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Trendsetter statt Trendfollower

Die Zukunft Ihres Unternehmens hängt von der richtigen Positionierung ab. Diese drei Aspekte helfen bei der Markenpositionierung.
Michael Brandtner | 06.02.2023
Trendsetter statt Trendfollower © Freepik / zaozaa09
 

Markentrends, Marketingtrends, Werbe- und Kommunikationstrends, KI-Trends, Social-Media- und natürlich Metaverse-Trends. Speziell im Januar jedes Jahres werden Marken- und Unternehmensverantwortliche nur so mit den großen Jahrestrends überflutet. Natürlich macht es Sinn, sich mit diesen Trends zu beschäftigen, diese zu analysieren und auf die Wichtig- und Richtigkeit für die eigene Marke und das eigene Unternehmen zu überprüfen. Nur sollte man dabei nicht vergessen, dass die eigene Marke, das eigene Unternehmen selbst eine (hoffentlich wegweisende) Richtung hat. Genau das ist eine oder besser die strategische Schlüsselaufgabe einer Positionierung. Dazu sollte man vor allem die folgenden drei Aspekte im Auge haben.

1. Mentale Zukunftsorientierung

Viele denken spontan beim Begriff Positionierung vor allem an Differenzierung. So sind viele Manager und Managerinnen damit beschäftigt, die eine Idee zu finden, um sich vom Mitbewerb, allen voran vom Marktführer abzuheben. Nur das greift immer öfter viel zu kurz und endet in endlosen Positionierungs- und Differenzierungsansätzen und -versuchen.

Sehr viel besser und vor allem sehr viel erfolgsversprechender ist, wenn man Positionierung als mentale Zukunftsrichtung versteht. Der beste Weg dazu: Stellen Sie sicher, dass Ihre Marke in einer neuen oder auch alten Kategorie mental als Themen- und Marktführer wahrgenommen wird.

Nehmen Sie den Markt für Elektromobilität! Über Jahre war der Nissan Leaf das meist verkaufte Elektroauto dieser Erde. Aber bei Nissan sah man den Leaf wahrscheinlich nur als ein weiteres Modell, um – im Falle des Falles – auch ein Elektroauto anbieten zu können. Anders Elon Musk. Für ihn war die Elektromobilität die Zukunft. Dementsprechend positionierte er die Marke Tesla als Kategorie- und wahrgenommenen Marktführer.

Um dieses Prinzip der Kategorie zu nutzen, sind zwei Punkte erforderlich. (1) Man muss erkennen, welche Kategorien mental vergeben sind, um dann (2) eine eigene mental freie Kategorie zu (er)finden und zu besetzen. So ist Red Bull kein weiteres Erfrischungsgetränk, sondern der erste Energydrink, Dyson kein weiterer Staubsauger, sondern der erste ohne Beutel, Ryanair keine weitere Fluglinie, sondern Europas erste Diskontfluglinie und TikTok ist keine weitere Videoplattform, sondern die erste Kurzvideoplattform. Alpecin wiederum feierte ein echtes Markencomeback mit der Kategorie „Koffeinshampoo gegen Haarausfall“.

2. Verbale und visuelle Fokussierung

Flixbus besitzt heute in unserer Wahrnehmung das Wort und damit die Position „Fernbus“. Was aber „hämmert“ diese Position Tag für Tag in unsere Wahrnehmung und unser Gedächtnis? Es sind die extrem auffallenden grünen Busse. Ohne diese Farbgestaltung würde die Marke visuell in der Menge der fahrenden Busse untergehen.

Starke Marken besitzen so nicht nur eine verbale Positionierung, sondern im Idealfall auch eine extrem starke visuelle Positionierung. So gesehen ist etwa McDonald’s verbal und vor allem visuell Burger King klar überlegen. Verbal besitzt McDonald’s die Kategorie Hamburger in den Köpfen der Kunden, während Burger King maximal als Alternative wahrgenommen wird. Visuell ist Burger King McDonald’s sogar doppelt unterlegen: (1) Man besitzt weniger Filialen. (2) Diese Filialen sind zudem weniger sichtbar, weil ein starkes visuelles Wiedererkennungsmerkmal fehlt. So sind die Goldenen Bögen sehr viel auffälliger als das brave Hamburger-Logo von Burger King.

Dazu ein wichtiger Punkt: Viele Marken verkaufen sich speziell visuell weit unter ihrem Wert, weil man zu sehr auf Branchenregeln und zu wenig auf visuelle Differenzierung achtet. Das ist ein Doppelfehler: (1) Man geht visuell so meist unter. (2) Man nutzt nicht die Macht der visuellen Marktführerschaft. So wird man durch eine starke auffallende Visualisierung etwa a la Flixbus sofort auch größer wahrgenommen.

3. Klare kontext-basierte Umsetzungs- und Wachstumsstrategie

Es geht aber nicht nur darum, dass man die eigene Positionierung verbal und visuell festlegt, man muss diese auch Jahr für Jahr am Markt, vor allem in der Wahrnehmung und im Gedächtnis der Kunden wichtiger und größer machen. Das erfordert aber auch, dass man den mental richtigen Rahmen wählt. So kann unser Gehirn nur dann Neues lernen, wenn dies am Bekannten andockt. Ein Weg dazu ist, dass man zuerst den Mitbewerb repositioniert, um dann darauf aufbauend die eigene Marke positioniert.

Wo wäre Dr. Best heute, wenn man nur gesagt hätte, dass man sich als die nachgebende Zahnbürste positioniert? Antwort: Nirgendwo! Entscheidend für den Erfolg war, dass man zuerst den Mitbewerb mit dem Schlüsselbild der Tomate als „starr und gefährlich“ für Zahnfleisch und Zähne repositionierte, um dann die eigene Position als „nachgebende“ Zahnbürste zu etablieren.

Brillant machte dies auch Gustavo Gusto! So hieß es im Werbespot: „Wann hast Du das letzte Mal eine richtig gute Tiefkühlpizza gegessen? Von Hand geformt, auf Stein gebacken und nur mit hochwertigen Zutaten belegt. Wie? Noch nie! Dann wird’s aber Zeit. Gustavo Gusto. Die Premium-Tiefkühlpizza.“ Damit stellte man nicht nur einen Bezug zum Leben der Verbraucher her, man repositionierte den Mitbewerb als „ungenügend“, um sich selbst als die Premium-Tiefkühlpizza zu positionieren. Verstärkt wird das Ganze natürlich noch am Point of Sale durch die einzigartige Verpackungsgestaltung.

Zu abstrakt, zu richtungslos, zu brav

So gesehen verkaufen sich heute viele Marken unter ihrem Potenzial, weil man nicht nur zu abstrakt, zu richtungslos und damit auch zu brav positioniert ist, sondern vor allem auch, weil man in der kommunikativen Umsetzung komplett darauf vergisst, dass man mental bei den Kunden im Gehirn andocken muss. Zwei abschließende Fragen dazu: (1) Besitzt die eigene Marke wirklich die stärkstmögliche Idee für die Zukunft? (2) Wird diese auch konsequent im Sinne einer Wachstumsstrategie in allen Touch Points wahrnehmungs- und damit auch gehirngerecht umgesetzt?

So gesehen ist eine starke Positionierung viel mehr als nur ein statisches Statement in einem Dokument. Vielmehr ist Positionierung so die definierte Unternehmenszukunft, um statt zum Trendfollower zum eigenen Trendsetter zu werden. In diesem Sinne: Positionierung: Die Zukunft Ihrer Marke(n), Ihres Unternehmens hängt davon ab!

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Über Michael Brandtner

Michael Brandtner ist Berater für strategische Positionierung, Partner of Ries Global und Autor des Buches „Markenpositionierung im 21. Jahrhundert“.

Kommentare

Rudolf Blankschön

Marken werden durch Menschen positioniert! Deshalb sind Mitarbeitende als Markenbotschafter:innen zu entwickeln. Markenkonformes Arbeiten und Verhalten, entlang der Markenwerte, im gesamten Wertschöpfungsprozess sowie – das ist besonders wichtig – im privaten Umfeld sind Key. So kann die Marke über die Mitarbeitenden glaubwürdig und ohne zusätzliche Kosten positioniert werden. Was gibt es besseres, wenn Mitarbeitende auch im privaten Umfeld für die Marke einstehen.