Marketing-Börse PLUS - Fachbeiträge zu Marketing und Digitalisierung
print logo

Drei Möglichkeiten, technische Themen emotional aufzuladen

Menschen möchten Produkte und Marken erleben. Wer also Interesse an technischen Produkten erwecken möchte, muss sie emotional aufladen.
Gerdt Fehrle | 07.07.2023
blog_emotionales-texten © unsplash.com
 

Menschen kaufen immer bei Menschen. Wer also Interesse an technischen Produkten erwecken möchte, muss dafür sorgen, dass seine Produkte in den Köpfen der Menschen hängen bleiben. Der Klebstoff, der die Produkte in den Köpfen der Menschen anheftet, sind Geschichten. Die spannende Aufgabe von Content-Produzenten ist es, genau diese Geschichten am technischen Produkt oder an der technischen Lösung zu entdecken und zu erzählen. Hier drei Praxis-Tipps aus dem Alltag eines Technik-Texters.

Wege, Emotionen in Texte zu bekommen, gibt es unzählige. Zum Beispiel könnte man LAUT SCHREIEN. Das erweckt kurz die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser, wird aber auch schnell unseriös. Man könnte auch viele blumige Begriffe verwenden. Wenn zum Beispiel der andächtig surrende Trommelmischer das in Windeseile bis zur vollständigen Verschmelzung homogenisierte Mischgut gleichmäßig, schon fast meditativ in einer fließenden, nie aufhörenden Bewegung auf das leise ratternde Förderband legt. Solche Formulierungen bremsen den Lesefluss und sind, wie man Neudeutsch so schön sagt, einfach ‚too much‘.

Aus der Texter-Praxis haben sich drei Möglichkeiten herausgetan, technische Themen emotional aufzuladen, die für die allermeisten Produkte funktionieren: Lagerfeuer-Effekt erzeugen, Menschen hinter den Produkten in den Vordergrund stellen und die Erschaffung einer Corporate Language.

 

Möglichkeit 1: Lagerfeuer-Effekt erzeugen

Wer kennt es nicht? Das wohlig-warme Gefühl am Lagerfeuer. Die Sonne ist untergegangen, alle sitzen zusammen vor den knisternden Flammen des Lagerfeuers, es wird geredet, gelacht und es werden Geschichten erzählt. Die Zeit spielt auf einmal keine Rolle mehr und jeder geht voll in der Gemeinschaft auf.

Gut, der letzte Satz war sehr pathetisch, doch der Kern stimmt. Wenn Unternehmen es schaffen, bei Ihren (zukünftigen) Kundinnen und Kunden so ein intensives Gemeinschaftsgefühl herzustellen, dann werden die Kunden der Marke treu verbunden bleiben, immer wieder kaufen und sie weiterempfehlen.

Wie klappt der Lagerfeuer-Effekt?

Eckpfeiler für die Erschaffung eines erfolgreichen Lagerfeuer-Effektes sind eine einfache und emotionale Ansprache der Kundschaft, eine einheitliche und ansprechende Bildwelt, die sich immer und immer wieder in allen Formaten und auf allen Kanälen wiederholt und klare, leicht verständliche Produktversprechen, die nicht unbedingt direkt etwas mit dem Produkt zu tun haben müssen.

Das Musterunternehmen in Sachen Lagerfeuer-Effekt ist Apple. Sie verkaufen einfach zu bedienende technische Produkte mit hochwertigen, schlichten Designs und vor allem mit einem klaren Versprechen: „Wenn du unsere Produkte kaufst, bist du immer im Trend, jung und vor allem – du gehörst dazu!“ Nicht ohne Grund wird häufig gerne von der ‚Apple-Familie‘ gesprochen.

 

Möglichkeit 2: Menschen in den Vordergrund stellen

Menschen interessieren sich in erster Linie nicht für Produkte oder Dienstleistungen, sondern für andere Menschen. Was bedeutet diese seit Jahrtausenden bestehende Regel fürs Marketing?

Setzen Sie auf den Faktor Mensch. Zeigen Sie in Artikeln, Bildern und Videos, wer die Maschinen herstellt, die Ihr Unternehmen verkauft. Bauen Sie Statements von Konstrukteuren, Ingenieuren oder Monteuren in Presseartikel ein. Das gebündelte Fachwissen dieser Menschen gepaart mit der Begeisterung für die Produkte, die sie planen oder herstellen, wirkt auch auf (potenzielle) Kunden ansteckend.

Doch setzen Sie in der Kommunikation nicht nur auf die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Interviewen Sie zufriedene Kunden. Zeigen Sie in so genannten ‚Success-Storys‘ wie und wo Ihre Produkte bereits erfolgreich im Einsatz sind. Zeigen Sie die Gesichter der Kundinnen und Kunden und erzählen sie deren Erfolgsgeschichten!

 

Möglichkeit 3: Corporate Language – das Texter-Tool

Achtung, jetzt wird es etwas wissenschaftlicher. Die Text-Profis Veronika Classen und Armin Reins begründeten bereits im Jahr 2006 das Modell der Corporate Language. Dieser Begriff beschreibt den individuellen und charakterisierenden Sprachstil eines Unternehmens, also deren sprachliche Identität.

Was hat die sprachliche Identität eines Unternehmens mit der emotionalen Ansprache der Kundschaft zu tun? Viel! Erarbeitet ein Unternehmen seinen eigenen Sprachstil, muss es sich mit den Wünschen, Zielen und Eigenheiten seiner Kunden beschäftigen. Es kennt also seine Zielgruppe ganz genau. Besteht sie eher aus Technik-Enthusiasten, Bücherwürmern oder Camping-Liebhabern? Die Bandbreite ist groß – und damit auch die Möglichkeiten, die eine individuelle, auf die Zielgruppe passgenau zugeschnittene Ansprache bietet.

 

Fazit

Menschen möchten sich mit Produkten und Marken identifizieren. Das gelingt mit einer zielgruppenspezifischen emotionalen Ansprache, der Präsentation von Menschen und Geschichten und der Schaffung eines starken Gemeinschaftsgefühls – Stichwort Lagerfeuer-Effekt. Mit diesen ‚Klebstoffen‘ bleiben die beworbenen Produkte in den Köpfen der Kundinnen und Kunden haften und sie entscheiden sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für den Kauf Ihrer Produkte.

Img of Gerdt Fehrle

Gründer und GF Prospero, Germanist und Philosoph (MA), Texter, Konzeptioner und Visionär. Vorstand der Lup-Stiftung. Verleger und Business-Coach.