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Beherrschen Voice-Bots bald den Kundenservice?

Voice-Bots werden immer besser. Ihr Einsatz wirft Fragen nach dem Datenschutz und den Einsatzgrenzen im persönlichen Gespräch auf.
Heinrich Welter | 22.07.2019
© Pixabay / Rawpixel
 

In der Nutzung intelligenter Sprachtechnologien stehen wir erst am Anfang. Ihre Integration in den Kundendialog schreitet voran und wirft Fragen auf, die sich Verantwortliche stellen sollten. Auf der Google I/O im letzten Jahr spielte Google-CEO Sundar Pichai zwei Mitschnitte von Gesprächen vor, die Google Duplex geführt hatte. Das Assistenzsystem vereinbarte zunächst souverän einen Termin beim Friseur. Beim zweiten Anliegen, einen Tisch für vier Personen in einem Restaurant zu reservieren, scheiterte der virtuelle Assistent zwar, da die Tischbestellung erst ab fünf Personen möglich war. Aber Google Duplex konnte immerhin der Restaurantmitarbeiterin entlocken, dass zur anvisierten Zeit des Restaurantbesuches die Aussicht besteht, vier Plätze zu bekommen. In beiden Telefonaten bemerkten die angerufenen Personen nicht, dass sie mit einer Maschine redeten. Die Google-Duplex-Demo zeigt, wozu Technologie, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basiert, in der Lage ist: Sie kann unter bestimmten Umständen komplexe Gespräche führen, wobei nicht die Notwendigkeit besteht, dass sich ein Mensch einschaltet. Denkt man diese Entwicklung konsequent weiter, dauert es nicht mehr lange, bis Nutzer ihren intelligenten virtuellen Assistenten anweisen können, die Bank anzurufen, um mit dem Bot der Bank einige Transaktionen zu klären. Weitere nützliche Anwendungen für Voice-Bots könnten auch sprachgesteuerte Suchen in Computernetzwerken sein.

Vom alten Contact Center abheben

In dem Maße, wie sich Sprachsteuerung entwickelt, weckt sie zugleich Erwartungen. Sprachaktivierte Geräte wie Alexa, Cortana, Siri und Google Voice sind allgegenwärtig und werden von immer mehr Verbrauchern verwendet. Die jüngere Generation wird immer geübter darin, Sprachtechnologien einzusetzen, um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. Diese Nutzer haben schlicht keine Lust mehr, mühsam und wiederholt mit IVR (Interactive Voice Response) zu interagieren, bis ihre Anfrage gelöst ist. Der Trend geht deswegen klar in Richtung Kommunikation über Sprache und genau an dieser Stelle werden Voice-Bots zum Einsatz kommen. Ein gut geschulter Voice-Bot kann bestimmte Szenarien selber handeln. In der Folge arbeitet das System das Gespräch nach einem vorgegebenen Regelwerk ab. Steht am Ende der Mehrwert in Form einer schnellen wie exakten Information, werden Verbraucher nicht zögern, Voice-Bots zu nutzen. Verfügbarkeit, Effektivität sowie Schnelligkeit und Reaktionsfähigkeit sind die Kriterien, worin sich die neue Technik von Contact Centern abhebt, die überholte IVR-Technologien nutzen. Wenn Unternehmen Voice-Bots verwenden, sollte dies in Kombination mit menschlichen Agenten erfolgen. Denn dann, wenn mehr Einfühlungsvermögen erforderlich ist, können menschliche Mitarbeiter das Angebot des Service-Bots erweitern, um die Erwartungen des Kunden zu erfüllen.

Verschiedene Faktoren für den Voice-Bot-Einsatz ausbalancieren

Nicht nur die Nutzer, sondern auch die Unternehmen müssen sich mit der Technologie wohlfühlen. Im Vorfeld sollten Verantwortliche daher grundlegende soziale, moralische und rechtliche Folgen, die eintreten können, durchspielen. Sie stehen vor der Aufgabe, eine vernünftige Balance zwischen den verschiedenen Faktoren zu finden, wozu das Auseinandersetzen mit folgenden Fragen beitragen kann: Was ist zu tun, damit sich ein Voice-Bot ethisch einwandfrei verhält? Wie unterbindet man Flexions- und Stimmungsanalyse, die Menschen in einem Bot-Gespräch manipulieren? Was machen Bots mit den Informationen, die sie von den Nutzern bekommen? Vergisst die Maschine die Kreditkartennummer sofort? Wo und wie werden die Kundeninformationen gespeichert? Wer kann auf sie zugreifen? In Europa müssen Voice Bots die 2018 in Kraft getretene EU-DSGVO einhalten – wie lässt sich dies gewährleisten? Voice-Bots erfordern im Betrieb eine große Menge Daten, deren Bereitstellung mit einer enormen Verantwortung verbunden ist. Unternehmen müssen wissen, woher ihre Daten kommen und wo sie zusammenlaufen. Dringend zu klären sind daneben weitere Fragen wie: Werden interne Daten mit denen von Drittanbietern kombiniert? Wie hat der Drittanbieter diese Daten erhoben und lassen sie sich für die eigenen KI-Modelle verwenden? Wie wichtig diese Aspekte sind, sollten uns vergangene Skandale und Daten-Leaks vergegenwärtigen. Hierbei gerieten Unternehmen in die Schlagzeilen, weil sie die negativen Auswirkungen populärer neuer Technologien und deren Missbrauchspotenziale falsch eingeschätzt oder gar nicht berücksichtigt haben.

Wenn es zu persönlich wird, steigt der Bot aus

Voice-Bots werden die Kommunikation im Kundenservice dort an sich reißen, wo schnelle Abfragen und einfache Aufgaben anfallen. Allerdings ist die menschliche Sprache und der Umgang mit ihr komplex, weshalb es einen virtuellen Sprachassistent schnell überfordert, wird das Gespräch allzu persönlich. Authentisches Auftreten und das Teilen von Erfahrungen lassen sich niemals vollständig zufriedenstellend synthetisieren und automatisieren. Das bedeutet, dass Voice-Bots Mitarbeiter nicht in jeder Situation effektiv ersetzen können. Oder anders gesagt: Der Mensch-zu-Mensch-Kontakt bleibt ein immens wichtiger Bestandteil in der Kundenkommunikation.