-Lösungen auch zur Optimierung von Absatzprognosen und beim Replenishment helfen. Sie ermöglichen es Händlern, Abverkäufe je Artikel, Zeiteinheit sowie Store zu prognostizieren. Auf dieser Basis kann die Nachbestellung der Artikel gesteuert werden [14], zumal Absatzplanungen gerade für Modehändler existenziell wichtig sind. Für sie ist es ein riesiges Problem, wenn das aktuelle Sortiment nicht die Wünsche der Kunden trifft. Die immer schneller drehenden Kollektionen erfordern es, dass in kürzester Zeit wieder Platz im Lager und Laden ist. Sortimente, die sich nicht schnell abverkaufen, werden zu Restanten oder gehen in den margenkillenden Sale.

So setzt Bonprix auf Künstliche Intelligenz (KI), um dieses Problem besser in den Griff zu bekommen. Zusammen mit den KI-Experten der Otto Group hat der Multichannel-Händler ein Prognosesystem entwickelt, das exakte Vorhersagen berechnen kann, wie gut Artikel von den Kunden nachgefragt werden. So können bereits im Vorfeld mögliche Flops identifiziert und aussortiert werden. Zudem kann KI wertvolle Hinweise liefern, um bessere Styles für die Kunden zu kreieren [13]. Das Prognosesystem wird von einem Machine-Learning-Algorithmus gesteuert, der sich selbst optimiert und damit Vorhersagen immer weiter verbessert. Zur Erstellung der Prognosen müssen die Einflussfaktoren festgelegt werden, die in dem KI-Modell berücksichtigt werden sollen. Diese sollten stets die Angebots- und Nachfragesituation im Umfeld der Stores berücksichtigen. Darüber hinaus muss der Einfluss eigener Marketingaktionen auf die Kunden abgeschätzt werden. Aber auch vergangene Abverkäufe sowie Analysezeitraum und aktuelle Einflussfaktoren wie unter anderem Wetter oder Konjunktur sind zu berücksichtigen. Sind die Einflussfaktoren festgelegt, gilt es, das neuronale Netz für das Machine-Learning-Verfahren zu trainieren [14].

Intelligentes Pricing im Einzelhandel

Das wohl wichtigste Werkzeug des Händlers zur Optimierung seines Absatzes bleibt der Preis. Durch die Vielzahl relevanter Einflussgrößen ist dieser heute manuell kaum noch steuerbar. Die Mehrzahl der im deutschen Einzelhandel eingesetzten Pricing-Tools folgt allerdings starren Preisregeln, die sich häufig nur am Preisverhalten der Konkurrenz orientieren. Dieses Instrument spielt Amazon perfekt aus. Der Onlinehändler ändert seine Preise mehrmals am Tag. Zu Spitzenzeiten wie vor Weihnachten kann die Preisangabe für das gleiche Produkt durchaus bis zu 70-mal in der Woche wechseln. Dynamic Pricing lautet das Zauberwort, das mittlerweile den gesamten Handel vor sich hertreibt. Dabei sind es nicht nur Onlineshops, die sich des Instruments des Dynamic Pricing bedienen, sondern zunehmend auch stationäre beziehungsweise Multichannel-Händler.

Der Wechsel von klassischen Etiketten hin zu Regalen mit elektronischen Displays schafft die technischen Voraussetzungen und offensichtliche Begierde [15]. Mittlerweile nutzen auch etliche stationäre Händler, die auch auf dem Amazon-Marktplatz verkaufen, Repricing-Systeme: Sobald Wettbewerber ihre Preise senken, versucht das System mitzuziehen, also den Wettbewerber zu unterbieten. Häufiger Grund ist, dass Händler auf dem Marktplatz von Amazon versuchen, die „Buy Box“ zu gewinnen, wofür ein attraktiver Preis wesentliches Kriterium ist. Repricing-Systeme sind nicht selten sehr einfach gestrickt und setzen in erster Linie auf die Marktbeobachtung. Dieses macht allerdings nur Sinn, wenn das einzige Ziel des Unternehmens Preisführerschaft ist: Dann kann der Einsatz eines solchen Repricers genügen [15].

 

Preisstrategien über Regelsysteme

Aktuelle Software-Lösungen für das Dynamic Pricing kombinieren verschiedene Preisstrategien mit (mehr oder weniger) komplexen Regelwerken. Dabei können saisonale Gegebenheiten oder Tageszeiten berücksichtigt werden, wie das unter anderem Tankstellen machen. Denkbar ist aber auch ein kapazitätsabhängiges „Peak Load Pricing“, nach dem die Preise anziehen, wenn die Nachfrage steigt. Ist erkennbar, dass der Wettbewerb nicht mehr liefern kann, können die Preise dann noch stärker angehoben werden. Ganz anders ist eine Penetrationsstrategie mit der bewussten Entscheidung verbunden, Preise am Wettbewerb auszurichten. Ziel ist es hier, stets den günstigsten Preis anzubieten, um schnell Marktanteile zu generieren. Sobald ein bestimmter Marktanteil erreicht ist, werden die Preise wieder angezogen [15]. Rund um die Preisstrategie lassen sich weitere Regeln und Filter nutzen, wie zum Beispiel Endgeräte (höherer Preis für iPhone-Nutzer). Je mehr verschiedene Regeln kombiniert werden, umso komplexer wird die Preisfindung. Dennoch bleibt das Dynamic Pricing ein rein reaktives System, das stets zu Preisanpassungen führt.

 

Big Data puscht Dynamic Pricing

Ziel von einigen Anbietern ist es, das Dynamic Pricing mit Vorhersagen zu kombinieren und so zu antizipieren und Preisanpassungen vorzunehmen, statt zu reagieren. Blue Yonder bietet inzwischen per SaaS ein solches Tool zur Preisdynamisierung an. Neben Regeln werden dabei auch externe Daten und Informationen aus unterschiedlichsten Bereichen verwendet wie unter anderem Kaufhistorien. Ein lernender Algorithmus untersucht dabei permanent die Wechselwirkung zwischen Preisen und Umsatz. Ein hypothetisch optimaler Preis wird dann im laufenden Betrieb bestätigt oder widerlegt. Dieses erfordert ständige A/B-Tests und kann das Datenmodell zu einer komplexen Angelegenheit machen, die auch auf die Bedürfnisse und Gegebenheiten des jeweiligen Händlers angepasst werden muss.

Da die Hypothesen und Annahmen des Systems umso besser werden, je mehr Daten aus der Historie zur Verfügung stehen, bestimmen Umfang und Qualität des Datenmaterials die Verlässlichkeit der Vorhersagen. Das cloudbasierte Tool von IBM berücksichtigt zum Beispiel historische Daten zur Preisentwicklung bei Mitbewerbern und eigene betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Dabei werden auch Daten aus dem stationären Handel berücksichtigt. Dennoch sollten Händler es mit der Preisdynamik nicht übertreiben und diese sollte auch immer nachvollziehbar bleiben. Sonst werden schnell die besten Kunden vergrault [15].

Händler, die das Optimum aus ihren Preisstrategien herausholen wollen, setzen daher auf KI-gestützte Verfahren zur automatischen Preisfindung. Eine optimale Preisstrategie unterbietet nicht um jeden Preis den des konkurrierenden Anbieters, wie es im Re-Pricing der Fall ist. Es geht vielmehr darum, den optimalen Preis anzubieten, den der Kunde zu zahlen bereit ist [14]. Dazu bieten intelligente Systeme für die Preisgestaltung deutlich mehr Funktionen und Möglichkeiten. Sie berücksichtigen nicht nur mehrere Einflussfaktoren, sondern nehmen auch auf die wirtschaftlichen Belange sowie auch die Strategie des Händlers Rücksicht.

 

Der optimale Preis – ein enger Korridor

Eigentlich gehören Preisanpassungen zum kaufmännischen Alltag eines Händlers. Die Kunden haben diesbezüglich sehr wohl eine Vorstellung davon, was ihnen ein Produkt „wert“ ist und welcher Preis noch als angemessen gilt. Preisakzeptanz ist ein schmaler Korridor zwischen „zu teuer“ und „zu billig“ [15]. Was allerdings nicht zu teuer und zu billig und damit optimal bedeutet, hängt zweifelsohne von der aktuellen Situation des Händlers ab. An genau diesem Punkt kann Künstliche Intelligenz ihre Vorteile ausspielen. Es geht um die Anpassung des Preises an Einflussgrößen. Intelligente Pricing-Systeme, wie das von Prudsys, beziehen unterschiedlichste Einflussgrößen mit ein, wie zum Beispiel zeitliche Faktoren, regionale Faktoren, Wetter, Lagerbestände, Wettbewerberpreise, Saisonverlauf, Unternehmensziele, historische Daten, Einkaufspreise sowie Echtzeitinformationen aus dem Shop wie Klicks, Käufe, Warenkörbe. Dabei handelt es sich um Parameter, die ständigen Änderungen unterliegen (Abb. 2).

 

Abb. 2: Mögliche Einflussfaktoren von KI-basierten Dynamic-Pricing- Systemen [15]

 

Dynamische Preisoptimierung orientiert sich an der Preisakzeptanz der Kunden und berücksichtigt Angebot und Nachfrage. Sie ist nicht kostengetrieben und ermöglicht es Händlern, Umsatz, Absatz und Ertrag zu optimieren [15].

Fazit

Bisher wird häufig verkannt, dass KI in der Regel überwiegend für Automatisierung steht. Geht es jedoch um echte Intelligenz, sollte besser über Machine Learning gesprochen werden. Dieses betrifft den intelligenten Umgang mit großen Datenmengen und die Fähigkeit von Maschinen beziehungsweise Computern, zu lernen und sich eigenständig weiterzuentwickeln. Auch in fortgeschrittenen Multichannel-Systemen hinterlässt der Kunde im Webshop zwar einen digitalen Fingerabdruck, dieser spielt aber bei einem späteren Besuch im Geschäft meist keine Rolle. Damit die „Customer Journey“ des Kunden in solchen Momenten nicht „brüchig“ wird, sind Lösungen erforderlich, die den gewünschten nahtlosen Datenaustausch zwischen dem Stationär- und Onlinehandel ermöglichen.

Damit können dem Kunden in den Läden passgenaue Angebote und Vorschläge unterbreitet und die Beratungskompetenz des Verkäufers in den stationären Geschäften gestärkt werden. Intelligente Dialoge sind auch Gegenstand des im Januar 2019 gestarteten Verbundprojekts unter dem Namen ON4OFF, in das auch der Verfasser eingebunden ist. Dabei geht es unter anderem um Konzepte beziehungsweise Anwendungen der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens, um den Dialog mit Kunden zu verbessern, die bevorzugt in stationären Läden in ihrer Region einkaufen. Ziel ist zudem eine intelligente Kanalverknüpfung von Offline und Online im Multi-Channeling [16]. So unterhalten rund ein Drittel der stationären Einzelhändler neben ihrem stationären Geschäft auch einen Onlineshop [17].

In den meisten Fällen ergänzt die Internetpräsenz aber nicht den Gesamtauftritt im Sinne einer schlüssigen „Customer Journey“. Dabei funktionieren die On- und Offline-Geschäftsbereiche nicht in einem geschickten Zusammenspiel, sondern eher als separate „Verkaufsveranstaltungen“. Während also der Kunde im Onlineshop zwar einen digitalen Fingerabdruck hinterlässt, wird dieser dann beim späteren Besuch im Geschäft nicht genutzt. Während KI ein sehr breites Anwendungsfeld von Werkzeugen und Techniken darstellt, die es Computern erlauben, ohne zu „denken“ das menschliche Verhalten nachzuahmen, gehen Machine Learning und Deep Learning weit darüber hinaus [6]. Mehr zu dem Thema ist in dem Buch „Intelligent Retail“ zu finden, das August 2021 bei Springer-Gabler erschien [18].

 

 

Literatur

 

[1] Kolbrück, O. Chatbot. (2017). Wie Chatbots gerade den E-Commerce verändern. – http://etailment.de/news/stories/Marketing-Wie-Chatbots-gerade- den-E-Commerce-veraendern–20450 – Zugriff 29.04.2017

[2] Riedel, M. (2019). ON4OFF: Referenzmodell – Use Cases. Interne Unterlage im Rahmen des Projektes ON4OFF. Jülich.

[3] Heinemann, G. OH (2021). Der neue Online-Handel, Geschäftsmodelle, Geschäftssysteme und Benchmarks im E-Commerce, 12. überarbeitete Auflage, 368 Seiten. Wiesbaden: Springer-Gabler

[4] Benoit, B. (2019). Über den Unterschied zwischen KI, maschinellem Lernen und Deep Learning für Prüfungen in der Industrieautomation. Cognex – https://wcognex.com/de-de/blogs/deep-learning/ai-versus-deep-learning- versus-machine-learning-in-industrial-automation – Zugriff 22.01.2021

[5] Luber, S., Litzel, N. (2016). Definition: Was ist Machine Learning? Bigdata-insider.de – https://www.bigdata-insider.de/was-ist-machine- learning-a-592092/#:~:text=Machine%20Learning%20ist%20ein%20 Teilbereich,k%C3%BCnstliches%20Wissen%20aus%20Erfahrungen%20 generiert – Zugriff 22.01.2021

[6] ON4OFF (2019). Pressemitteilung ON4OFF: Hochschule Niederrhein ist Entwicklungspartner in neuem Forschungsprojekt zur Zukunftssicherung des Einzelhandels. – www.on4off.de. Jülich und Krefeld.

[7] Locationinsider Trends. (2019). Ausblick 2020: Die acht wichtigsten Trends im Einzelhandel und E-Commerce. Mathias Gehrckens und Lisa Babenko– https://locationinsider.de/ausblick-2020-die-acht-wichtigsten-trends-im- einzelhandel-und-e-commerce/ – Zugriff 01.08.2020

[8] Büttner, A. (2020): 5 Content-Marketing-Trends, die uns 2020 erwarten.
Unternehmer.de – https://unternehmer.de/marketing-vertrieb/239990-2020-
content-marketing-trends – Zugriff 02.08.2020

[9] Internetworld. eCommerce Trends. (2020). 10 Marketing-Trends für 2020. – https://www.internetworld.de/online-marketing/onlinemarketing/10- marketing-trends-2020-2457148.html?ganzseitig=1. – Zugriff 01.08.2020

[10] Peppers, D., Rogers, M. (1997). Enterprise one to one: Tools for competing in the interactive age. New York: Crown Publishing Group.

[11] Stein, C. (2017). Wie weit darf Personalisierung gehen? – http://www. ottogroupunterwegs.com/blog/blog/posts/Hyperpersonalisierter-Webshop-Wie- weit-sollte-Personalisierung-gehen.php – Zugriff 13.08.2017

[12] iBusiness. Trends Online-Marketing. (2016). Dmexco: 15 Trends, die
das Onlinemarketing 2017 bestimmen werden. Susan Rönisch und Peter Graf
– https://www.ibusiness.de/members/aktuell/db/201141SUR.html – Zugriff
15.01.2021

[13] Kolf, F. (2020). Modehandel. Bonprix sortiert mit künstlicher Intelligenz die Ladenhüter aus. Handelsblatt – https://www.handelsblatt. com/unternehmen/handel-konsumgueter/modehandel-bonprix-sortiert-mit- kuenstlicher-intelligenz-die-ladenhueter-aus/26164946.html?ticket=ST- 465194-Km9pLpKnX5iMy7ldAyOC-ap2 – Zugriff 01.2021

[14] Gläß, R. (2018). Künstliche Intelligenz im Handel 2 Anwendungen. Effizienz erhöhen und Kunden gewinnen. Essentials. Springer Vieweg. Berlin.

[15] eTailment DP (2019). Dynamic Pricing – So beherrschen Sie die Wunderwaffe ohne Stephan Lamprecht – https://etailment.de/news/ stories/Dynamic-Pricing--Wunderwaffe-risiko-4220 – Zugriff 22.01.2021

[16] Carell, A., Heinemann, G. (2018). Handel der Zukunft. ON4OFF: Für eine Verschmelzung von On- und Offline-Welt. – https://www.adesso.de/de/ news/aditorial/aditorial-ausgabe-3-2018/handel-der-zukunft.jsp – Zugriff 01.12.2018

[17] Ibi.(2020). Der Deutsche Einzelhandel 2020 – zweite IHK-ibi- Handelsstudie. –https://ibi.de/veroeffentlichungen/IHK-ibi-Handelsstudie2020 – Zugriff 06.01.2021

[18] Heinemann, G. (2021). Intelligent Retail Die Zukunft des stationären Einzelhandels – https://www.springcom/de/book/9783658343385 – Zugriff 28.09.2021

 

Weiterführende Literatur

 

iBusiness. Trends Online-Marketing. (2016). Dmexco: 15 Trends, die das Onlinemarketing 2017 bestimmen werden. Susan Rönisch und Peter Graf – https://www.ibusiness.de/members/aktuell/db/201141SUR.html – Zugriff 15.01.2021

iBusiness. Trends. (2020). E-Commerce 2021: Neun Trends im deutschen Onlinehandel. Susan Rönisch – https://www.ibusiness.de/members/aktuell/ db/454380SUR.html – Zugriff 12.08.2020

 

 

 

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Über Gerrit Heinemann

Prof. Heinemann ist Leiter des eWeb Research Centers an der Hochschule Niederrhein und Autor von 240 Artikeln und 20 Büchern zu Handel und E-Commerce.