Marketing-Börse PLUS - Fachbeiträge zu Marketing und Digitalisierung
print logo

Das braucht ein kundenzentriertes Unternehmen

Eine Customer Journey verläuft immer quer durch die Unternehmenslandschaft. Deshalb benötigen Unternehmen einen Customer Touchpoint Manager.
Anne M. Schüller | 15.09.2020
Das braucht ein kundenzentriertes Unternehmen © Freepik / rawpixel
 

Wahre Kundenzentrierung bedeutet: Sämtliche Produkte, Prozesse, Services und Technologien sind strikt um die Kundenbedürfnisse herum orchestriert. Nicht nur Sales & Marketing, jeder im Unternehmen muss sich um das Kundenwohl kümmern. Nur, wenn es den Kunden an allen Touchpoints gutgeht, geht es auch dem Unternehmen gut.

Wirklich kundenorientiert ist also der, der sämtliche möglichen Ärgernisse vom Kunden zum Anbieter verschiebt, sodass aufseiten des Kunden nur noch positive Erfahrungen übrigbleiben. Und das ist mehr als ein feiner Unterschied. Denn jede einzelne kundenrelevante Unannehmlichkeit ist ein Einfallstor für Disruptoren.

Doch klassische Organisationen agieren noch immer in „Silos“. Aufgaben werden entlang von internen Berichtslinien organisiert. Zukunftsunternehmen hingegen strukturieren sich entlang der Kundenaufgaben. Aus Kundensicht müssen Prozesse crossfunktional funktionieren und sich reibungslos miteinander verzahnen.

 

Nicht vertikal, sondern crossfunktional um Kundenprojekte herum

Die meisten Probleme, die Kunden bekommen, passieren interdisziplinär: Kommunikations- und Abstimmungsprobleme im Gerangel zwischen Zuständigkeiten, Bereichsegoismen und Effizienz. Doch ein vernetzter Kunde verträgt keine unvernetzte Unternehmensorganisation. Vielmehr verlangt er, analog seiner Customer Journey, eine hochflexible, auf seine Interessen abgestimmte abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.

Deshalb müssen nicht nur Hierarchien verflacht, sondern vor allem bestehende Silo-Strukturen abgebaut werden. Hierbei sind die Mitarbeiter nicht länger in strikte Hierarchien eingebunden. Sie gruppieren sich vielmehr um Branchen, Kunden, Produkte oder Funktionen. Dazu werden passende Kompetenzen über Bereichsgrenzen hinweg für einen längeren Zeitraum zusammengeführt.

So organisieren sich fortschrittliche Unternehmen interdisziplinär um Kundenprojekte herum: der Entwickler, der Designer, die Produktion, das Marketing, der Vertrieb, der Kundendienst, die Logistik und wer sonst noch wichtig ist, agieren als Team autonom an gemeinsamen Aufgabenstellungen, damit das Ganze wie aus einem Guss funktioniert. Ein Customer Touchpoint Manager kann dies unterstützen.

 

Der Customer Touchpoint Manager: Brückenbauer und Kundenadvokat

Solange Silo-Strukturen bestehen, braucht es einen Vertreter der Kundeninteressen, der entlang der Customer Journey die jeweils involvierten Bereiche und Prozessketten miteinander verknüpft. Er ist das Bindeglied zwischen drinnen und draußen. Als Koordinator bringt er die Kundenerlebnisse an den einzelnen Touchpoints zu einem perfekten Zusammenspiel. Mancherorts spricht man dabei vom Customer Experience Manager, vom Customer Journey Manager oder vom Customer Centricity Manager.

Ich nenne dieses Bindeglied, diesen Brückenbauer, diesen Kundenadvokaten im Unternehmen den Customer Touchpoint Manager. Er ist der Reisebegleiter auf der "Reise" des Kunden durch die Unternehmenslandschaft. Er kümmert sich darum, dass an den einzelnen Haltepunkten alles störungsfrei klappt. Er nimmt immer die Kundensicht ein, und das wird so akzeptiert, auch wenn es schon mal unbequem ist.

 

Seine wichtigsten Fragen:

 

- „Wie sieht das aus Kundensicht aus?“

- „Was würden die Kunden dazu sagen?“

- „Haben wir die Kunden dazu befragt?“

 

Kernaufgabe des Customer Touchpoint Managers ist es, an allen Interaktionspunkten zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden eine hundertprozentige Kundenfokussierung zu erreichen. Seine Rolle ist crossfunktional. Sie hat sowohl strategische als auch operative Komponenten. Sein Ziel ist die Transformation des gesamten Unternehmens hin zu einer vernetzten, kundenzentrierten Organisation.

 

Wie ein Customer Touchpoint Manager vorgeht und was er erreicht

Um das Bestmögliche für die Kunden zu erreichen, wird ein Customer Touchpoint Manager die jeweils passenden Experten aus den einzelnen Bereichen zusammenbringen. In selbstorganisierten Einheiten verknüpft er die einzelnen Kundenprojekte zu einem großen Ganzen.

Als Stimme des Kunden wird er Vorschläge machen und Impulse setzen, um die Leistungen des Unternehmens laufend zu optimieren und an die sich ständig wandelnden Kundenanforderungen anzupassen. Zu diesem Zweck entwickelt er einen Methodenbaukasten und bringt alle notwendigen Instrumente zum Einsatz.

Ohne jedes Abteilungsinteresse kann der Touchpoint Manager neutral und chronologisch erkunden, wie die Kunden tatsächlich kaufen – und wie nicht. Die „Moments that matter“, also die aus Kundensicht besonderen Momente über- oder unterdurchschnittlicher Kundenzufriedenheit, wird er eingehend sondieren.

Zudem wird er die typischen Einstiegs- und Ausstiegspunkte der Kunden genau untersuchen. Dazu nimmt er unter anderem diejenigen Touchpoints detailliert ins Visier, bei denen es um gewonnene oder verlorene Aufträge geht. Vertuschung und Verschleierung haben damit ein Ende.

 

Die Position eines Customer Touchpoint Managers rechnet sich schnell

Mithilfe geeigneter Befragungsmethoden gelangt der Touchpoint Manager als neutraler Dritter an die wahren Gründe für das Kommen und Gehen der Kunden viel besser heran. Zum Beispiel ist der angebliche Hauptgrund für einen Kundenverlust fast immer der Preis. Eine Tiefenanalyse der kritischen Ereignisse jedoch offenbart:

Mängel in der Ablauforganisation spielen bei Kundenabwanderungen oft die entscheidende Rolle. Für die Unternehmenserlöse macht es allerdings einen Riesenunterschied, ob man an der Preisschraube dreht oder kundenbezogene Abläufe koordiniert und verbessert. Schon allein deshalb rechnet sich die Position eines Customer Touchpoint Managers schnell.

Zudem kann der Customer Touchpoint Manager das Sprachrohr des Unternehmens gegenüber der Öffentlichkeit sein, wenn es um Kundenbelange geht. In dieser Rolle kann man ihn als Customer Evangelisten bezeichnen. Er streut die besten Kundengeschichten in den Markt und ist Ansprechpartner für die Presse.

 

Hier geht’s zu weiteren Infoszum Thema: https://www.anneschueller.de/ausbildung-touchpoint-manager.html